Hurrikan //Irma//
Fünf-Tages-Vorhersage der NOAA für den Hurrikan Irma im September 2017: Die rote Warnzone umfasste die gesamte Küste von Florida, wo auch mehrere Atomkraftwerke stehen. (Bild: NOAA/​Wikimedia Commons)

Drill, baby, drill – plus Orwell 2.0. US-Präsident Donald Trump lässt seine Regierung nicht nur die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in seinem Land als dem weltgrößten Produzenten von Erdöl und Erdgas noch mehr von den fossilen Energien gefördert werden kann. Er sorgt auch für Newspeak" auf Websites von US-Behörden.

Dort wurden Informationen und Bezüge zur Klimakrise gelöscht. Zudem droht der US-Wetterbehörde NOAA, einer wichtigen Quelle von Klimainformationen, ein starker Personalabbau.

Klimainhalte wurden laut Medienberichten unter anderem in den Internet-Angeboten des Weißen Hauses sowie der Ministerien für Verkehr, Landwirtschaft, Verteidigung und Äußeres beseitigt oder zumindest schwerer zugänglich gemacht.

Auch die US-Umweltbehörde EPA ist betroffen. Vorher stand auf ihrer Homepage zu lesen: "Das Verständnis und die Bekämpfung des Klimawandels ist entscheidend für die Mission der EPA, die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen."

Befürchtet wird nun, dass die Maßnahmen das Verständnis in der Öffentlichkeit für die Folgen des Klimawandels behindern, die sich gerade auch in den USA in zunehmend extremen Wetterereignissen zeigen.

Musk-Team soll drastische Kürzungen empfohlen haben

Bereits in seiner ersten Amtszeit von 2016 bis 2020 hatte Trump Informationen zum verstärkten Treibhauseffekt und seinen Folgen von Regierungs- und anderen Behörden-Portalen löschen lassen. Der Präsident bezeichnete den Klimawandel mehrfach als "Schwindel" – und als "Erfindung der Chinesen", um der US-Wirtschaft zu schaden. Sein Nachfolger Joe Biden beendete die Informationsunterdrückung wieder.

Offenbar trifft Trumps Klima-Bannstrahl auch die nationale Wetterbehörde NOAA mit Hauptsitz im US-Bundesstaat Maryland. Laut einem Bericht von CBS News muss sie nach einem Besuch des Teams um Trumps "Effizienzbeauftragten" Elon Musk mit einer Budgetkürzung um 30 Prozent und sogar einer Halbierung beim Personal rechnen. Das neue "Department of Government Efficiency" (DOGE) des Tech-Milliardärs soll die Regierungsausgaben generell stark kürzen.

Wissenschaftler bringen eine Messboje - eine sogenannte Argo-Float - ins Meer aus
Auch am internationalen Messbojen-Programm Argo ist die NOAA beteiligt. (Bild: Alicia Navidad/CSIRO/NOAA)

Die NOAA hat weltweit rund 12.000 Beschäftigte. In ihrer Abteilung für "Oceanic and Atmospheric Research" betreibt sie auch Beobachtungsschiffe und -satelliten, außerdem ist bei ihr das nationale Hurrikan-Zentrum angesiedelt.

Bisher heißt es auf der Homepage der Behörde noch: "Wir arbeiten eng mit anderen Nationen zusammen, um unsere Fähigkeit zur Vorhersage von und Reaktion auf Klimaveränderungen und andere Umweltprobleme zu verbessern, die die natürlichen Ressourcen der Erde, das menschliche Leben und die wirtschaftliche Vitalität gefährden."

So etwas dürfte Trump ein Dorn im Auge sein. Seine Regierung hat als eine der ersten Amtshandlungen bereits den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen eingeleitet. Das darin festgelegte Erwärmungslimit von 1,5 bis zwei Grad beruht auf der wissenschaftlichen Einschätzung, dass bei einem Überschreiten Kippelemente des Erdsystems destabilisiert werden.

Harsche Kritik kommt laut CBS News unter anderem von dem demokratischen Senator Chris Van Hollen aus Maryland. "Ich höre Berichte, dass Musks Kumpane es auf die NOAA abgesehen haben", schrieb er auf "X". Er werde das "nicht hinnehmen". Die Behörde sei für die Wettervorhersage, die wissenschaftliche Forschung und vieles mehr von entscheidender Bedeutung. "Ihre wichtige Arbeit rettet Leben."

