Schlafende Frau in einem Bett mit weißem Bettzeug.
Steigende Temperaturen wirken sich vor allem für Frauen negativ auf die Schlafdauer und damit auf die Gesundheit aus. (Foto: Pedro Simões/​Wikimedia Commons)

Einen kühlen Kopf bewahren – das ist besonders wichtig, wenn wir schlafen. Unser Körper senkt seine Temperatur, wenn wir müde werden. Schlafforscher:innen sehen darin einen essenziellen Bestandteil unserer Nachtruhe.

Allerdings stört die globale Erwärmung diesen wichtigen Mechanismus, warnen Datenanalyst:innen um Kelton Minor von der Universität Kopenhagen. Laut dem Team liefert ihre am Freitag im Fachjournal One Earth erschienene Studie erste globale Hinweise darauf, dass die gestiegenen Temperaturen unseren Schlaf beeinträchtigen.

Den Modellierungen zufolge könnten daraus bis zum Ende des Jahrhunderts durchschnittlich 50 bis 60 Stunden weniger Schlaf pro Jahr werden.

Das Team um Minor verknüpfte Fitnesstracker-Daten mit Wetterdaten. Insgesamt handelt es sich um sieben Millionen aufgezeichnete Nächte von knapp 50.000 Menschen in 68 Ländern. Stieg die minimale Außentemperatur in der Nacht auf über zehn Grad Celsius, beobachteten die Wissenschaftler:innen negative Auswirkungen auf das Schlafverhalten.

Die National Sleep Foundation in den USA empfiehlt eine Schlafdauer von sieben bis neun Stunden für Erwachsene. Wird diese regelmäßig unterschritten, kann die körperliche und psychische Gesundheit leiden. Dazu gehören Herz-Kreislaufstörungen, ein geschwächtes Immunsystem, aber auch eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit und aggressiveres Verhalten.

In der Kopenhagener Studie erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, weniger als sieben Stunden zu schlafen, um 3,5 Prozent, wenn die Temperaturen in der Nacht 25 Grad nicht unterschritten.

Was zunächst nach wenig klingen mag, hat große Folgen, wenn man es landesweit oder global betrachtet. Allein in Deutschland bekämen in solchen Nächten rund vier Millionen Menschen wegen der hohen Temperaturen zu wenig Schlaf.

Unterschiede nach Geschlecht, Einkommen und Alter

Allerdings betreffen die Auswirkungen nicht alle gleich. Frauen schlafen in heißen Nächten noch weniger als Männer. Bei älteren Menschen ist der Effekt fast doppelt so groß. Sieht man sich die Bevölkerung von Ländern mit niedrigem Einkommen an, verdreifacht sich der schlechte Einfluss hoher Temperaturen auf den Schlaf.

Das Team um Minor versuchte abzuschätzen, wann der klimawandelbedingte Schlafmangel eingesetzt hat und wie sich die steigenden Temperaturen in Zukunft auf unser Schlafverhalten auswirken werden. Dazu verrechnete es die Fitnesstracker-Daten mit den Prognosen des Weltklimarats zur Erderwärmung.

Interessant ist, dass laut den Modellierungen ein Großteil der Schlafreduktion schon zu Beginn des 21. Jahrhunderts stattgefunden haben soll, also vor zwei Jahrzehnten. Die Statistiker:innen schätzen, dass Menschen aufgrund hoher Temperaturen schon heute im Schnitt 44 Stunden pro Jahr weniger schlafen, was zu ungefähr elf zusätzlichen Nächten führt, die kürzer als sieben Stunden sind.

Aufgrund früherer Forschung im Schlaflabor ging man bisher davon aus, dass sowohl zu kalte als auch zu warme Nächte den Schlaf gleichermaßen beeinträchtigen. "In unserer globalen Studie zeigen wir aber, dass sich die Menschen unter normalen Lebensbedingungen offenbar viel besser an kältere Außentemperaturen anpassen können als an heißere", sagt der Datenspezialist Minor.

Denn obwohl die Versuchspersonen mit den Fitnesstrackern alles tun konnten, um die nächtlichen Temperaturen angenehmer zu gestalten, schliefen sie bei heißem Wetter später ein und wachten früher auf.

Mechanismen der Klima-Ungerechtigkeit

"Höhere Temperaturen beeinträchtigten den Schlaf auch stärker in wärmeren Klimazonen, wo wir eigentlich erwarteten, dass die Menschen besser daran angepasst sind", so Minor. "Schlaf könnte deshalb ein wichtiger physiologischer Aspekt der globalen umweltbezogenen Ungleichheit sein."

Der tatsächliche Effekt ist wahrscheinlich noch größer als von den Wissenschaftler:innen der Universität Kopenhagen prognostiziert, weil weltweit gesehen vorwiegend Jüngere und Wohlhabende Fitnesstracker tragen und die für die Berechnungen gespendeten Daten somit in diese Richtung verzerrt sind.

Hinzu kommt, dass ärmere Menschen weniger finanzielle Möglichkeiten haben, die Temperaturen in der Nacht zu senken. Deshalb bräuchte es laut Minor politische Maßnahmen, die diese Ungerechtigkeiten ausgleichen.

"Ohne politische Unterstützung könnten diejenigen, die sich eine Klimaanlage leisten können, die Abwärme ihres Gebäudes einfach auf diejenigen abwälzen, die es sich nicht leisten können, sich anzupassen", sagt der Analyst.

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