Sie sind vermüllt, überhitzt, übersäuert. Die Ozeane, die mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche bedecken, befinden sich im Stresszustand. Das ist keine neue Diagnose.
Doch das Bewusstsein für die Dringlichkeit der Probleme wächst, wie sich diese Woche auf der UN-Ozeankonferenz im französischen Nizza mit Delegierten aus 130 Staaten zeigte. "Es braucht schnelles Handeln, kein Zurückweichen", hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum Start des Gipfels gesagt.
Und die Abschlusserklärung, die am Freitag vorlag, betont genau das: Nötig sind sofortige Maßnahmen, um die längst verabschiedeten Schutzziele wie eine Ausweitung der Schutzgebiete auf 30 Prozent der Fläche bis 2030 und das Herunterfahren der CO2-Emissionen auch zu erreichen, nötig ist ein wirkungsvolles Anti-Plastik-Abkommen, und vor allem: Nötig ist mehr Geld, um das alles auch umzusetzen.
Man kann natürlich sagen: Papier ist (zu) geduldig, und das gilt für Textdateien mit UN-Logo ebenso. Die Erfahrungen mit UN-Gipfeln bestätigen das nur zu deutlich.
Seit über drei Jahrzehnten wird auf internationaler Ebene über die Rettung des Weltklimas, den Erhalt der Biodiversität und den Schutz der Böden verhandelt, doch die Ergebnisse sind völlig unzureichend. Die Treibhausgas-Emissionen steigen weiter an, die Artenvielfalt nimmt weiter ab, die "Verwüstung" breitet sich buchstäblich aus.
Trotzdem braucht es diese Konferenzen, um erstens die Themen im globalen Bewusstsein zu halten, zweitens möglichst viele Staaten aus Nord und Süd an den Lösungen zu beteiligen und drittens doch Fortschritte in Teilbereichen zu erzielen, die über kurz oder (hoffentlich nicht zu) lang zur Trendumkehr führen können.
Internationale Vereinbarungen können funktionieren
So weit ist es leider gekommen: Es ist angesichts des aktuellen Flächenbrandes an Konflikten von Ukraine über Gaza bis Sudan und politischen Umbrüchen in vielen Staaten bereits ein Wert an sich, dass die Ozeankonferenz überhaupt stattfand und so viel Resonanz erzeugte.
Zum Glück gibt es aber auch andere Signale, die Mut machen können. So zeigt sich an vielen Beispielen, dass das Einrichten von Schutzgebieten in den Meeren dort eine Revitalisierung von Unterwasser-Flora und -Fauna bewirken kann.
Insofern ist es positiv, dass das geplante UN-Hochseeabkommen voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten wird. In Nizza zeichnete sich ab, dass es bis Ende 2025 von genügend vielen Ländern ratifiziert sein dürfte. Die Vereinbarung ermöglicht es, Schutzgebiete in internationalen Gewässern auszuweisen, bisher ein weitgehend rechtsfreier Raum.
Auch die neue Analyse der Welternährungsorganisation, wonach immerhin zwei Drittel der globalen Fischbestände nachhaltig bewirtschaftet werden, also nicht überfischt sind, kann hoffnungsvoll stimmen. Es zeigte sich, dass Managementsysteme mit Fangquoten funktionieren. Eine wichtige Erkenntnis, um die Ernährung der Menschheit zukünftig sichern zu können, die in vielen Ländern des globalen Südens stark vom Eiweißlieferanten Fisch abhängt.
Es wäre blauäugig, die vielen Gefahren zu übersehen, die einer echten Revitalisierung der Ozeane entgegenstehen. Die Weltmeere werden ungebremst als CO2- und Wärmedeponie missbraucht, sie schlucken jährlich weiterhin 14 Millionen Tonnen Plastikmüll, und die Überfischung nimmt insgesamt immer noch um ein Prozent pro Jahr zu.
Hinzu kommt neue Attacken wie die unter anderem von den USA verfolgten Pläne für industriellen Tiefsee-Bergbau, der die Zerstörung der letzten bisher noch nicht von Menschen veränderten Lebensräume mit sich brächte.
Doch das darf nicht zur Resignation führen. Für die Probleme, von Klima bis Plastik, so groß sie sein mögen, gibt es Lösungen. Sie müssen "nur" endlich angepackt werden. Und für den Tiefseebergbau braucht es, zumindest, ein Moratorium.