Nachdem sein Vorschlag zu einem Klimaklub auf dem G7‑Gipfel in Elmau schon fast gescheitert schien, kann Bundeskanzler Olaf Scholz zum Abschluss doch noch einen Erfolg verkünden. Die G7‑Staaten seien übereingekommen, diesen Klimaklub bis Ende des Jahres zu gründen, sagte der Kanzler heute Mittag in Elmau zum Ende des Treffens.
In der Abschlusserklärung der G7 liest sich das jedoch eher vage: Die G7‑Staaten stünden fest hinter den Zielen eines offenen und kooperativen internationalen Klimaklubs, heißt es dort, und wollten gemeinsam mit Partnern auf dessen Gründung bis Ende 2022 hinwirken.
Es gehe zunächst um eine Arbeitsstruktur, erläuterte Scholz. Mit deren Hilfe sollten dann die unterschiedlichen Wege zum gleichen Ziel "zusammen zusammenführbar" gemacht werden. Bei der Energieproduktion sei man sich beispielsweise einig, dass sie klimaneutral sein solle – die Frage, wie das geschehen kann, werde aber unterschiedlich beantwortet.
Von der ursprünglichen Idee, einen machtvollen Wirtschaftsraum zu schaffen, in dem klimafreundliche Rahmenbedingungen herrschen, hat sich der Klimaklub jedenfalls deutlich entfernt.
"Übergangsweise" mehr Erdgas
Konkret soll laut der Klimaklub-Erklärung die Emissionsmessung und -berichterstattung gestärkt und die Verlagerung von CO2-Emissionen – das sogenannte Carbon Leakage – auf internationaler Ebene eingedämmt werden. In diesem Sinne arbeite man an einem gemeinsamen Verständnis von der Wirksamkeit wie auch den wirtschaftlichen Auswirkungen von Klimaschutz, etwa durch CO2-Bepreisung oder andere Mittel zur Verringerung der absoluten und relativen CO2-Emissionen.
Mehr Raum geben die G7‑Staaten im Klimaklub inzwischen offenbar der direkten Förderung einer klimaneutralen Industrie, etwa im Rahmen der Agenda für industrielle Dekarbonisierung und des Wasserstoff-Aktionspakts.
Allgemein bekennt sich die G7 in ihrer Abschlusserklärung dazu, den Straßenverkehr bis 2030 "weitgehend" und die Stromproduktion bis 2035 "vollständig oder überwiegend" zu dekarbonisieren. Auch der Kohleausstieg soll beschleunigt werden, allerdings gilt das nicht für Kraftwerke mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS).
Zunächst will Scholz, wie er verdeutlichte, auch an Investitionen in neue Gasförderprojekte festhalten. Deutschland war in den letzten Tagen für die Absicht, die Erschließung neuer Gasfelder vor der Küste Afrikas zu unterstützen, scharf kritisiert worden.
Es bleibe bei den Beschlüssen des Glasgower Klimagipfels, dass die Finanzierung fossiler Energien zu Ende gehe, betonte Scholz. Übergangsweise werde aber Gas benötigt, deshalb könne es hier Investitionen geben, die "Sinn machen" und entsprechend unterstützt würden, erklärte der Kanzler.
"Hier wird ein fossiler Teufelskreis in Gang gesetzt"
Nach Angaben von Christoph Bals von der Entwicklungsorganisation Germanwatch ist es wenigstens gelungen, in den G7‑Erklärungen die öffentliche Förderung für neue Erdgasfelder nicht als "Freifahrtschein" für Gasinvestitionen, sondern nur als "Prüfauftrag" zu formulieren.
Zwar habe die G7 durch die klare Bindung an das 1,5-Grad-Limit die wichtigen Beschlüsse der Glasgower Klimakonferenz nicht ausgehebelt, so Bals weiter. Fraglich bleibe trotzdem, ob Erdgas-Investitionen den Beschlüssen der Klimakonferenz nicht doch zuwiderlaufen.
Für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die G7 den Weg für neue staatliche Investitionen in Erdgas und Flüssigerdgas (LNG) freigemacht. Die G7‑Staaten hätten sich damit von ihrem Versprechen in Glasgow verabschiedet, nicht mehr in fossile Energien zu investieren, kritisierte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
Aus seiner Sicht droht nun ein globaler Wettlauf um LNG-Exporte, neue Gasförderung und öffentliche Gelder, beispielsweise in Senegal und anderen afrikanischen Ländern, die jetzt erst in die Erdgasgewinnung einsteigen wollten. "Hier wird ein fossiler Teufelskreis in Gang gesetzt."
Auch für Friederike Röder, Vizepräsidentin der Entwicklungsorganisation Global Citizen, hat Scholz das Versprechen nicht eingehalten, dem internationalen Klimaschutz einen entscheidenden Schub zu geben. Der Status quo könne für die mächtigen Staats- und Regierungschefs kein Maßstab sein, gerade nicht angesichts des Klimanotstands, sagte Röder. "Jetzt bleiben den G7‑Regierungen wenige Monate Zeit, um der Welt zu zeigen, dass sie es ernst meinen – Taten zählen mehr als Worte."