Geht es in Richtung Worst Case oder kriegt die Welt bei der Naturschutzfinanzierung die Kurve? (Bild: Leonhard Lenz/​Wikimedia Commons)

Eine gigantische Zahl: Es geht um über 50 Billionen US-Dollar. Mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung hängt davon ab, dass die Ökosysteme intakt bleiben.

Wichtig sind Ressourcen wie frisches Wasser und weitere Dienstleistungen der Natur, etwa die Versorgung mit sauberer Luft durch die Wälder und das Bestäuben von Pflanzen durch Insekten.

Beim internationalen Versuch, gegen den aktuellen Raubbau an der Natur anzusteuern, gab es zuletzt einen Rückschlag: Die Finanzierung dafür konnte nicht geklärt werden.

In dieser Woche läuft in Rom ein neuer Versuch dazu. Fachleute hoffen trotz der Angriffe auf den Multilateralismus aus den Trump-USA auf einen "Jetzt-erst-recht"-Effekt.

Bei den Verhandlungen zum Weltnaturschutzabkommen CBD, ursprünglich beschlossen auf dem UN-Erdgipfel in Rio 1992, hatte es 2022 einen Durchbruch gegeben. Kernziel des damals im kanadischen Montreal verabschiedeten Sanierungsplans: Jeweils 30 Prozent der Land- und der Meeresflächen der Welt sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden.

Dazu braucht es allerdings einen milliardenschweren Finanzierungsmechanismus und eine wirksame Überwachung. Beides sollte auf der CBD-Nachfolgekonferenz im Herbst 2024 im kolumbianischen Cali beschlossen werden.

Das aber klappte nicht. Der Gipfel wurde aus Zeitgründen abgebrochen. Das galt international als große Blamage.

USA sind dem Abkommen als einziger Staat nie beigetreten

Wie groß der Handlungsbedarf ist, haben Studien immer wieder gezeigt. Natürlich erhaltene und naturnahe Flächen schrumpfen stark. Nach Untersuchungen des Weltbiodiversitätsrats IPBES sind eine Million Tier- und Pflanzenarten – mehr als zwölf Prozent aller Arten – vom Aussterben bedroht, teils schon innerhalb weniger Jahrzehnte.

Zuletzt zeigte der "Living Planet Report 2024" des WWF und der Zoologischen Gesellschaft London, dass die Populationen von 35.000 Wildtierarten in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 73 Prozent zurückgingen.

Ein großes Problem beim Schutz des Schneeleoparden ist die mangelnde Kooperation der Staaten in seinem Verbreitungsgebiet. (Bild: Dingopup/Wikimedia Commons)

Seit Dienstag wird nun weiter weiterverhandelt, und zwar in Rom, am Sitz der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO. Für den neuen Versuch haben die Delegierten bis Donnerstagabend Zeit – insgesamt nur drei Tage also.

Fast 200 Länder der Erde sind hier beteiligt, nicht jedoch die USA, die dem Welt­naturschutz­abkommen von 1992 als einziger Staat nie beigetreten sind. Washington war auch unter Donald Trumps Vorgängern im Amt des US-Präsidenten, von George Bush über Barack Obama bis Joe Biden, nur als Beobachter bei den CBD-Verhandlungen vertreten.

Der Finanzbedarf, um den Schutz von Ökosystemen und Artenvielfalt sicherzustellen, ist groß. In den 2022 beschlossenen Finanzierungszielen wurde festgehalten, dass bis 2030 aus öffentlichen und privaten Quellen jährlich 200 Milliarden US-Dollar für den Erhalt der weltweiten biologischen Vielfalt bereitgestellt werden. Zudem geht es um den Abbau von naturschädlichen Subventionen im Umfang von mindestens 500 Milliarden pro Jahr.

Greenpeace: Gräben zwischen reichen und armen Ländern wachsen

Besonders die Regierungen der reichen Länder sind hier gefordert, bis Ende 2025 eine Jahressumme von rund 20 Milliarden US-Dollar aufzubringen, die bis 2030 auf 30 Milliarden anwachsen soll.

Der Industrieländerclub OECD registrierte zwar zuletzt positive Trends, doch ob die 20 Milliarden aber zusammenkommen, ist unklar – zumal die USA bisher trotz der CBD-Abstinenz ein wichtiger Naturschutz-Finanzier waren. Das drohte sich unter Donald Trump zu ändern, der die Kettensäge bereits früher in US-Naturschutzgebieten angesetzt hat.

Ob Deutschland die noch von Kanzler Olaf Scholz gegebene Zusage einhält, die Mittel für den internationalen Naturschutz bis 2025 auf 1,5 Milliarden Euro jährlich aufzustocken, ist wegen des Regierungswechsels in Berlin ebenfalls fraglich.

 

Umweltorganisationen machen in Rom nun Druck. Die Naturschutzstiftung WWF warnte vor einem abermaligen Scheitern wie schon in Cali. "Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen verträgt keinen Aufschub mehr", sagte WWF-Experte Florian Titze.

Noch gebe es die Chance, das Artensterben zu stoppen, aber dafür müssten "auf dieser Konferenz Lösungen her", so Titze. Eine erneute Vertagung oder sogar ein Abbruch werde die Umsetzung des Weltnaturschutzabkommens, für die nur noch fünf Jahre bleiben, empfindlich treffen.

Greenpeace warnte, die Gräben zwischen Industriestaaten und weniger entwickelten Ländern seien inzwischen tiefer geworden. Der deutsche Verhandlungsführer in Rom, Umweltstaatssekretär Jan-Niclas Gesenhues, sieht indessen durchaus Chancen für eine Einigung. Sein Motto lautet eben: "Jetzt erst recht."

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