Kuckucksuhren hängen dicht nebeneinander an einer Holzwand.
Aufgeräumte Landschaften mit gesunden deutschen Familien: Dieses Naturverständnis ist auch heute Teil von rechtspopulistischen Programmen – die Realitäten der Globalisierung haben darin keinen Platz. (Foto: Regina Basaran/​Pixabay)

Auf den Florida Keys steigt der Meeresspiegel. Immer häufiger überfluten king tides – große Flutwellen – Straßen und Wassergrundstücke auf der Inselkette. Immer zerstörerischer sind die Wirbelstürme, die das Paradies am südlichen Zipfel der USA heimsuchen. Für die Inseln ein Untergang auf Raten: Keller von Luxusvillen laufen voll, Einwohner kommen nicht mehr zu ihren Häusern, die Vegetation stirbt ab, weil das Meerwasser nicht ablaufen kann, die Süßwasservorräte sind in Gefahr. Die rund 200 Koralleninseln vor Floridas Küste kämpfen mit dem Klimawandel.

Doch weder Politik noch Bewohner wollen das wahrhaben. Der republikanische Senator Marco Rubio hält Klimaschutz für eine Verschwendung von Steuergeld, die Klimaveränderungen seien nicht vom Menschen verursacht. Selbst unter den betroffenen Hausbesitzern und in der Tourismusbranche ist Verdrängung und Skepsis angesagt.

Das könnte auch an den Medien liegen, die kaum zur Aufklärung beitragen: Die Hauptnachrichten der wichtigsten Fernsehsender CBS, NBC, ABC und Fox berichteten laut der US-Initiative Media Matters for America im Jahr 2015, also noch unter Präsident Obama, durchschnittlich 37 Minuten über den Klimawandel – an allen 365 Tagen zusammengenommen. Im Jahr darauf waren es nur noch 12,5 Minuten.

Doch seit jeher ist das Leugnen des menschengemachten Klimawandels in den USA vor allem in rechtskonservativen Kreisen stark verbreitet. Kein Zufall also, dass der jetzige Präsident Donald Trump aus dem Paris-Abkommen aussteigen will. Rechte Kräfte auf der ganzen Welt sehen in ihm ein Vorbild. So drohte der frisch gewählte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro ebenfalls damit, aus dem Abkommen auszusteigen.

Auch in Europa mehren sich die Stimmen rechter Politiker, die Klimaschutz offen bekämpfen.

Feindbild Umweltbewegung

Das rechte Rollback in der Politik wird auch hierzulande von einem Erstarken der Klimaleugner begleitet. In Deutschland gehört es in der neurechten Szene zum Selbstverständnis, den Klimawandel für Fake News der "Lügenpresse" zu halten – für eine angeblich von den Medien und dem "grün-industriellen-Komplex" verbreitete Legende.

Dahinter stecken neben der AfD auch Bürgerbewegungen, die gegen Globalisierung und Einwanderung genauso kämpfen wie gegen Klimaschutz – genau wie Trump in den USA. Ihr ideales Deutschland ist ein Land ohne Migranten und ohne Klimapolitik, mit deutschen Einfamilienhäusern, Kohle- und Atomkraftwerken.

Migrations- und Klimapolitik sind für Neurechte untrennbar verbunden. So haben Administratoren von Online-Gruppen wie "Gründungsgruppe gegen EEG", "Gegenwind Deutschland" oder "Klima-Alarm vs. Realität" oftmals eine große Nähe zur AfD. Viele der Betreiber sind entweder selbst offen in der Partei aktiv oder unterstützen deren politische Positionen. Aber auch in Gruppen ohne expliziten Umwelt-, aber mit klarem AfD-Bezug, darunter "Klartext vernetztes Vaterland" mit über 32.000 Mitgliedern oder die "Libertäre Initiative" mit rund 4.500 Mitgliedern, ähneln sich die Argumente zur Umweltpolitik.

Stets geht es um eine ablehnende Haltung gegenüber den sogenannten "Machteliten" – der Regierung und allen Parteien im Bundestag außer der AfD – sowie der Wissenschaft.

