Eine Folge des Klimawandels ist: Der Meeresspiegel steigt an. In den letzten 120 Jahren geschah das deutlich schneller als in 4.000 Jahren zuvor. Das geht aus einer jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie der Rutgers University im US-Bundesstaat New Jersey hervor.
Der Anstieg beruht vor allem auf zwei Faktoren. Zum einen wird das Wasser in den Ozeanen wärmer und dehnt sich aus, zum anderen schmelzen Eismassen an Land – Gebirgsgletscher sowie die Eisschilde auf Grönland und der Antarktis – und ihr Wasser landet irgendwann im Meer.
Für die Zukunft besagen die Prognosen: Erhöht sich die Erdtemperatur bis 2100 im schlimmsten Fall um etwa vier Grad, steigt der Meeresspiegel weltweit um ein bis zwei Meter. Beim Einhalten des 1,5-Grad-Limits könnte der Anstieg auf einen halben Meter begrenzt werden.
Steigen wird aber der Meeresspiegel so oder so. Sich dagegen zu wappnen, ist ein klassischer Fall von Klimaanpassung. Helfen kann ein besserer Küstenschutz wie der Bau sogenannter "Klimadeiche" oder das Anlegen von Poldern.
Bei stärkerer Betroffenheit müssten Küstenlinien aufgegeben und Küstenstädte verlegt werden. Die Bevölkerung von Inselatollen, die nur wenig aus dem Ozean herausragen, bereitet sich jetzt schon darauf vor, früher oder später aufs Festland umzusiedeln.
All das kostet viel Geld. Das haben von der Erderwärmung besonders betroffene Länder im globalen Süden oftmals nicht. Zugleich haben sie aber auch wenig zum Klimawandel beigetragen.
Die reicheren Länder stehen deshalb in der Pflicht, diese Ungerechtigkeit durch Klimafinanzierung auszugleichen. Dabei geht es um drei finanzielle "Säulen", die auf Klimaschutz, Klimaanpassung sowie den Ausgleich von Verlusten und Schäden zielen.
Kommt das Geld dort an, wo es nötig ist?
Wie es aktuell um die Finanzierung der Klimaanpassung steht, spiegelt der neue "Climate Adaptation Finance Index" (CAFI) wider. Die Hilfsorganisation Brot für die Welt stellte den diesjährigen globalen Anpassungsindex am Dienstag vor.
Zum dritten Mal in Folge gibt der Index für 129 Staaten an, ob die Gelder in Bezug auf das Klimarisiko und die Bevölkerungsgröße der Empfängerländer gerecht verteilt sind. Welche konkreten Maßnahmen dabei ergriffen werden – etwa Küstenschutz, Aufforstung oder Bodenschutz –, wird nicht untersucht.
Der Anpassungsindex
Der Climate Adaptation Finance Index (CAFI) ist ein Zwei-Faktoren-Index mit Indexwerten zwischen 0 und 2. Würden die verfügbaren Mittel auf der Grundlage des Klimarisikokriteriums fair verteilt, wäre der Indexwert für alle Länder 1. Liegen die Werte über 1, erhält ein Land mehr als seinen risikogerechten Anteil.
Je weiter der Wert unter 1 fällt, desto stärker ist ein Land im Verhältnis zu seinen Klimarisiken unterfinanziert. Werte unter 0,5 weisen auf eine extreme, zwischen 0,5 und 0,64 auf eine starke, von 0,65 bis 0,8 auf eine moderate und darüber auf eine angemessene Finanzierung hin.
Die Werte sagen nichts darüber aus, wie hoch die tatsächlichen Kosten für ein Land sind, um sich an den Klimawandel anzupassen.
Das länderspezifische Klimarisiko wird auf Grundlage des Inform-Risikoindex ermittelt. Dieser wird vom Wissenszentrum für Katastrophenrisikomanagement (DRMKC) der EU in Zusammenarbeit mit dem Ständigen interinstitutionellen Ausschuss (IASC) veröffentlicht. Der Ausschuss wurde 1991 von der UN-Generalversammlung eingerichtet und ist das höchstrangige Koordinierungsgremium für humanitäre Hilfe. Das DRMKC führt für die EU kontinuierlich Risikoanalysen zu Klima-, Natur- und Konfliktrisiken durch.
Die aktuellen Index-Ergebnisse sind – wenig überraschend – alarmierend. Nur 0,1 Prozent der Menschen in den 129 Ländern erhalten danach einen risikogerechten Finanzierungs-Anteil. 96 Prozent der Betroffenen sind stark oder sogar extrem unterfinanziert – in absoluten Zahlen trifft dies laut der Untersuchung auf etwa sechs Milliarden Menschen zu.
Zu den derzeit am stärksten unterfinanzierten Ländern zählen Afghanistan, Tschad, Südsudan, Somalia, Niger, Mali und Jemen. Von den drei besonders betroffenen Ländergruppen – das sind die am wenigsten entwickelten Länder, die afrikanischen Staaten sowie die kleinen Inselentwicklungsländer – erhalten laut dem neuen Index lediglich die Inselstaaten eine moderate Finanzierung im Verhältnis zu ihren Klimarisiken.
"Es ist dramatisch zu sehen, dass die Staaten mit den höchsten Klimarisiken am wenigsten Zugang haben zur Anpassungsfinanzierung – ja, diese Länder werden geradezu gemieden", stellt Sabine Minninger von Brot für die Welt fest.
