Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Herausgeberrats erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Friederike Otto, Klimaforscherin am Grantham Institute for Climate Change and the Environment des Imperial College London, zuvor Professorin an der Universität Oxford.
Klimareporter°: Frau Otto, nachdem Sie dieses Jahr schon von Time unter die 100 einflussreichsten Personen gewählt wurden, hat Nature Sie nun auch zu einer der zehn wichtigsten Wissenschaftler:innen des Jahres gekürt. Wir gratulieren Ihnen dazu ganz herzlich. Haben Sie geahnt, dass Sie für Ihre Arbeit solche Anerkennung erhalten würden? Und haben Sie die Auszeichnung gefeiert?
Friederike Otto: Vielen herzlichen Dank. Nein, damit habe ich nicht gerechnet, für mich war das tatsächlich eine große Überraschung.
Mir ist natürlich schon klar, dass die Arbeit wichtig ist und dass das auch von Kollegen anerkannt wird – gerade auch mit der Veröffentlichung des neuen IPCC-Berichts im August, in dem sie Grundlage für wichtige neue Erkenntnisse ist, wie zum Beispiel im Abschnitt A.3 in der Zusammenfassung für Entscheidungsträger mit der Abbildung SPM.3.
Aber wenn das von der Redaktion von Nature gewürdigt wird, ist das durchaus noch einmal was anderes.
Ich freue mich darüber, aber gefeiert habe ich noch nicht. Feiern per Videokonferenz ist blöd, und ich möchte schon richtig feiern mit dem Team der World-Weather-Attribution-Initiative, die ich zusammen mit zwei Kolleginnen leite.
Der Klimawandel verstärkt Wetterextreme. Ein ähnlicher Mechanismus scheint in Ozeanen zu wirken, wie ein Forschungsteam unter Leitung der ETH Zürich jetzt herausfand. Überrascht Sie das Ergebnis?
Das überrascht nicht. Im Gegenteil, es wäre sehr merkwürdig, wenn man in den Ozeanen hier keine Veränderungen feststellen könnte. In den letzten Jahren haben wir schon viele marine Hitzewellen beobachtet, mit teilweise dramatischen Folgen für Ökosysteme. Es ist wichtig, diese Effekte besser zu verstehen.
Die Europäische Kommission will erreichen, dass alle Gebäude in der EU bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden. Eine Mammutaufgabe – schon melden sich kritische Stimmen. Es fehlen Fachkräfte und Material, um alle Gebäude zu sanieren. Ist es klug, Ziele abzuschreiben, weil sie einen Kraftakt erfordern und den Menschen einiges abverlangen werden – oder einfach nur realistisch?
Wir können nicht klimaneutral werden, ohne unsere Gebäude zu sanieren. Die Ziele muss es deshalb geben – aber natürlich müssen sie mithilfe anderer Programme erreichbar gemacht werden.
Wir müssen also in die Ausbildung von Fachkräften investieren und dafür sorgen, dass nichts mehr gebaut wird, was nicht klimaneutral ist. In jedem Bereich, der für den Klimaschutz wichtig ist, brauchen wir Gesetze und Initiativen auf allen Ebenen.
Und was war Ihre Überraschung der Woche?
Das war definitiv die Würdigung der Arbeit von mir und meinem Team in den "Nature's 10".
Fragen: Sandra Kirchner