Die Rechtsextremismus-Expertin Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein hat Argumentationsmuster und Reflexe von Rechtsextremen und AfD-Anhängern untersucht. Während der Naturschutz in das Bild einer intakten Heimat passt, wurden Umwelt- und Klimaschutz historisch als Anliegen in der Linken geboren. "Umweltschutz wird bei Hippies und Grünen verortet – mit ihren Ideen und ihrem Auftreten waren und sind sie bei der Rechten verhasst", sagt Küpper.

Während die Umweltbewegung auf das große Ganze schaue, fehle rechten Naturschützern die globale Perspektive ebenso wie das Verständnis für Komplexität. "Der Rechtspopulist sucht sein Heil im Einfachen und überschaubaren Nationalen: Er verspricht, den Kleinbürger vor dem Eindringen des Komplexen, des Fremden, des Neuen und Unübersichtlichen zu schützen und zugleich seine Privilegien zu verteidigen", so Küpper. Die AfD biete ihren potenziellen Wählern genau diese Mischung an und hole sie bei ihren Einstellungen ab.

Den Zusammenhang zwischen autoritären und umweltschutzfeindlichen Einstellungen hat auch der Koblenzer Umweltpsychologe Gerhard Reese ausgemacht. Er bestätigt die in der Forschung vorrangig bestehende These, dass Menschen mit einem ausgeprägt rechten und autoritätsfixierten Weltbild eher wenig für den Umweltschutz übrig haben.

Einige Studien aus dem englischsprachigen Raum haben sogar ergeben, dass Anhänger autoritärer Einstellungen der Umweltbewegung extrem ablehnend gegenüberstehen. Auch Reese glaubt, dass umweltfeindliche Einstellungen vor allem jene haben, die besonders aggressiv gegen Normabweichungen vorgehen: "Je aggressiver die Teilnehmer gegenüber sozial abweichendem Verhalten waren, desto weniger umweltfreundlich waren sie eingestellt."

Einfache Antworten auf komplexe Fragen

Spannend ist auch die aktuelle Naturbewusstseinsstudie, die vom Bundesamt für Naturschutz herausgegeben wird. Dort werden auch Milieus unter die Lupe genommen, die zum klassisch rechten Wählerspektrum gehören.

Das "prekäre Milieu" beschreibt die Studie als "die teilhabe- und orientierungssuchende soziale Unterschicht", die sich wenig Gedanken über Umweltbedrohungen mache, weil sie zu stark mit den eigenen Problemen beschäftigt sei: "Ein Zusammenhang zwischen Umweltpolitik und der Verbesserung der eigenen Lebensqualität wird kaum gesehen."

Diese Gruppe spricht die AfD beispielsweise an, indem sie den Klimaschutz als Geldverschwendung beschreibt. Mit dem verschwörungstheoretischen Bild einer korrupten Wissenschaft schüren Klimaleugner zudem die Verbitterung sozial benachteiligter Menschen und eine neue Wissenschaftsfeindlichkeit.

Das Milieu der "Traditionellen" ist hingegen laut Studie "die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- und Nachkriegsgeneration". Ebenso wie beim konservativ-etablierten Milieu und auch Teilen der bürgerlichen Mitte sieht die Studie in diesem Milieu ein Unbehagen gegenüber Wandel und Veränderung.

Im Gegensatz zum prekären Milieu gehört aber ein gewisses Naturverständnis sozusagen zum guten Ton: "Im eigenen Garten sein oder im (Stadt-)Wald spazieren gehen, Natur steht für dieses Milieu für Harmonie und Ruhe, was ihnen – angesichts einer komplexer werdenden Welt – Sicherheit und Halt verspricht."

Jedoch beschränkt sich diese Wahrnehmung nur auf das lokale Umfeld. Traditionelle wie Prekäre kritisieren laut Studie zusammen mit den Hedonisten am stärksten die Energiewende und sind unterdurchschnittlich ökologisch engagiert. Dagegen hielten Befragte mit hohen Bildungsabschlüssen die Energiewende überdurchschnittlich oft für richtig. Wieder ganz hinten in der Statistik sind das prekäre Milieu und die Traditionellen.

Rechte Bewegungen und Parteien bremsen demnach beim Klimaschutz, um ihre Wählerschaften zu bedienen. Wie bei der Migration geben sie einfache Antworten auf komplexe Fragen der Globalisierung. Ihr Programm: Augen und Ohren verschließen und sich vom Wandel abschotten – um eine scheinbar heile Welt zu erhalten, die es so nie gegeben hat.

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