Die fossile Weltordnung ist zäh. Der UN-Klimagipfel, der vor einer Woche zu Ende ging, hat es demonstriert, mit Mühe wurde dort ein Scheitern verhindert. Und für die Verhandlungen zur Beendigung der Plastikverschmutzung, die jetzt im südkoreanischen Busan ebenfalls auf höchster Ebene stattfanden, gilt es nicht minder.
Das geplante, durchschlagend wirksame Abkommen, welches das globale Problem bis zum Jahr 2040 vollständig beseitigen soll, ist auch nach der fünften Verhandlungsrunde noch nicht in Sicht. In Busan rangen die Delegationen von rund 170 Staaten bis zuletzt um Kompromisse in den zentralen Fragen. Am Ende gingen sie ohne Ergebnis auseinander. Es soll nun noch einen weiteren Einigungsversuch geben.
"Beat Plastic Pollution" – dieses vom UN-Umweltprogramm Unep ausgegebene Motto finden alle richtig. Zumindest in der Theorie. Der Mensch hat es geschafft, noch die entlegensten Regionen der Welt mit Kunststoffmüll und den eigenen Körper mit Mikroplastik zu belasten.
Wilde Deponien und große Flüsse, vor allem in Entwicklungsländern, werden als Entsorgungskanäle für riesige Mengen Kunststoffmüll genutzt. Auf den Weltmeeren schwimmen neue Plastikkontinente, die sich dort in den letzten Jahrzehnten angesammelt haben.
Das Problem ist so groß, dass manche Fachleute schon voraussagen, unser Zeitalter werde künftig als "Plastic Age" bezeichnet.
Auch viele Entwicklungsländer wollen Produktions-Obergrenzen
Vor allem die Bilder von den großen Plastikstrudeln auf den Ozeanen alarmierten die Weltöffentlichkeit. Das brachte enormen Schwung in die Debatte. Die UN-Umweltversammlung beschloss 2022 den straffen Zeitplan, binnen zwei Jahren ein verabschiedungsreifes Abkommen zu verhandeln, das von der Weltgemeinschaft dann 2025 beschlossen werden sollte.
Doch was zu befürchten war, trat ein: Die Interessen verschiedener Ländergruppen prallten voll aufeinander, und es gab in den Konferenzen bis zu dem Busan-Treffen kaum echte Fortschritte.
Die Konfliktlinien sind klassisch, es ist ganz ähnlich wie bei den Klima-Verhandlungen. Eine große Gruppe von inzwischen mehr als 100 der 170 verhandelnden Staaten, darunter viele Entwicklungsländer und die EU, will die Produktionsmengen von Kunststoffen – weltweit inzwischen über 450 Millionen Tonnen jährlich – begrenzen.
Andere Länder, vor allem Erdölproduzenten und Staaten mit großer petrochemischer Industrie, wollen dagegen an den Strukturen möglichst wenig ändern und das Problem höchstens mit besserem Recycling und Abfallmanagement entschärfen. Auch in Busan betätigten sie sich als Bremser. Vor allem Länder wie Saudi-Arabien und Russland versuchten, alle Fortschritte zu blockieren.
Plastik-Produktion soll Ölbranche retten
Es ist klar, was hinter dem beinharten Agieren der Erdöllobby steckt, die auch auf der Konferenz in Busan mit vielen Vertretern mitmischte. Wie schon auf den Klimagipfeln, versucht sie durch Druck auf nationale Regierungen, ihr fossiles Geschäft zu retten.
Dabei ist selbst Hardlinern wie Saudi-Arabien inzwischen klar, dass sich die Energiewende nicht mehr aufhalten lässt. Autos und Heizungen werden über kurz oder lang mit Ökostrom oder allenfalls mit synthetischem Erdöl-Ersatz betrieben werden. Ihr Kalkül lautet: Die Plastikproduktion könnte zumindest einen Teil der Umsätze mit den fossilen Rohstoffen retten.
Heute fließen vom weltweit geförderten Erdöl und Erdgas rund zehn Prozent in die Kunststoff-Produktion, wobei Studien des Industrieländerclubs OECD eine Verdreifachung der Mengen bis 2060 prognostizieren, falls keine Maßnahmen – etwa in einem Plastik-Abkommen – dagegen ergriffen werden.
Eine solche zusätzliche Plastikschwemme aber liegt nun wirklich nicht im Interesse der Weltgemeinschaft, zumal es durchaus Möglichkeiten gibt, das Problem in den Griff zu bekommen.
Dem UN-Umweltprogramm zufolge könnte bei einem Systemwechsel Richtung Kreislaufwirtschaft die Kunststoff-Neuproduktion bis 2040 mindestens halbiert und der in die Umwelt gelangende Müll um mehr als 80 Prozent reduziert werden. Die Schlüssel dazu: mehr und intelligenteres Recycling, Umstellung auf Mehrwegsysteme, Ersatz durch andere Materialien.
Das ist alles machbar, aber es braucht politischen Mut, die Veränderungen gegen die Lobbys durchzusetzen. In Busan hat sich gezeigt, wie schwierig dies angesichts der realen Machtverhältnisse ist.