Im Jahr 2024 hat China doppelt so viele Solaranlagen und Windräder installiert wie der Rest der Welt zusammen. Und 2025 wird das Land voraussichtlich so viel Erneuerbare in Betrieb nehmen, dass es für den gesamten Energiebedarf Deutschlands und Großbritanniens reichen würde.
Das ist jedoch nur die eine Seite der chinesischen Energiepolitik. Die andere Seite: China errichtete im ersten Halbjahr Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 21 Gigawatt, so viel wie seit zehn Jahren nicht mehr. Damit bleibt das 1,4-Milliarden-Volk größter CO2-Emittent der Welt.
Chinesische Ökonomen erklären diese Entwicklung damit, dass das Land Energiesicherheit für jene Zeiten brauche, in denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Die Tageszeitung Taz schrieb dazu: "Wie ein roter Faden zieht sich das durch die vergangenen Jahre: Peking schreitet zwei Schritte voran – nur, um wieder einen Schritt zurückzugehen". Ein ambivalentes Modell.
Es fehlt wie andernorts auch in China an Leitungen und Speichern – also an einer Infrastruktur, die den Strom von einer Region mit Überkapazität in eine benachbarte Provinz mit zu wenig Stromproduktion transportiert. Das chinesische Stromnetz ist veraltet und wird nur allmählich erneuert.
Handlungsdruck
Dennoch meint es China mit seinen Klimazielen ernst. Weit ernster als die USA unter Donald Trump. Der chinesische Staatschef Xi Jinping hat den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zur Chefsache erklärt, während Trump zur gleichen Zeit die Erneuerbaren ausbremst und auf atomar-fossile Rohstoffe setzt.
Franz Alt
ist Journalist und Buchautor. Er leitete 20 Jahre das politische Magazin "Report" beim Südwestrundfunk, danach bis 2003 die Zukunftsredaktion des SWR. Als einer der ersten deutschsprachigen Journalisten informierte er über Klimawandel und Energiewende.
Xi hat vor fünf Jahren versprochen, dass China den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen 2030 erreichen werde. Doch schon seit März 2024 sinkt der Treibhausgasausstoß im Reich der Mitte.
China steht unter starkem Handlungsdruck, das Land ist schon heute brutal vom Klimawandel betroffen – ähnlich wie die USA. Im Sommer gefährden Dürreperioden die Ernteerträge. Im Süden Chinas überfluten Jahrhundertniederschläge ganze Städte.
Gleichzeitig hat der gesamte Norden Chinas zu wenig Wasser. Der Wassermangel aufgrund der Gletscherschmelze im Himalaya gefährdet ganz China, wie auch Indien, Bangladesch und Länder in Südostasien.
Der Unterschied zwischen China und den USA: China baut die Erneuerbaren aus und nimmt den Klimawandel ernst – US-Präsident Trump glaubt den Klimawandel dadurch bekämpfen zu können, dass er ihn schlicht leugnet.
Dabei sind sich Klimaforscher in der ganzen Welt darin einig, dass der Klimawandel die Überlebensfrage der Menschheit ist.

"In Gebieten, wo China stärker auf Gas gesetzt hat, kam es in kritischen Zeiten wiederholt zu Versorgungsengpässen. Die Folge: In mehreren Provinzen wurden zuletzt neue Kohlekraftwerke genehmigt. Auch auf nationaler Ebene bleibt Kohle politisch relevant. Die Regierung verfolgt nun das Konzept von „next-generation coal power“ und integriert Kohle in die Planung eines neuen Elektrizitätssystems. Die Nationale Energiebehörde spricht von „sauberer Kohle“, ein Rückschritt. Es zeigt sich ein Wandel in der politischen Haltung: Kohle werde „nicht mehr dämonisiert“, so der Chefexperte des China Electricity Council. Präsident Xi rief bei einem Besuch in Shanxi dazu auf, die Kohleindustrie „vom Niedrig- zum Hochwertsegment“ zu transformieren."
Auch investiert China kräftig in Kohlekraftwerke, die außerhalb Chinas errichtet werden:
https://www.urgewald.org/china-kohle
Bei Uran kann man problemlos einen Vorrat für mehrere Jahre anlegen. Hat die EU auch. Bei Öl und Gas geht das nicht so einfach, bzw. wäre irrsinnig teuer.
Nach Zahlen aus 2023 hat China nur 20% seines Öl-Bedarfes aus Russland gedeckt. 80% kamen aus Saudi-Arabien, UAE, Irak, Oman, ... Bei Gas wurden nur 12% des chinesischen Bedarfes aus Russland gedeckt.
Die USA haben in den letzten Jahren viele Fähigkeiten verloren. Wenn es darum geht, Macht auf den Weltmeeren zu projizieren, sind die USA nach wie vor unerreicht (Flugzeugträger, etc.). Es ist für die USA ein Leichtes, Öltanker aus dem Iran, Irak, Saudi-Arabien, den UAE, LNG-Tanker aus Katar usw. abzufangen. Und vor allen Dingen ist das für die USA viel attraktiver, als in einen direkten militärischen Konflikt mit China einzutreten.
China weiß genau, dass es da sehr verwundbar ist. Der einzige Ausweg: Die Wirtschaft elektrifizieren und den Bedarf an Gas und Öl drastisch senken. So schnell wie möglich, um vorbereitet zu sein auf alles, was kommen mag. Erneuerbarer Strom ist auch in China meist am günstigsten, also setzt China darauf. Wenn man sich nebenbei damit noch ein bisschen als progressiver Klimaschutzvorreiter inszenieren kann, um so besser
das Argument von Herrn Alt, dass die chinesische Führung sich doch etwas Sorgen um ihr Volk macht (nicht verhungern, verdursten und ertränken ...) lassen Sie dennoch gelten? Der chinesische Ethos ist schon ein anderer als der der Russen z.B., die alles nur durch die martialische Brille sehen ...
Es gibt weitere Argumente, die die Strategie der RE der Chinesen erklären (Werbung für den Export ihrer Waren, Menschen in Lohn und Brot bringen, Energiehochlauf für die Digitalisierung, Kosten einsparen (wieso für Öl und Gas Geld ausgeben, wenn man es vor Ort günstiger machen kann und damit das eigene BSP erhöht?))
Leider hat Herr Alt versäumt, auf das im Grunde schlagendste Argument der Aktivitäten der Chinesen hinzuweisen. Ich nenne es mal den 'Zauberlehrling-Effekt'. Mit der Etablierung einer RE landesweit wurde eine Infrastruktur ins Laufen gebracht, die nicht mehr rückgedacht werden kann. Zudem, wenn sich immer mehr offenbart, dass RE nach einer mühevollen Investitionsphase, sich unschlagbar gegen alle anderen Energieerzeugungen auszahlt. Nur musste das Pferd erst einmal ins Laufen gebracht werden, damit man nun sagen kann 'Oh je, wie werde ich die guten Geister wieder los'. Und das haben die Chinesen nun einmal bewiesen. Mich wundert's nur, dass die Oligarchen in der USA mit ihrem technologischen Hintergrund keinen Widerstand im eigenen Lande aufbauen. Gruß Frank