China ist nicht nur bei der Herstellung von Solarmodulen weltweit führend. (Bild: Ivan Milovanov/​Shutterstock)

Die Warnung ist unmissverständlich. Drei Grad globale Erwärmung gegenüber vorindustrieller Zeit bereits 2050 sind nicht mehr ausgeschlossen, wenn die Emissionen weiter steigen wie bisher.

Nicht Klimakassandras sagen das, sondern die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Deutsche Meteorologische Gesellschaft. Sie haben gemeinsam Alarm geschlagen: Der Klimawandel beschleunigt sich, die Erwärmung läuft schneller als selbst viele Experten erwartet hatten. 

Das wäre nicht nur das Ende des Pariser 1,5-Grad-Ziels, es wäre ein Niveau, bei dem die Gefahr wächst, dass die Erde wegen überschrittener Kipppunkte im Klimasystem in eine "Heißzeit" abgleitet. Viel mehr Dürren, Fluten, Missernten, der Kollaps ganzer Ökosysteme, Millionen Klimaflüchtlinge – all das wäre noch in diesem Jahrhundert möglich.

Auch wenn es nicht ganz so dramatisch kommt – und nicht alle Klimafachleute sind so pessimistisch wie die beiden Fachgesellschaften: Zumindest das "Sicherheitslimit" von zwei Grad Erwärmung ist in akuter Gefahr.

Und das sollte die Weltgemeinschaft nun endlich zum Umsteuern bringen, schließlich steigen die globalen Emissionen bisher weiter, anstatt zu sinken.

Jedoch: Auf der UN-Vollversammlung in New York zeigte sich jetzt einmal mehr die Schere zwischen Wissen und politischem Handeln. US-Präsident Donald Trump tat ab, was die Forschung, gerade auch die aus den USA, seit Jahrzehnten belegt.

Trump wiederholte seine Sottise, der Klimawandel sei ein "Hoax", ein Schwindel – diesmal sogar vor den Delegationen von fast 200 Staaten weltweit, die sich, zumindest laut Paris-Abkommen, der Bekämpfung dieser Menschheitskrise verschrieben haben.

Mit seinem neuen Klimaziel gewinnt China geopolitisch an Gewicht

Umso bemerkenswerter war, dass diesmal das wichtigste Signal aus Peking kam. Präsident Xi Jinping kündigte an, dass Chinas Emissionen bis 2035 um sieben bis zehn Prozent sinken sollen, gegenüber dem Höhepunkt, der spätestens 2030 erreicht werden dürfte.

Zum ersten Mal überhaupt legt die Volksrepublik damit ein solches absolutes Minderungsziel vor. Das ist zwar keine Sensation, aber doch ein Wendepunkt. Bisher hatte China nur das Ziel formuliert, den CO2-Ausstoß relativ zur Wirtschaftsleistung zu senken. Nun steht ein klarer Reduktionspfad im Raum – und das wenige Wochen vor dem Klimagipfel in Belém in Brasilien.

Fachleute betonen, es wäre mehr drin gewesen. Denn China baut die erneuerbaren Energien und die Atomkraft in einem Tempo aus, das weltweit einzigartig ist. Es gehen gigantische Solarparks und Windfarmen ans Netz. Der E‑Automarkt boomt, Millionen Elektrofahrzeuge rollen schon heute über die Straßen, flankiert von einem Netz an Schnellladern.

Dazu kommt eine Speicheroffensive: Lithium- und bald auch Natrium-Batterien werden in Massen produziert, um die fluktuierenden erneuerbaren Energien zu integrieren. All das zeigt: Peking hat verstanden, dass grüne Technologien nicht Belastung sind, sondern Wachstumsmotor, und zwar auch auf dem Weltmarkt.

Das neue Ziel ist eher vorsichtig gesetzt, doch politisch bleibt es bedeutsam: Während Trump das Pariser Klimaabkommen zu zerstören hofft, bindet sich China enger an den multilateralen Prozess.

Damit gewinnt das Land geopolitisch an Gewicht. Peking inszeniert sich als verantwortlicher Akteur – und verschafft sich zugleich einen Wettbewerbsvorteil bei den Schlüsselindustrien der Zukunft.

 

Und Europa? Die EU diskutiert, konnte sich zuletzt nicht auf ein klares Klimaziel für 2035 einigen. Dabei könnte sie mit ambitionierter Politik ganz vorne mitspielen – und zeigen, dass Klimaschutz mit Demokratie und sozialer Balance vereinbar ist.

Noch bleibt Zeit bis zum Gipfel in Belém, um nachzulegen. Aber Europa muss aufpassen, nicht in den Schatten Pekings zu geraten. Wer zaudert, der lässt anderen das Feld – und riskiert, dass am Ende Trump mit seiner fossilen Agenda wieder den Ton angibt.

Die Botschaft lautet also: Nicht einschüchtern lassen vom Hoax-Gefasel aus den USA. Nicht zurückfallen in die Fossilpolitik von gestern. Sondern die Chancen nutzen, die Klimaschutz und Energiewende eröffnen – ökologisch wie ökonomisch.