In den drei Jahren, in denen der Index erstellt wurde, sei keinerlei Verteilungsgerechtigkeit bei der Anpassungsfinanzierung zu beobachten, kritisiert die Klimaexpertin. Das betreffe die Gelder, die aus Deutschland kommen, genauso wie die von anderen Geberländern.
Dabei wächst nach dem weitgehenden Rückzug der USA aus der Klimafinanzierung die Finanzlücke. Im Jahr 2022 – dem jüngsten, für das Daten verfügbar sind – hatten die USA an der Klimaanpassungs-Finanzierung einen Anteil von 6,4 Prozent oder 4,2 Milliarden US-Dollar. Die 129 Index-Länder erhielten davon rund 2,8 Milliarden Dollar.
Damit waren die USA der sechstgrößte Geldgeber nach den multilateralen Entwicklungsbanken, Deutschland, der EU, Frankreich und Japan. Unter den Staaten ist Deutschland danach Anpassungsfinanzierer Nummer eins, ergibt der aktuelle Index. Deutschland finanziere dabei Partnerländer in Afrika und Asien etwas risikogerechter als die Geberländer insgesamt.
Klimaschutz-Projekte funktionieren oft als Exportförderung
Brot für die Welt untersuchte auch, ob die Industrieländer ihre Zusage vom Weltklimagipfel 2021 in Glasgow einhielten, von 2019 bis 2025 ihre Hilfen für die Klimaanpassung in Entwicklungsländern zu verdoppeln.
Laut einer Datenbank der OECD belief sich die gesamte Anpassungsfinanzierung aus Industrieländern im Jahr 2019 auf rund 20,2 Milliarden US-Dollar. 2022 lag die Summe – neuere Daten liegen nicht vor – bei 35,6 Milliarden Dollar. Das ist eine Steigerung um 76 Prozent.
Die Analyse von Brot für die Welt ergab aber auch: Der finanzielle Anstieg für Projekte, die ausschließlich der Klimaanpassung dienten, fiel mit 42 Prozent deutlich geringer aus. Der Anteil solcher Projekte an der gesamten Drei-Säulen-Klimafinanzierung sank von 2019 und 2022 sogar von 34 auf 29 Prozent.
Die Hilfsorganisation erklärt den scheinbar starken Anstieg der Anpassungsfinanzierung damit, dass oftmals kombinierte Klimaschutz- und ‑anpassungsprojekte abgerechnet würden. Tatsächlich sei der Umfang solcher Projekte schneller als die Klimafinanzierung insgesamt gewachsen, stellt Brot für Welt fest.
Hinter dieser Entwicklung verbergen sich häufig wirtschaftliche Interessen. So gehen Klimaschutzprojekte oft mit dem Export entsprechender Technologien einher. Die Verteilung der Gelder finde nicht nach den Klimarisiken statt, stattdessen seien offenbar andere Indikatoren ausschlaggebend, vermutet auch Sabine Minninger. Sie fordert, bei der Klimafinanzierung die Interessen der vulnerablen, also besonders stark betroffenen Ländern in den Fokus zu nehmen.
Deutschland soll Geberkonferenz veranstalten
Entscheidend werde dafür der kommende Weltklimagipfel COP 30 im November im brasilianischen Belém sein, betont Minninger. Dieser ist für sie de facto ein "Anpassungs-Gipfel", bei dem, genau besehen, eine einzige "harte" Entscheidung zu fällen sein wird – und zwar die zum globalen Klimaanpassungsziel, dem "Global Goal on Adaptation" (GGA).
Der globale Süden fordert im Vorfeld des Klimagipfels in Brasilien ein neues Klimafinanzierungsziel im Bereich Anpassung: eine Verdreifachung der Finanzflüsse bis 2030. Zur Umsetzung soll sich der Gipfel auf eine Liste von Indikatoren einigen, die, vereinfacht gesagt, einen gezielteren Einsatz der Anpassungsgelder sichern sollen, beispielsweise mit konkreten Vorgaben in Bereichen wie Gesundheit oder Landwirtschaft.
Brot für die Welt weist in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass die am stärksten betroffenen 20 Länder bis 2031 etwa 750 Milliarden US-Dollar allein für den Schuldendienst ausgeben müssen. Bei 16 dieser Staaten machte das 2024 mehr als 20 Prozent ihrer Steuereinnahmen aus.
Die Hilfsorganisation fordert deswegen, die Anpassungsfinanzierung nicht nur zu erhöhen, sondern auch als Zuschuss statt auf Kredit zu gewähren, um die Überschuldung nicht weiter zu erhöhen.
Des Weiteren soll Deutschland einen Prozess unter den traditionellen Gebern anstoßen und 2026 eine Geberkonferenz veranstalten, um die durch den Ausstieg der USA entstandene Lücke zu schließen.
Zudem würden, betont Brot für die Welt, neue Finanzierungsquellen benötigt, die dem Verursacherprinzip entsprechen, wie Steuern für Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie und für Superreiche sowie eine globale Solidaritätsabgabe, beispielsweise auf Flüge und Privatjets.

Das, also Verhältnis Schuldendienst zu Einnahmen, ist übrigens - leicht off topic - der entscheidende Parameter, der anzeigt, ob ein Zahlungsausfall droht, nicht, wie üblicherweise angegeben, Schuldenstand im Verhältnis zum BIP. Ein fester Grenzwert für höchstes Risiko ist schwer zu ermitteln, weil das in hohem Mass von den Kreditoren, abhängt. Es spielen auch immer wieder politische Momente hinein, die mit der ökonomischen Situation nicht direkt verbunden sind. Sicher aber bewegt sich die erwähnte 16er-Gruppe in gefährlichem Fahrwasser.