Für die Klimapolitik ist es eine gute Nachricht. Kanadas Premier Justin Trudeau kann weiterregieren. Bei den gestrigen Parlamentswahlen verloren die Liberalen zwar ihre bisherige absolute Mehrheit. Für einen knappen Sieg reichte es dennoch.
Trudeaus Partei büßte rund sechs Prozentpunkte ein und landete bei rund 33 Prozent. Die Konservativen als größte Oppositionspartei kamen auf gut 34 Prozent. Dank des Mehrheitswahlrechts in Kanada kommen die Liberalen trotzdem auf mehr Sitze.
Die Liberalen holen voraussichtlich 157 Sitze und bleiben damit deutlich unter den 184 Mandaten, die sie bei den letzten Wahlen 2015 errungen hatte. Die Konservativen erhalten 121 Sitze.
Für eine absolute Mehrheit wären 170 der 338 Sitze nötig. Trudeau dürfte nun eine Minderheitsregierung bilden, die auf die Unterstützung kleinerer Parteien angewiesen ist – für Kanada nichts Ungewöhnliches.
Als Trudeau die letzten Wahlen 2015 gewann, trat er mit großen Klimaschutzversprechen an. Sein Vorgänger, der Konservative Stephen Harper, war bekennender "Klimaskeptiker". Er stieg 2011 aus dem Kyoto-Protokoll aus und befeuerte in seiner neunjährigen Amtszeit den Boom der klimaschädlichen Teersand-Industrie, besonders in Harpers Heimatprovinz Alberta.
Trudeau versprach eine klimapolitische Wende: Priorität für Umwelt- und Klimaschutz, Umbau des Energiesektors, konstruktive Beteiligung an der internationalen Klimapolitik.
Nicht alle Versprechen hat Trudeau eingelöst. Zwar führte er eine landesweite CO2-Steuer mit einem Mindestpreis ein. Er ergänzte das Umweltministerium um den Bereich "Klimawandel".
Klimapolitisch auf der Weltbühne erfolgreicher als zu Hause
Und seine Regierung spielt auf Klimakonferenzen die angekündigte positive Rolle. Auf dem Klimagipfel 2017 in Bonn etwa schmiedete Kanada gemeinsam mit Großbritannien eine globale Allianz gegen Kohle. Im März dieses Jahres trat auch Deutschland dem Bündnis bei.
Auf der anderen Seite genehmigte Trudeau dennoch Öl-Pipelines und gab 4,5 Milliarden kanadische Dollar – umgerechnet rund drei Milliarden Euro – für den Kauf einer Pipeline aus, welche die Teersandfelder in Alberta mit der Westküste des Landes verbindet.
Trudeaus Pipeline-Entscheidungen zeigen das ganze Dilemma, in dem sich Regierungen von Ölländern befinden, die klimapolitisch etwas bewegen wollen.
Die Klimaschützer waren enttäuscht. Doch die Wähler der Ölprovinzen Alberta und Saskatchewan honorierten Trudeaus Entgegenkommen für die Gas- und Ölindustrie keineswegs. Bei den gestrigen Wahlen holten die Liberalen dort kein einziges Mandat.
Doch trotz aller Enttäuschung – bei einem Wahlsieg der Konservativen hätte ein Kanada ein klimapolitisches Rollback erlebt. Ihr Spitzenkandidat Andrew Scheer hatte für den Fall angekündigt, Trudeaus Klimapolitik sofort zurückzudrehen. Das haben die Wähler nun erstmal verhindert.