Beim Klimagipfel in Paris 2015 einigten sich die Staaten der Welt auf den historischen Vertrag zur Begrenzung der Erderhitzung. Das galt damals als Zäsur in der globalen Umweltpolitik. Die Zusage, den Temperaturanstieg deutlich unter zwei Grad zu halten und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, war ein Meilenstein.
Zehn Jahre später steht nun allerdings eine ernüchternde Bilanz an. Das UN-Umweltprogramm Unep legte am Dienstag mit dem "Emissions Gap Report 2025" eine Analyse vor, die deutlich macht: Die Weltgemeinschaft verfehlt weiterhin die selbst gesetzten Ziele, und das verfügbare Zeitfenster für eine Kurskorrektur schließt sich rapide.
Laut dem Bericht liegt der prognostizierte globale Temperaturanstieg bis 2100 trotz neuer Klimapläne bei 2,3 bis 2,5 Grad. Im vorigen Jahr waren es noch 2,6 bis 2,8 Grad. Diese Verbesserung um 0,3 Grad beruht jedoch zu einem Drittel, also 0,1 Grad, auf methodischen Anpassungen, und ein weiteres Drittel wird durch den Austritt der USA aus dem Paris-Vertrag, der Anfang 2026 wirksam wird, zunichtegemacht.
Regierungen haben also zwar neue Zusagen eingereicht, doch die tatsächliche Minderung des globalen Risikos fällt mit 0,1 Grad kaum ins Gewicht. Von einer ausreichenden Absenkung der Emissionskurve kann also keine Rede sein. Und: Werden nur die bereits beschlossenen CO2-Einsparmaßnahmen umgesetzt, steuert die Welt auf 2,8 Grad zu.
Ein Problem ist: Nur rund ein Drittel der Vertragsstaaten hat bis zum Stichtag Ende September aktualisierte nationale Klimapläne mit Zieljahr 2035 vorgelegt. Dabei sind diese Pläne, die "Nationally Determined Contributions" (NDCs), das Herzstück des Paris-Mechanismus. Sie definieren, welche Emissionsminderungen die Staaten bis 2030 und nun auch bis 2035 erreichen wollen.
Globale Treibhausgas-Emissionen steigen, statt zu sinken
Gemäß Unep decken die eingereichten NDCs knapp zwei Drittel (63 Prozent) der aktuellen globalen Emissionen ab. Zugleich ist das sich darin spiegelnde Ambitionsniveau viel zu niedrig.
Würden alle Zusagen komplett erfüllt, sänken die Emissionen bis 2035 nur um etwa 15 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2019. Zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits wären laut Unep jedoch 55 Prozent nötig, für zwei Grad immer noch 35 Prozent.
Zudem attestiert das UN-Umweltprogramm den Regierungen eine Umsetzungslücke. Viele Staaten drohen nach jetzigem Stand mangels entsprechender Maßnahmen schon ihre Ziele für 2030 zu verfehlen, und für die anspruchsvolleren 2035er Marken gilt das noch mehr.
Die globalen Emissionen steigen derzeit sogar weiter an. 2024 nahmen sie um 2,3 Prozent zu und erreichten 57,7 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent.
Die UN-Organisation betont, dass die Hauptverantwortung weiterhin bei den G20-Staaten liege, also bei den Industrie- und Schwellenländern, die für rund 80 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind. Ihr CO2-Ausstoß stieg 2024 um 0,7 Prozent. Zwar haben zehn der G20-Staaten neue Pläne vorgelegt oder angekündigt, doch reichen diese für die nötige Wende nicht aus.
Das Unep spricht offen von einer Annäherung an gefährliche Kipppunkte des Klimas. Der Planet steuert danach auf eine Phase zu, in der die globale Durchschnittstemperatur zumindest vorübergehend die 1,5-Grad-Marke überschreiten wird.
Eine spätere Rückkehr wieder unter dieses Limit wird zwar als möglich bezeichnet, dies erfordere jedoch drastische und sofortige Maßnahmen sowie den Einsatz zum Teil riskanter Technologien zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre.
"Beispiellose Emissionsreduktion nötig"
Unep-Chefin Inger Andersen formuliert das Dilemma klar: Die Staaten hätten bereits drei Runden nationaler Klimapläne hinter sich, sagte sie bei der Vorlage des Reports in Nairobi, "und jedes Mal haben sie ihr Ziel verfehlt". Nun seien "beispiellose Emissionsreduktionen in einem immer enger werdenden Zeitfenster und vor einem zunehmend schwierigen geopolitischen Hintergrund" nötig.
Nach ihrer Einschätzung ist ambitioniertes Handeln aber immer noch möglich. Erneuerbare Energien entwickelten sich dynamisch, die Kosten sänken, und weitere Technologien für einen beschleunigten Wandel stünden bereit – "Maßnahmen, die zu schnellerem Wirtschaftswachstum, besserer Gesundheit der Menschen, mehr Arbeitsplätzen, Energiesicherheit und Widerstandsfähigkeit führen".
Angesichts eines zunehmend angespannten geopolitischen Umfelds, wachsender Sicherheitskonflikte und finanzieller Engpässe bleibt jedoch offen, ob politische Entscheidungsträger bereit sind, die notwendigen Schritte rasch zu gehen.
Etwas Hoffnung vermittelt ein positives Szenario in dem neuen Report. Danach wäre immerhin eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,9 Grad bis 2100 drin, wenn nicht nur die vorliegenden NDCs, sondern auch die Absichtserklärungen von Staaten zum Erreichen der Klimaneutralität – EU bis 2050, China bis 2060, Indien bis 2070 – Wirklichkeit würden.
Das wäre immerhin ein wichtiger Schritt, um die zweite Haltelinie von zwei Grad Erwärmung zu sichern. Zur Zeit des Paris-Beschlusses 2015 lauteten die Erwärmungsprognosen der Klimaforschung noch auf drei bis 3,5 Grad.

Sobald diverse Kipppunkte überschritten sind, führt auch eine Reduktion der relevanten Emissionen erst nach langer zeitlicher Verzögerung zum gewünschten Ergebnis. Manchmal habe ich den Eindruck, dass das Konzept 'Kipppunkt' nicht wirklich verstanden wird.