Die Herstellung von Fleisch und Wurst belastet die Atmosphäre fast doppelt so stark wie der gesamte Anbau von Obst, Gemüse und Feldfrüchten. (Bild: Engin Akyurt/​Pixabay)

Ernährungsfachleute raten dringend, weniger Fleisch zu essen. Aber auch aus Klimaschutz-Sicht ist es wichtig, den Konsum von Fleisch- und Milchprodukten herunterzufahren, den Speisezettel also stärker pflanzenbasiert umzuschreiben.

Eine Untersuchung zeigt allerdings, wie schwierig es ist, die "Fleischesser" zu solch einer Veränderung zu bewegen. Vor allem Männer, Menschen aus älteren Geburtsjahrgängen – die sogenannten Babyboomer – und solche mit niedrigem bis mittlerem Bildungsniveau zeigen sich hier hartleibig.

Der Anteil von Personen, die sich komplett vegetarisch oder vegan ernähren, ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Er macht hierzulande inzwischen gut acht Prozent der Bevölkerung aus. Alle Deutschen zu einer solchen Ernährung bewegen zu wollen, ist allerdings unrealistisch.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät jedoch seit Langem, den Fleischkonsum auf etwa die Hälfte zu verringern und auch weniger Milchprodukte zu essen. Die Zielmarke für Fleisch liegt bei maximal 300 Gramm pro Woche, was etwa zwei kleinen Schnitzeln entspricht, hinzu kommen pro Tag bis zu 400 Gramm Milch oder Milchprodukte.

DGE‑Präsident Bernhard Watzl kommentierte diese Empfehlungen im vorigen Jahr so: "Wenn wir uns gesund ernähren und gleichzeitig die Umwelt schonen wollen, müssen wir unsere Ernährung jetzt ändern."

Ärztlicher Rat und günstige Preise können Fleischfans bekehren

Die Universität Bamberg und das Immanuel-Krankenhaus Berlin haben nun gemeinsam untersucht, ob und unter welchen Bedingungen Fleischesser bereit wären, auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung umzusteigen. Das Fazit der Hauptautorin der Studie, Judith Lehmann, fällt ziemlich ernüchternd aus. Die Bereitschaft für einen Wechsel zu pflanzenbasierter Ernährung sei "generell eher gering", sagte die Soziologin aus Bamberg.

Am ehesten noch offen für eine solche Umstellung seien Frauen, Menschen aus jüngeren Geburtsjahrgängen (Generation Z und Millennials) sowie solche mit höherem Bildungsniveau. Die Daten für die Studie stammen aus einer Online-Umfrage zu Medizinthemen, an der rund 4.000 möglichst repräsentativ ausgewählte Personen zwischen 18 und 75 Jahren teilnahmen.

Aber was kann unter solchen Bedingungen am ehesten motivierend wirken, die Ernährung doch umzustellen? Die vielversprechendste Maßnahme, um auch skeptische Personen anzusprechen, sind laut der Studie entsprechende Empfehlungen von Ärztinnen und Ärzten. Motto: mindert das Risiko von Krankheiten, macht das Leben gesünder.

Positiv wirkt sich auch aus, wenn die Pflanzen-Produkte günstig angeboten werden, was bekanntermaßen heute bei veganen "Alternativ-Produkten" zu Fleischwaren oft nicht der Fall ist. Ebenfalls motivierend ist es, wenn es eine gute Veggie-Infrastruktur mit entsprechenden Angeboten in Restaurants, Mensen, Cafeterien und Supermärkten gibt.

Soziologisches Dilemma

Insgesamt zeigt die Untersuchung: Es müssen alle Kanäle genutzt werden, um für die Ernährungswende etwas zu bewegen. Die ärztlichen oder auch wissenschaftlichen und politischen Empfehlungen sprechen eher die schwer erreichbaren Gruppen wie Männer und die Babyboomer an, günstige Preise für pflanzliche Produkte motivieren besonders Frauen und Haushalte mit einem Einkommen von unter 2.000 Euro pro Monat.

Positiv dabei: Verfestigt sich ein Trend zu mehr fleischarmer Ernährung und wird er auch sichtbar, nimmt also die Zahl der "alternativen" Esser zu, strahlt das auf andere ab. Dies könne vor allem die Ernährungsentscheidungen von Befragten mit niedrigerem Bildungsniveau beeinflussen, so die Studie.

 

Soziologin Lehmann sieht aber auch ein Dilemma. Um den durchschnittlichen Fleischkonsum in Deutschland möglichst schnell zu senken, müssten vor allem Gruppen angesprochen werden, die sowieso schon sehr gesundheitsbewusst leben und dadurch leichter vom Umstieg überzeugt werden können.

Sie sind offenbar eher bereit, vom Schnitzel auf die vegane Alternative umzusteigen – und das häufig. "Es kann aber dazu führen, dass auch gesundheitliche Ungleichheiten zwischen gesellschaftlichen Gruppen größer werden", warnt sie.

Lehmann hält es daher für erfolgversprechend, insbesondere die Hausärzte einzuspannen, um die skeptischen Viel-Fleischesser doch zum Umstieg zu motivieren – "weil ein Vertrauensverhältnis besteht".

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