Umstrittener Meteorologe soll Behörde erneut leiten

Ob die Demokraten, die in keiner der beiden Kammern des US-Parlaments über eine Mehrheit verfügen, Erfolg bei der Verteidigung der NOAA haben können, ist sehr fraglich. Zumal das Weiße Haus den umstrittenen Meteorologen Neil Jacobs erneut zum Chef der Behörde machen will.

Den Job hatte Jacobs bereits während der ersten Trump-Amtszeit inne. Damals kam er wegen der sogenannten Sharpiegate-Affäre in die Schlagzeilen. Sharpie ist eine bekannte US-Marke für Schreibstifte. Jacobs und andere leitende NOAA-Fachleute wurden damals in einem offiziellen Report kritisiert, weil sie offenbar politischem Druck aus dem Weißen Haus nachgegeben hatten.

Hurrikan //Harvey// 27.08.2017
Die NOAA-Prognosen helfen immer wieder, Menschenleben zu retten, hier im August 2017 beim Hurrikan Harvey. (Bild: Martha Nigrelle/​DoD)

Hintergrund war eine kuriose Geschichte aus dem September 2019. Trump hatte damals im Nachrichtendienst Twitter fälschlicherweise mitgeteilt, ein Hurrikan ("Dorian") werde auch den US-Bundesstaat Alabama treffen. Das entsprach nicht den NOAA-Prognosen, und die Behörde twitterte kurz danach am selben Tag: "Alabama wird keine Auswirkungen von Dorian sehen."

Der Hurrikan traf letztlich nicht in den USA auf Land und kam auch nicht in die Nähe von Alabama. Doch Trump wollte den Fehler nicht auf sich sitzenlassen. Drei Tage später präsentierte er im Fernsehen eine Prognosekarte des Hurrikan-Pfads, die allerdings mit einem schwarzen Marker verändert worden war, um den Sturm auf Kurs Alabama darzustellen. "Das war die ursprüngliche Grafik", sagte Trump, was gelogen war.

Kurz darauf veröffentlichte die NOAA-Führung unter Jacobs eine Erklärung, in der sie Trump recht gab und die Arbeit ihrer eigenen Vorhersage-Abteilung kritisierte. In dem Untersuchungsbericht dazu hieß es dann, die Behördenleitung habe die Prognostiker "unnötig dafür zurechtgewiesen, dass sie ihre Arbeit gemacht haben".

Nicht nur Hurrikan-Warnungen könnten leiden

In der Fachwelt lösen die aktuellen Entwicklungen bei vielen Sorgen aus, nicht nur, weil zahlreiche Jobs auf der Kippe stehen. Craig McLean, ein früherer Chefwissenschaftler der NOAA, sagte, viele seien "besorgt über die Rückkehr von Präsident Donald Trump ins Amt …, nachdem er die Wissenschaft in seiner ersten Amtszeit untergraben hat. Die Leute erkennen, dass ihnen ein Sturm bevorstehen könnte."

Der Meeresforscher, der nach dem Konflikt um Trumps Sharpiegate seinen Job innerhalb der Wetterbehörde wechseln musste und inzwischen pensioniert ist, betonte, wie wichtig genaue Hurrikan-Warnungen seien. "Das Leben der Menschen steht auf dem Spiel", sagte McLean.

Die Zukunft der Wetterbehörde ist aber nicht nur wegen der Hurrikan-Warnungen wichtig, sondern auch wegen anderer Informationen zum Klimawandel. Die NOAA bietet zum Beispiel Daten zur Vorsorge gegen Wetterextreme, hilft landwirtschaftlichen Betrieben, den besten Zeitpunkt für die Aussaat bei veränderten Wettermustern zu wählen, oder Versicherungsgesellschaften, die Risiken von Klimakatastrophen besser einzuschätzen.

 

Sorge machte in der Fachwelt daher eine Forderung, die Behörde zu zerschlagen und teilweise zu privatisieren, die sich im "Project 2025" findet, einem Fahrplan für Trumps neue Regierung. Die Erarbeitung des Plans war von der nationalistisch-konservativen Denkfabrik Heritage Foundation geleitet worden, und Trump hat sich eher halbherzig davon distanziert. In dem Papier wird behauptet, die NOAA sei "eine der Haupttriebkräfte der Klimawandel-Alarmindustrie".

Eine gewisse Entwarnung könnte es daher bedeute, dass der designierte US-Handelsminister Howard Lutnick, zu dessen Amtsbereich die Behörde gehört, diesen harten Kurs wohl nicht fahren will. Während der Anhörungen zu seiner Nominierung im Parlament sagte Lutnick, er unterstütze die Auflösung der NOAA nicht.

Der Personalabbau wäre damit aber nicht vom Tisch.

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