Qualmender Fabrikschlot
Nur noch offene Daten, das klingt gut. Für die EPA bedeutet es vor allem: weniger Daten. (Foto: Leestilltaolcom/​Pixabay)

Seit Donald Trump US-Präsident ist, steht es schlecht um Politik und Forschung für Umwelt und Klima. Trump ließ leitende Positionen in der Umweltbehörde EPA und im Energieministerium mit wirtschaftsnahen Klimaskeptikern besetzen. Die Weltraumbehörde wurde angewiesen, den Fokus weg von der Erdbeobachtung und hin zur Erforschung des fernen Weltalls zu drehen.

Die Administration kürzte das Budget für Klimabeobachtung und Klimawandel-Forschung insgesamt deutlich. Und Klimaforscher beklagten, dass Inhalte von Websites gelöscht wurden und bestimmte Begriffe nicht mehr verwendet werden sollen.

Nun gibt es offenbar einen neuen Versuch, die Umwelt-Gesetzgebung zu schwächen. Künftig sollen in den USA für Gesetze, in denen zum Beispiel die Schadstoff-Grenzwerte festgelegt werden, nur noch solche Studien herangezogen werden, deren Daten vollständig offengelegt und zugänglich sind.

Das ist der Kern einer geplanten EPA-Vorschrift mit der Bezeichnung "Strengthening Transparency in Regulatory Science", für die das Anhörungsverfahren gerade zu Ende gegangen ist. Offiziell heißt es, durch diese Richtlinie sollten Studien, auf die sich der US-Gesetzgeber bezieht, besser nachvollziehbar gemacht werden.

Kritiker vermuten dahinter ein anderes Ziel. In einer gemeinsamen Veröffentlichung im Wissenschaftsjournal Science haben sich die Herausgeberinnen und Herausgeber der sechs großen Wissenschaftsjournale Science, Nature, The Lancet, Cell, PNAS und PLOS gegen diese Richtlinie ausgesprochen.

Ihre Kritik: Nicht in allen Fällen könnten Studiendaten offengelegt werden, so etwa bei medizinischen und personenbezogenen Informationen. Die betreffenden Studien seien jedoch, wenn die wissenschaftlichen Standards gesichert sind, genauso aussagekräftig und wichtig wie andere. 

Für eine "Katastrophe" halten es die Herausgeber, dass die EPA bei einer künftigen Neufestsetzung von Grenzwerten mithilfe dieser Richtlinie Studien aus der Vergangenheit zur Bewertung gesundheitlicher Folgen ausschließen kann. Das könne zum Beispiel den Zusammenhang von Luftverschmutzung und Asthma betreffen.

"Startschuss zur Aufweichung von Umweltgesetzen"

Auch in Europa sehen Experten die US-Pläne kritisch. "Eine Regulierung, wie sie die EPA anstrebt, ist schlicht und einfach als Fehlentwicklung zu werten", sagte Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien. Sie könne alle Umweltbereiche betreffen – von Luftschadstoffen über Lärm und Chemikalien bis hin zum Mobilfunk.

"Es ist davon auszugehen, dass dieses Vorgehen in all diesen Sektoren Schule machen wird. Es kann als Startschuss einer umfassenden Deregulierung im Sinne einer Aufweichung von Umweltgesetzen gewertet werden", so der Professor und Vizechef der dortigen Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin.

Hutter warnt davor, dass bestimmte Erkenntnisse nun einfach ausgeschlossen werden könnten, wenn sie unliebsam sind. "Dann müsste man wieder bei Adam und Eva anfangen", sagte er. "Viele Forschungsergebnisse müssten erneut erarbeitet werden. Wir würden unglaublich viel Zeit verlieren, die wir im Grund nicht haben, um etwa wieder auf den aktuellen Stand der Erkenntnis zu kommen."

Auch der Leipziger Umweltforscher Ulrich Franck verteidigt die Praxis, anonymisierte Datensätze zu nutzen, die oft nötig sei. "Eine Forderung, auf die Anonymisierung zu verzichten, um eine absolute Überprüfbarkeit zu erreichen, ist unrealistisch, da der Vertrauensschutz der Studienteilnehmer ein hohes Gut darstellt", sagte er.

Vor einer Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift überprüften aber normalerweise mehrere Gutachter die Plausibilität der Resultate. Dazu müssten im Allgemeinen die entsprechenden Rohdaten zur Verfügung stehen.

Franck warnte: Würden die Erkenntnisse aller solcher Studien bei der Ableitung von gesetzlichen Regelungen oder der Festlegung von Grenzwerten bewusst ausgeblendet, könne dies zu einer Schwächung des Gesundheitsschutzes führen. Franck ist Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

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