Ein Mann steht vor einem riesigen Steinkohletagebau.
Steinkohletagebau, hier in Spanien: Fossile Ressourcen müssen im Boden bleiben. (Foto: Jennifer Woodard Maderazo/​Flickr)

Die Klimaabkommen und Entscheidungen der UN-Klimakonferenzen, der sogenannten COPs, haben eine kuriose Lücke: Die Ursache für die Klimaerwärmung, das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas, wird nie erwähnt.

Daher war es eine kleine Sensation, dass letztes Jahr in Glasgow zum ersten Mal das Wort "Kohle" in einer COP-Entscheidung auftauchte. Dabei versprachen die Staaten, die Nutzung dieses Energieträgers "zurückzufahren". Die ursprünglich vorgesehen Formulierung, die Kohlenutzung komplett "auslaufen zu lassen", wurde in letzter Minute von China und Indien verhindert.

Eine zwei Jahre alte Initiative will nun diese kuriose Lücke der bisherigen Klimaabkommen schließen: Sie fordert als Ergänzung zum Paris-Abkommen ein Abkommen über die Nichtverbreitung von fossilen Energien.

Damit lehnt sich die Initiative an das Abkommen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen aus dem Jahr 1968 an, allgemein als Atomwaffensperrvertrag bekannt. Das Ziel ist ein geordnetes Herunterfahren der Produktion aller fossilen Energieträger.

Während das Paris-Abkommen vorrangig auf die Nachfrage nach diesen Energien abzielt, würde das neue Abkommen vor allem das Angebot an Kohle, Öl und Gas regeln.

Das neue Abkommen hat mittlerweile eine prominente Liste an Unterstützern, von Nobelpreisträgern und dem Dalai Lama über die Weltgesundheitsorganisation WHO, Städte wie Bonn und Bundesstaaten wie Hawaii bis zum Europaparlament und auch einigen Staaten.

Das erste Land, das die Initiative unterstützte, war der pazifische Inselstaat Vanuatu. Im Juli dieses Jahres folgte der Vatikan. "Der Planet ist bereits 1,2 Grad heißer und trotzdem beschleunigen neue Fossilprojekte unser Rennen in den Abgrund", sagte damals Kardinal Michael Czerny, der "Umweltminister" des Vatikans. "Genug ist genug".

Auch Länder, die noch fossile Energien fördern, sind dafür

Auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz COP 27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh schloss sich jetzt auch der Inselstaat Tuvalu der Initiative an.

"Das wärmer werdende Meer schluckt unser Land – Zentimeter für Zentimeter", sagte Premierminister Kausea Natano. "Wir rufen daher die Führer der Welt dazu auf, sich dem Nichtverbreitungsabkommen anzuschließen und einen gerechten Übergang, weg von den fossilen Energien, zu organisieren."

Dass sich weitere Länder hinter die Idee der Initiative stellen, ist durchaus möglich – selbst Länder, die fossile Energien fördern. Vor einem Jahr auf der COP 26 in Glasgow wurde eine Länderallianz gegründet, die ebenfalls aus der Förderung fossiler Energien aussteigen will, die Beyond Oil and Gas Alliance.

COP 27 in Sharm el-Sheikh

Bei der 27. UN-Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh geht es um die Zukunft des globalen Klimaschutzes. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Ägypten und berichtet mehrmals täglich.

Diesem Bündnis gehören mittlerweile Länder wie Dänemark, Frankreich, Irland, Schweden und Costa Rica an – potenzielle Kandidaten für das Abkommen über die Nichtverbreitung fossiler Energien.

Ein weiterer Erfolg der Initiative ist die Schaffung eines Registers der Kohle-, Öl- und Gasvorkommen der Welt. Dieses Register wird derzeit vom britischen Klima-Thinktank Carbon Tracker aufgebaut, der für das Konzept der "CO2-Blase" bekannt ist. Dieses besagt, dass die Energiekonzerne an der Börse überbewertet sind, denn ihre fossilen Reserven können nicht gefördert werden, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll.

Aus diesem Grund könnten selbst die Produzenten von Fossilenergien schließlich einen Nutzen im Nichtverbreitungsvertrag für ihre Produkte sehen. Schließlich würde ein geordneter Übergang zu einer Welt ohne Kohle, Öl und Gas verhindern, dass sie zu viel Geld in diese Energien investieren und relativ moderne Förderanlagen schließlich wertlos werden.

Obwohl die die Idee, die Förderung von fossilen Energien zu verbieten, zunächst kaum realisierbar scheint, sollten sie daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Oder um es mit Nelson Mandela zu sagen: "Es erscheint immer unmöglich, bis es vollbracht ist."

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