Gewirr von Rohren im japanischen Kohlekraftwerk Isogo
Das Kraftwerk Isogo bei Yokohama wird von Energiewendegegnern gern als "sauberstes Kohlekraftwerk der Welt" gelobt. (Foto: Fokushi Sutorenja/​Wikimedia Commons)

Die japanische Regierung hat angekündigt, 100 der 140 Kohlekraftwerks-Blöcke im Land bis zum Jahr 2030 stillzulegen. Japans Umweltminister Shinjiro Koizumi erklärte dazu, dies sei "ein großer Schritt, der der internationalen Gemeinschaft Japans Entschlossenheit zeigt, eine emissionsfreie Gesellschaft zu werden".

Durch die Stilllegungen schrumpft die Kapazität von Japans Kohlemeilern von 47.000 auf 18.000 Megawatt. Gleichzeitig sind aber 16 neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 10.000 Megawatt im Bau.

In den nächsten zehn Jahren schrumpft die Kapazität also nur um rund 40 Prozent. Damit passt Japan seinen Kraftwerkspark an den nationalen Energieplan für 2030 an. Der Plan sieht vor, dass der Anteil von Kohlestrom von knapp einem Drittel auf 26 Prozent fällt.

Japans Wirtschaftsminister Hiroshi Kajiyama bestätigte denn auch, dass die Ankündigung keine Abkehr von der bestehenden Politik bedeutet: "Japan hat im Jahr 2018 beschlossen, ineffiziente Kohlekraftwerke zu schließen, aber wir hatten noch keinen konkreten Rahmenplan. Deshalb machen wir jetzt einen."

Die Reaktion von Umweltorganisationen ist gemischt. Kimiko Hirata, Leiterin des Klimanetzwerks Kiko, sagte: "Obwohl das ein bedeutender Schritt ist, reicht er überhaupt nicht aus."

Ähnlich sieht das Hanna Hakko von Greenpeace Japan: "Wir begrüßen die Absicht der Regierung. Aber viele Anlagen werden weiterlaufen und neue werden gebaut", sagte sie. "Diese Pläne müssen so schnell wie möglich gestoppt werden."

Wieder mehr Atomkraft, weniger Gas

Greenpeace kritisiert noch einen weiteren Punkt. "Wir sind tief besorgt, dass Kohlestrom durch Atomenergie ersetzt wird", sagte Hakko. "Wir fordern die Regierung auf, erneuerbaren Energien und Maßnahmen zum Energiesparen Vorrang einzuräumen."

Gemäß dem japanischen Energieplan soll der Anteil von Atomstrom von heute sechs Prozent auf 20 Prozent steigen, indem Kraftwerke wieder reaktiviert werden, die nach der Reaktorkatastrophe im Jahr 2011 in Fukushima vom Netz gegangen sind.

Der Ausbau der Erneuerbaren bleibt hingegen überschaubar: Ihr Anteil soll in den nächsten zehn Jahren von 17 auf 22 bis 24 Prozent steigen. Wenn alle Pläne umgesetzt werden, sinkt zudem der Anteil von Gas bei der Stromerzeugung von 45 auf 28 Prozent.

Auch eine weitere Praxis Japans wird höchstens reformiert und nicht beendet: die Finanzierung von neuen Kohlemeilern im Ausland.

Wirtschaftsminister Kajiyama erklärte zwar, die Regierung befinde sich "in abschließenden Diskussionen" über eine Verschärfung der Regeln zur Exportförderung von Kohletechnik. Er sagte aber auch: "Manche Entwicklungsländer haben keine andere Wahl, als Kohle für ihren Energiebedarf zu nutzen."

Grünstrom wächst durch Unternehmens-Nachfrage

Während die Regierung ihre Kohlepolitik höchstens in Trippelschritten an die Erfordernisse der Klimakrise anpasst, sind viele japanische Unternehmen schon deutlich weiter.

So stammt knapp ein Fünftel der knapp Tausend Firmen mit sogenannten wissenschaftsbasierten Klimazielen aus Japan. In dieser Initiative für "Science-Based Targets" verpflichten sich Unternehmen, ihre Emissionen so schnell zu senken, dass die Klimaerwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" begrenzt werden kann, wie es das Paris-Abkommen fordert.

Knapp 40 japanische Firmen haben zudem angekündigt, nur noch Grünstrom zu kaufen. Die Initiative RE 100, bei der Konzerne sich dazu verpflichten, ihren Strombedarf künftig zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu decken, erklärte dazu: "Japan ist einer der Märkte, wo der Bezug von Grünstrom am schwierigsten ist, aber RE-100-Firmen treiben die Nachfrage immer höher."

Ob das Folgen hat, zeigt sich nächstes Jahr. Dann soll der japanische Energieplan überarbeitet werden.

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