
Seit 1999 gibt es die Ökosteuer, die auf Sprit und Heizenergie erhoben wird, seit 2021 die CO2-Bepreisung. Ziel ist es, die Umwelt- und Klimakosten der fossilen Energien in den Preisen sichtbar zu machen.
Allerdings kann das zu sozialen Schieflagen führen, weil ärmere Haushalte die höheren Energiekosten deutlich stärker spüren als reichere. Das Umweltbundesamt (UBA) hat daher Leitlinien für eine sozial gerechte Umwelt- und Klimapolitik entwickelt.
Ein wichtiger Punkt dabei: die Einführung eines sozial gestaffelten Klimageldes. Nur: Die neue Bundesregierung hat sich just gegen dieses Instrument entschieden.
Laut der UBA-Studie "Eckpunkte einer sozialen Umwelt- und Klimapolitik" haben einkommensstarke Haushalte in der Regel einen größeren CO2-Fußabdruck und einen höheren Ressourcenverbrauch als der Durchschnitt, wegen der meist größeren Wohnfläche, mehr Mobilität und Konsum. Dies gilt laut früheren Studien übrigens auch für "grüne Milieus".
Derweil sind Menschen aus ärmeren Haushalten eher von Umweltbelastungen betroffen, sie wohnen zum Beispiel häufiger an stark befahrenen Straßen mit hoher Schadstoff- und Lärmbelastung. Hinzu kommt: Positive umweltpolitische Maßnahmen, wie die Verteuerung der Energie, können unbeabsichtigte soziale Folgen haben.
Faire Lastenverteilung
Eine sozial gerechte Umweltpolitik setzt laut UBA deswegen auf eine faire Lastenverteilung. Ärmere Haushalte, die wenig finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um in energetische Sanierung oder die Anschaffung eines E‑Autos zu investieren, bräuchten hierfür gezielte Unterstützung.
Das könne durch höhere staatliche Zuschüsse für klimafreundliche Heizungen und die Energiesanierung von Häusern, durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder aber durch direkte finanzielle Kompensation geschehen – wie eben das Klimageld oder ein vergünstigtes Deutschlandticket.
Haushalte mit geringen bis mittleren Einkommen sollen laut der Untersuchung durch folgende Maßnahmen gezielt entlastet werden:
- direkte Zuschüsse für klimafreundliche Heizungen, Gebäudesanierungen oder Elektroautos aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung
- Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und Einführung eines vergünstigten Deutschlandtickets für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen
- zusätzliche Angebote für zielgerichtete Energiesparberatungen für Haushalte
- direkte finanzielle Unterstützung, wo Anpassung an zusätzliche Belastungen nicht möglich ist, etwa durch die Einführung eines sozial gestaffelten Klimageldes
CO2-Preis könnte auf das Siebenfache steigen – oder auch nicht
UBA-Präsident Dirk Messner sagte dazu, Umwelt- und Klimaschutz müssten für alle Menschen machbar und bezahlbar sein. Eine sozial gerechte Umweltpolitik sei der Schlüssel für eine erfolgreiche ökologische Transformation. "Nur wenn wir allen Menschen ermöglichen teilzuhaben, können wir unsere ambitionierten Umwelt- und Klimaziele erreichen", so Messner.
Ein Hauptautor der Studie, Dirk Arne Heyen vom Öko-Institut, ergänzte, eine soziale Umweltpolitik müsse Kosten und finanzielle Mittel zur Unterstützung möglichst gerecht verteilen und "dabei die unterschiedliche Belastbarkeit und Anpassungsmöglichkeit der Menschen" berücksichtigen. Neben dem Öko-Institut waren an der Studie auch der Thinktank Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) beteiligt.
Es gilt als sicher, dass die neue Bundesregierung die Förderung etwa von Heizungsumstellung und Gebäudesanierung trotz der angekündigten Abschaffung des von der Vorgängerregierung novellierten "Heizungsgesetzes" weiterführen wird. Bei den Heizungen, etwa Wärmepumpen, gibt es bisher sozial gestaffelte Zuschüsse von bis zu 70 Prozent.
Das Klimageld-Konzept zur Rückerstattung der CO2-Kosten an die Bürgerinnen und Bürger, das von der Ampel geplant und auch von der SPD befürwortet wurde, schaffte es wegen des Widerstands der Union jedoch nicht in den Koalitionsvertrag.
Der nationale CO2-Preis für Kraft- und Brennstoffe betrug bei der Einführung 2021 zunächst 25 Euro pro Tonne CO2, zurzeit sind es 55 Euro. Ab 2027 soll sich der CO2-Preis dann EU-weit gemäß Angebot und Nachfrage auf dem Markt bilden. Aktuelle Studien ermittelten unterschiedliche Preise, die von 51 bis zu 391 Euro im Jahr 2030 reichen.
Die Merz-Regierung will als Alternative den Strompreis generell um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde heruntersubventionieren – über eine Absenkung der Stromsteuer, der Netzentgelte und weiterer Umlagen. Das trifft bei Klimageld-Verfechtern auf Kritik, weil dabei bessergestellte Haushalte mit hohem Stromverbrauch im Schnitt stärker profitieren als ärmere.
In anderen Ländern wie Österreich, der Schweiz und Kanada gibt es ein Klimageld bereits seit Jahren. Österreich hat es jetzt jedoch gestoppt, als Beitrag zur Haushaltsumschichtung.