"Danger Islands" heißt das neue Schutzgebiet in der Antarktis. Die sieben Danger-Inseln an der nordöstlichen Spitze der Antarktischen Halbinsel sind Heimat verschiedener Meeresvögel, Adeliepinguine brüten dort in großer Zahl.
Den Vorschlag für das neue Schutzgebiet hatten Deutschland und die USA beim 46. Treffen der Antarktis-Vertragsstaaten vom 20. bis 30. Mai im indischen Kochi eingebracht.
Die Tagung mit Delegierten aus über 50 Ländern, die sich per Abkommen darauf geeinigt haben, die Antarktis ausschließlich friedlich vor allem für wissenschaftliche Forschung zu nutzen, sowie mit Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen verschiedener Organisationen findet jedes Jahr statt.
Ziel der Treffen ist, über die Zukunft des unbewohnten Kontinents zu beraten, der von den Folgen des Klimawandels, der Fischerei und Umweltverschmutzung stark getroffen wird.
NGOs fordern Schutz von Kaiserpinguinen
So schwindet zum Beispiel das Landeis der Antarktis seit Jahren immer schneller, was den Meeresspiegel steigen lässt.
Für die langfristige Entwicklung des auf den Ozeanen treibenden Meereises lassen sich zwar noch keine sicheren wissenschaftlichen Aussagen treffen. Laut einer im Fachjournal Antarctic Science veröffentlichten Studie des Polarforschungsprogramms British Antarctic Survey verschwand das Meereis 2023 infolge der Erderwärmung allerdings vorzeitig.
Das hatte fatale Folgen für einige der darauf brütenden Kaiserpinguin-Kolonien. Der Studie zufolge sind tausende Pinguinküken verendet, weil sie noch kein wasserfestes Gefieder hatten und deshalb ertranken oder auf einer Scholle davontrieben und verhungerten.
Wenn die Treibhausgasemissionen im derzeitigen Tempo weiter steigen, könnte die Population der Kaiserpinguine bis Ende des Jahrhunderts um 99 Prozent schrumpfen und die Art dadurch praktisch aussterben, schätzen die Forscher:innen.
Die Antarktis- und Südpolarmeervereinigung Asoc, ein weltweiter Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen, hatte deshalb vor der Antarktis-Konferenz mit ihrem Mitglied, der Deutschen Umwelthilfe, dazu aufgerufen, den Kaiserpinguin zur besonders geschützten Art zu erklären.
Auch forderten die Naturschutzorganisationen, den Schutz der Antarktis schnell auszuweiten, und erinnerten dabei an das auf der UN-Biodiversitätskonferenz in Montréal vereinbarte Ziel, 30 Prozent der Land- und der Meeresoberfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen.
Mehr Mikroplastik im Südlichen Ozean
Eine weitere Forderung der NGOs betraf die zunehmende Anzahl von Tourist:innen und Forschungsstationen in der Antarktis. Diese tragen laut Asoc dazu bei, dass mehr Mikroplastik in die antarktischen Gewässer gelangt.
Häufig spiele dabei sogenanntes Grauwasser eine Rolle, das zum Beispiel beim Waschen und Baden entsteht und oft Mikroplastikfasern aus synthetischen Bekleidungsstoffen enthält. Derzeit ist die Einleitung von Grauwasser nicht reguliert. Die Asoc mahnte deshalb strengere Vorschriften für Forschungsstationen und Schiffe an.
Tatsächlich hat sich der Antarktis-Tourismus nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN zwischen 1992 und 2020 verzehnfacht. Neben Mikroplastik wirken sich auch andere Faktoren negativ auf das Klima und die Biodiversität aus, etwa der hohe CO2-Ausstoß bei der Anreise mit Flugzeugen und Schiffen oder die Tatsache, dass sich Tiere von Tourist:innen gestört fühlen können.
Die bisherigen Regulierungen reichen dabei nicht aus, um die Umwelt vor dem Einfluss des Menschen zu schützen, heißt es auch vonseiten der halbstaatlichen IUCN.
Geteilte Meinungen zum Ergebnis
Die neu als Schutzgebiet ausgewiesenen Danger Islands dürfen von jetzt an nur noch mit spezieller Genehmigung betreten werden, Tourismus soll dort nicht stattfinden.
Wissenschaftliche Forschung wird aber weiterhin möglich sein, solange sie im Einklang mit den Zielen des Schutzgebiets steht. Deutschland und die USA wollen das Gebiet gemeinsam überwachen und verwalten.
Von wissenschaftlicher Seite gab es Zuspruch für den Beschluss. "Die Inseln eignen sich aufgrund ihrer Verschiedenheit in Ursprung, Besiedlungsdichte und Artvielfalt sehr gut als Schutzgebiet", sagte die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, Antje Boetius. "Dass ambitionierter Schutz hilft, zeigt auch das hohe Vorkommen verschiedener Wale und anderer Meeressäuger in diesem Gebiet."
Anders bewertet Asoc-Beraterin Meike Schützek den Ausgang des Treffens in Kochi. "Die Antarktis-Konferenz verlief für uns gemischt", resümiert die Meeresschützerin gegenüber Klimareporter°.
So sei das Bestreben der Vertragsstaaten, den wachsenden Tourismus zu regulieren, zwar begrüßenswert, dafür hätten nach Ansicht der NGOs aber mehr konkretere Maßnahmen beschlossen werden müssen. "In einem sich so rapide ändernden Klima ist schnelleres Handeln gefragt", betont Schützek.
Immerhin hätten sich die Antarktis-Vertragsstaaten dazu bereit erklärt, die Einleitung von Grauwasser zu regulieren, was Asoc als "ermutigend" ansieht. Enttäuscht zeigten sich die Naturschutzorganisationen jedoch darüber, dass der Kaiserpinguin in Kochi weiterhin keinen Status als besonders geschützte Art erhalten hat.