Auto-Friedhöfe in den Straßen, Häuser voller Schlamm, viele davon unbewohnbar, Brücken abrissreif, Bahnstrecken für Wochen und Monate unbenutzbar. Über eine Woche nach den extremen Regenfällen in Südost-Spanien, die über 200 Tote gefordert haben, treten auch die ökonomischen Schäden immer klarer zutage. Genaue Zahlen gibt es natürlich noch nicht, doch es ist schon klar: Es geht um eine hohe zweistellige Milliardensumme.
Die Regierung der Unwetterregion Valencia hat ein erstes Notprogramm mit 136 Maßnahmen im Wert von 31,4 Milliarden Euro angekündigt. Diese Summe entspricht etwa dem gesamten Jahresetat der autonomen Provinz.
Die Zentralregierung in Madrid kündigte zudem "als ersten Schritt" ein Hilfspaket von 10,6 Milliarden Euro an – in Form von Direkthilfen und Bürgschaften für Haushalte und Unternehmen. Absehbar, dass die Kosten am Ende noch deutlich höher sein werden.
Die Handelskammer von Valencia schätzt, dass knapp ein Drittel der Bevölkerung der Provinz von den Folgen des Unwetters betroffen ist, also rund 850.000 Menschen. Nach Schätzungen kostet der Stillstand wegen der Flut die Wirtschaft der Region jede Woche 200 Millionen Euro.
Klimawandel machte Spanien-Flut doppelt wahrscheinlich
Der spanische Versicherungsverband Unespa bewertet die Katastrophe als den größten Schaden durch ein "klimatisches Ereignis", den das Land bisher erlebt hat. Es gebe "eine große Bereitschaft des Versicherungssektors zur Zusammenarbeit, um dieses Ereignis zu bewältigen, dessen Ausmaß wir noch nicht abschätzen können", sagte Unespa-Präsidentin Mirenchu del Valle. Immerhin sei es für die Betroffenen eine gute Nachricht, dass die Provinz Valencia mit 76 Prozent zu den Regionen mit der höchsten Versicherungsquote gehört.
Inzwischen gibt es kaum noch einen Zweifel, dass die Erderwärmung einen großen Anteil an der Katastrophe hatte. Eine Schnellanalyse der Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA) unter Leitung der Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London hat ergeben, dass sie die schweren Regenfälle verglichen mit einem noch nicht aufgeheizten Klima doppelt so wahrscheinlich und um zwölf Prozent intensiver gemacht hat.
Otto hat die WWA 2014 mitgegründet, die seither zahlreiche Attributionsstudien zu Ereignissen wie starken Trockenheiten, Hitzewellen und Überflutungen vorlegte – zumeist mit dem Ergebnis, dass der Einfluss des erhöhten Treibhausgas-Anteils in der Atmosphäre nachweisbar war.
Das passt zu den einschlägigen Untersuchungen der Weltorganisation für Meteorologie. Laut der WMO hat sich die Zahl der Extremwetterereignisse global seit 1970 in etwa verfünffacht, die daraus entstehenden Kosten haben sogar um den Faktor sieben zugenommen.
WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo erläuterte vergangene Woche, der weltweite Wasserkreislauf habe sich aufgrund des generellen Temperaturanstiegs beschleunigt, zudem sei er unregelmäßiger und unvorhersehbarer geworden. "Wir stehen zunehmend vor dem Problem, entweder zu viel oder zu wenig Wasser zu haben", sagte sie.
Konservative Kostenschätzungen
Laut einer Studie von 2023 lebt knapp ein Fünftel der Weltbevölkerung, das sind rund 1,6 Milliarden Menschen, mit einem hohen Risiko von Wetterextremen. Die ökonomischen Schäden durch klimabedingte Katastrophen taxiert die Analyse eines neuseeländischen Forschungsteams für die ersten beiden Jahrzehnte dieses Jahrhunderts auf etwa 2.860 Milliarden US-Dollar, also im Schnitt gut 140 Milliarden pro Jahr.
Wobei dieser Wert, der auf offiziellen Angaben beruht, zu niedrig liegen dürfte. Das Team betont, die Datenlage gerade in den bisher besonders betroffenen Entwicklungsländern sei mangelhaft, zudem würden oftmals indirekte ökonomische Kosten nicht einbezogen.
Auch in der Europäischen Union liegen die Schäden hoch, und sie steigen offenbar. Die finanziellen Verluste durch klimabedingte Extremereignisse zwischen 1980 und 2023 werden laut der Europäischen Umweltagentur EEA in Kopenhagen auf 738 Milliarden Euro geschätzt, wobei allein die Jahre 2021 und 2022 mit 112 Milliarden zu Buche schlugen.
Wie dramatisch solche Katastrophen sein können, zeigte sich zum Beispiel in Deutschland in den extremen Hitze- und Dürrejahren 2018 und 2019. Die Schäden wurden hierfür in einer Prognos-Studie für das Bundeswirtschaftsministerium auf 35 Milliarden Euro geschätzt.
Noch verheerender waren die Megafluten an Ahr und Erft im Juni 2021. Hier starben über 180 Menschen, und die Schäden beliefen sich auf rund 40 Milliarden Euro. Die aktuelle Katastrophe in Spanien übertrifft das bereits bei den Opferzahlen, und auch die wirtschaftlichen Schäden werden sicher darüber liegen.
"Das Klima zu schützen kostet uns viel weniger"
Die Lehre daraus ist, dass die Klimaschäden zunehmend die ökonomischen Bilanzen der Nationen belasten. Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) aus diesem Frühjahr unterstreicht das.
Danach müsste die Weltwirtschaft aufgrund des Klimawandels bis 2050 bereits mit einem Einkommensverlust von 19 Prozent, das entspricht 38 Billionen Dollar, gegenüber einer Entwicklung ohne globale Erwärmung rechnen, selbst wenn die Treibhausgasemissionen ab heute drastisch reduziert würden.
Südasien und Afrika sind danach am stärksten betroffen, aber auch in Europa und Nordamerika sind die Verluste hoch – etwa durch geringere landwirtschaftliche Erträge, sinkende Arbeitsproduktivität oder Schäden an der Infrastruktur. Nicht einberechnet sind hier die Folgen von Ereignissen wie Stürmen oder Waldbränden.
Wegen der bereits erfolgten Klimaerwärmung seien dringend mehr Anpassungsmaßnahmen nötig, sagte PIK-Forscherin Leonie Wenz, die die Studie leitete. Gleichzeitig müssten die CO2-Emissionen "drastisch und sofort" reduziert werden.
Andernfalls würden die wirtschaftlichen Verluste nach 2050 weiter ansteigen und zum Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen. Wenz: "Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun."
Redaktioneller Hinweis: Klimaforscherin Friederike Otto gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.