Altkleider, Gebrauchtwagen, ausrangierte Batterien, Elektro- und Elektronikgeräte: In den vielen Tonnen an Gebrauchtwaren, die jedes Jahr hauptsächlich aus Europa nach Afrika verkauft werden, verbirgt sich eine Umweltbelastung, die für Millionen Menschen eine Gesundheitsgefahr darstellt.
Es ist ein Milliarden-Dollar-Markt, doch der dabei anfallende Müll verschlimmert – zusammen mit Plastikabfällen – die Umweltverschmutzung. Allein die Belastung der Luft mit Schadstoffen aller Art sorgt in Afrika für über eine Million Todesfälle pro Jahr.
Länder wie Ruanda, Kenia, Tansania und Uganda, die zur Ostafrikanischen Gemeinschaft gehören, haben bereits ihre Einfuhrbestimmungen verschärft und versucht, den Import von Altkleidern und Kunststoffen zu verbieten, wenn auch mit gemischten Ergebnissen.
Nun aber verlagert sich die Aufmerksamkeit auf die Nutznießer dieses Gebrauchtwarenhandels.
Die erweiterte Herstellerverantwortung, englisch extended producer responsibility (EPR), verpflichtet in Europa und anderswo Hersteller und Händler, Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu übernehmen. Dafür werden Gebühren erhoben. Diese EPR-Gebühren, so die Forderung, sollten auch den Ländern zugutekommen, in die die Produkte zur Wiederverwertung exportiert werden – beispielsweise in Afrika.
"Den Verbrauchern in Europa wird gesagt, dass die EPR-Gebühr für gekaufte Elektronikgeräte oder Autos die Kosten am Ende des Lebenszyklus dieser Produkte decken soll", erklärt Piotr Barczak von der in den Niederlanden ansässigen ACEN Foundation, einer Stiftung des African Circular Economy Network. "Warum wird die Gebühr dann nicht zur Deckung der Kosten verwendet, wenn die Produkte später nach Afrika exportiert werden?", fragt Barczak. "Schließlich fallen diese Kosten dort an."
Barczaks Schwerpunkt ist die Förderung von Elementen der Kreislaufwirtschaft in den afrikanischen Ländern. Er ist einer von zahlreichen Umweltschützern, die für eine fairere Verteilung der EPR-Gebühren eintreten. Aus ihrer Sicht sollte ein Teil der Gebühr den Produkten folgen, die zur Wiederverwendung nach Afrika exportiert werden – um für ihre Behandlung am Ende des Lebenszyklus zu sorgen, einschließlich Sammlung, sichere Demontage und Recycling.
Afrikas Vorschläge für UN-Plastikabkommen ausgebremst
In einer Untersuchung von 2023 hat das Europäische Umweltbüro (EEB) analysiert, was die bisherige Praxis für Afrika bedeutet. Die ACEN Foundation war an der Studie beteiligt.
Demnach entgehen den afrikanischen Volkswirtschaften jährlich geschätzte 340 bis 380 Millionen Euro an EPR-Gebühren für gebrauchte Elektronikgeräte und 295 bis 409 Millionen Euro an EPR-Gebühren für gebrauchte Fahrzeuge. Die Gelder werden in den Exportländern einbehalten.
Dadurch wird den Importländern die finanzielle Unterstützung für das Management dieser Produkte entzogen – obwohl sie dort ihr Lebensende erreichen und gesammelt, zerlegt, repariert, dekontaminiert, recycelt oder endgültig entsorgt werden müssen, so die EEB-Analyse.

Die Daten über die Mengen der zur Wiederverwendung nach Afrika verbrachten Produkte sind lückenhaft. Deshalb lässt sich nur die Größenordnung abschätzen.
Der Handel mit gebrauchten Fahrzeugen ist jedoch einer der größten, gefolgt von Elektronik. Schätzungen zufolge nimmt Afrika mehr als die Hälfte der weltweiten Gebrauchtwagenexporte auf, vor allem aus dem Westen und China, so das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, Unep.
Daneben gelangen auch große Mengen an gebrauchten Textilien sowie Kunststoffe nach Afrika. Während Afrika nur für fünf Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion verantwortlich ist, trägt der Kontinent die enorme Last von einem Viertel der globalen Emissionen aus falsch behandeltem Plastikmüll. Das ergab ein Unep-Report aus dem Jahr 2018, der die globale Kunststoff-Wertschöpfungskette nachverfolgte.
Doch der Vorstoß der afrikanischen Staatengruppe, die Hersteller für die Behandlung von Plastikmüll verantwortlich zu machen, wurde bei den globalen Verhandlungen über ein Plastikabkommen ausgebremst. Die Gruppe hatte darauf gedrängt, dass die für die Kunststoffproduktion verantwortlichen Länder auf umweltfreundliche Alternativen umsteigen und für die Entsorgung ihrer Altlasten auf dem afrikanischen Kontinent aufkommen.
Wachsende Probleme auch mit Altkleider-Importen
Während einige wenige Produkte wie Telefone und Autoteile von lokalen afrikanischen Recycling- und Wiederaufbereitungsunternehmen entsorgt werden können, fehlt es insgesamt an der richtigen Technologie, den Kapazitäten und der Finanzierung.
Ein Beispiel ist Flipflopi, eine in Kenia ansässige ostafrikanische Bewegung gegen die Plastikverschmutzung. Sie betreibt eine Recyclinganlage für Plastik und anderen Müll, der in Gewässern in ganz Ostafrika gesammelt wird. Den Kunststoffmüll verarbeitet das Projekt zu Segelbooten und anderen Produkten.
Mittlerweile sieht sich Flipflopi auch mit einem massiven Zustrom von Secondhand-Kleidung konfrontiert. Bei Müllsammelaktionen hat der Anteil von Altkleidern in den letzten Jahren rapide zugenommen, was direkt auf die Einfuhr von gebrauchten Textilien in die Region zurückzuführen ist.
Dipesh Pabari, einer der Mitbegründer von Flipflopi, erklärt gegenüber Klimareporter°, dass 70 Prozent der gesammelten Textilien nicht wiederverwertet werden können, darunter jene, die sich in den Mangroven verfangen haben.
Nach Angaben der ACEN Foundation existiert bisher nur in 17 von 54 afrikanischen Ländern eine EPR-Politik. Und auch dort erstrecken sich die Anstrengungen zur erweiterten Herstellerverantwortung häufig nicht auf Gebrauchtwarenimporte.
Viele Länder haben wenig bis gar keine Ressourcen für das Sammeln und Behandeln importierter Gebrauchtwaren. Informelle Deponierung und Verbrennung sind daher weit verbreitet.
Umweltschützer glauben, dass die neuen EU-Vorschriften für Abfallausfuhren dazu beitragen können, den Export von Abfällen – vor allem Plastikmüll – aus Europa zu verhindern. Die "Waste Shipments Regulation" ist im Mai 2024 in Kraft getreten, allerdings beginnt der Geltungszeitraum der meisten Bestimmungen erst zwei oder drei Jahre später.