Stark qualmender Waldbrand in Sibirien
Waldbrände in Sibirien 2019. (Foto: A. T. Doron/​Wikimedia Commons)

Im vergangenen Monat erreichte die globale Durchschnittstemperatur denselben Rekordwert wie im Juni 2019. Nach den Daten, die der europäische Copernicus Climate Change Service (C3S) am Dienstag im englischen Reading veröffentlicht hat, war es weltweit 0,53 Grad wärmer als im Durchschnitt des Vergleichszeitraums von 1981 bis 2010.

Dabei ragt Sibirien als Region heraus, sowohl im Juni als auch in den vergangenen zwölf Monaten. Hier verzeichneten die C3S-Forscher:innen die größten Temperaturanomalien.

In manchen Regionen war es zehn Grad wärmer als sonst, und im Durchschnitt war es mehr als ein Grad wärmer als im Juni 2018 und Juni 2019, die bislang die Rekorde innehatten.

Allerdings ist die Temperaturvarianz in dem riesigen Gebiet beträchtlich. In Westsibirien begann bereits im vergangenen Dezember eine langanhaltende Wärmeperiode, die inzwischen zu Ende ging. Die Temperaturen waren dort im Juni unterdurchschnittlich.

Für Ostsibirien hingegen ermittelte C3S am 20. Juni mit 37 Grad den höchsten Stundentemperaturwert, der je in der Arktis gemessen wurde. Eine Messstation in der Region meldete am selben Tag sogar einen neuen Temperaturrekord von 38 Grad, der aber noch von der Weltmeteorologieorganisation WMO bestätigt werden muss.

"Sibirien und das Nordpolargebiet weisen generell höhere Schwankungen von Jahr zu Jahr auf", sagte C3S-Direktor Carlo Buontempo. "Warme Junimonate sind nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches."

Dass es in Westsibirien monatelang überdurchschnittlich warm war, gebe jedoch genauso zu denken wie die "außergewöhnlich hohen Temperaturen", die derzeit in der sibirischen Arktis herrschen, so Buontempo.

Der Copernicus-Dienst vermutet verschiedene Ursachen für die Rekordtemperaturen. Eine Rolle spielen dürften demnach relativ lang anhaltende Großwetterlagen mit bestimmten Windmustern. Zudem deuten C3S-Daten darauf hin, dass die Schneedecke und die bodennahe Bodenfeuchte im Juni 2020 "Rekordtiefstwerte" erreicht haben.

Ideale Bedingungen für Megafeuer

Die geringe Bodenfeuchte dürfte auch einer der wesentlichen Faktoren für die zahlreichen Flächenbrände sein, die Copernicus-Satelliten in der nördlichen Polarregion beobachteten. "Ihre Intensität übertrifft bereits die schlimmen Brände von 2019", so die Forscher:innen.

"Letztes Jahr war ein außergewöhnlicher, ja sogar ein Rekordsommer für Feuer am nördlichen Polarkreis", sagte Mark Parrington vom Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdienst Cams in Reading. "Die diesjährigen Brände in Sibirien gleichen auf erstaunliche Weise den Bränden zur selben Zeit im letzten Jahr."

Hohe Temperaturen und trockene Böden seien "ideale Bedingungen für lang anhaltende und großflächige Brände", so der Wissenschaftler. Wie es bislang aussehe, seien in den nächsten Wochen starke Feueraktivitäten zu erwarten.

Schon jetzt sind die dabei freigesetzten CO2-Emissionen höher als in jedem der vergangenen 18 Jahre, in denen Cams dazu Daten erhob. Im Juni wurden demnach innerhalb des nördlichen Polarkreises fast 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen – deutlich mehr als im Rekord-Juni 2019 mit damals 53 Millionen Tonnen.

Weltweit betrugen die Emissionen durch Waldbrände im Jahr 2019 sogar 7,8 Milliarden Tonnen, zeigt der Bericht "Planet in Flammen", den die Naturschutzorganisation WWF ebenfalls am Dienstag auf Spanisch vorgelegt hat.

"Wir haben es weltweit immer häufiger mit verheerenden Megafeuern zu tun, die riesige Waldflächen erfassen und kaum oder gar nicht zu löschen sind", fasste Susanne Winter vom WWF Deutschland zusammen.

Besonders gefährlich sei die Wechselwirkung von Erderwärmung und Bränden. Beide schaukelten sich gegenseitig hoch. "Die Erderhitzung führt zu heftigeren Waldbränden und die Waldbrände heizen ihrerseits die Erderhitzung an", sagte Winter.

Auch einen direkten Zusammenhang zwischen Bränden, Entwaldung und Pandemien sieht die WWF-Studie. Die Zerstörung von Wäldern führe zu einem häufigeren Kontakt von Menschen und Wildtieren, die Erreger in sich tragen. Der Schutz der Wälder sei daher auch für die menschliche Gesundheit "von höchstem Interesse".

Ergänzung am 15. Juli: Hitzewelle in Sibirien ohne Klimakrise "nahezu unmöglich"