Ein Tauziehen zwischen den Befürworter:innen und Gegner:innen einer wirkungsvollen Klimapolitik erwartet Johan Rockström beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, das am Montagabend startete. Mittlerweile verspüre er "Gegenwind von vielen Akteuren", sagte der wissenschaftliche Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Rockström äußerte sich beim "Climate Hub Davos 2025", einer gemeinsamen Veranstaltung der schweizerischen Umweltorganisation Greenup und der Gemeinde Davos parallel zum Weltwirtschaftsforum.
In den vergangenen zehn Jahren, so Rockström, sei es zu einem außergewöhnlichen Anstieg der Temperatur der Erdatmosphäre gekommen – vermutlich mitverursacht durch die abnehmende Absorptionsfähigkeit von Senken wie dem Amazons-Regenwald für klimaschädliche Gase.
Die Temperaturen würden deshalb allmählich den Korridor verlassen, in dem sich während der vergangenen 250.000 Jahre die Entwicklung der menschlichen Zivilisation abgespielt habe, sagte Rockström. Die Menschheit könne die Entwicklung aber noch zurückdrehen, wenn sie den Klimagasausstoß bis 2050 gegen null senke.
Bei derselben Veranstaltung räumte die Entwicklungsökonomin und WEF-Klimachefin Gill Einhorn ein, dass viele "Unternehmen und Individuen" beim Klima den Rückwärtsgang eingelegt haben. Das Weltwirtschaftsforum würde aber weiterhin versuchen, die Firmen in die richtige Richtung zu schieben.
Ingmar Rentzhog versprach auf dem Podium, mit seinem Social-Media-Unternehmen We Don't Have Time weiter für wirkungsvolle Klimapolitik Druck zu machen. Der angebliche Greta-Thunberg-Entdecker betreibt nach eigenen Angaben die "weltgrößte Plattform zur Bewertung von Klimalösungen".
Weniger Klima, mehr Wachstum – und Protest
Auf den ersten Blick hat das Klima auch beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum einen hohen Stellenwert. Gleich bei der Auftaktzeremonie ging es um den Schutz der Antarktis. Ein Ziel der gesamten Veranstaltung bestehe darin, klimafreundliche Technologien durch innovative Partnerschaften und Investitionen voranzubringen, heißt es auf der Internetseite des WEF.
Wie in früheren Jahren bietet das Programm des fünftägigen Kongresses zahlreiche Veranstaltungen zum Klima und anderen ökologischen Themen. Offiziell sind es 34. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass sich alte Thema Wachstum (60 Veranstaltungen) gepaart mit dem neuen der künstlichen Intelligenz (52 Diskussionen) nach vorne schiebt.

Absehbar erscheint jedenfalls, dass sich viele Unternehmen freiwillig, realistisch oder notgedrungen auf die neue Wirklichkeit einstellen und der Politik von Donald Trump anpassen – dem neuen US-Präsidenten, der seit Montag im Amt ist.
Beispiele gibt es bereits. So hat sich nach anderen Finanzinstituten kürzlich auch die große US-Bank JP Morgan Chase aus der Net-Zero Banking Alliance, einer Klimaschutz-Plattform der Vereinten Nationen, verabschiedet. Die Net Zero Asset Managers, eine Initiative der Finanzwirtschaft, leiden ebenfalls unter Mitgliederschwund.
Auch wenn viel PR in diesen Allianzen steckt, können solche Änderungen der erklärten Geschäftspolitik Investitionen in Klimaschutz bremsen und solche in fossile Energien wieder stärken – so wie Trump es will.
Wie sich das beim Weltwirtschaftsforum weiterhin bemerkbar macht, wird zu beobachten sein. Allerdings haben die transnationalen Konzerne, viele davon in den USA beheimatet, eine starke Stellung in der Organisation.
Das WEF wird getragen von hunderten "Partnern" wie JP Morgan, Meta/Facebook, Amazon oder Microsoft, die sie mitfinanzieren. Außerdem sind sie "die treibende Kraft hinter dem Programm des Forums", heißt es auf dessen Internetseite.
Am vergangenen Samstag und Sonntag hatten Klimaaktivist:innen des Schweizer Bündnisses Strike WEF, der Letzten Generation und anderer Organisationen eine Protestwanderung veranstaltet.
Etwa 350 Leute kraxelten über 800 Höhenmeter hinauf ins verschneite Bergstädtchen Davos, blockierten zwischendurch kurz die einzige Zufahrtsstraße und kippten grüne Farbe – ökologisch abbaubar, wie betont wurde – in den Davosersee, um gegen das "Greenwashing" und die wirkungslose Klimapolitik des WEF zu protestieren.