Militärische Emissionen sind ein großer schwarzer Fleck in der Klimaforschung. Da die meisten Länder mit Verweis auf Sicherheitsbedenken die Treibhausgasemissionen ihres Militärs gar nicht oder nur unvollständig mitteilen, ist die Datengrundlage denkbar schlecht.

Bis heute beruht die Erfassung von Militäremissionen auf Freiwilligkeit. Als 1997 das Kyoto-Protokoll die Industrienationen erstmals verpflichtete, über ihre jährlichen Treibhausgasemissionen zu berichten, wurden – nicht zuletzt auf Druck der USA – die Emissionen der Streitkräfte explizit ausgeschlossen.

 

Dieser Passus ist im Pariser Klimaabkommen nicht mehr zu finden. Aber das Abkommen verpflichtet Länder auch nicht, Militäremissionen zu erfassen. De facto besteht die Lücke also fort.

Mithilfe unabhängiger Schätzungen kommt nach und nach etwas Licht ins Dunkel. Es gibt eine internationale Bewegung aus verschiedenen Initiativen und unabhängigen Forschungseinrichtungen, die Länder zunehmend auch für ihre Konflikt- und Militäremissionen zur Verantwortung ziehen wollen.

So veröffentlichte ein Team aus Großbritannien und den USA Ende Mai dieses Jahres auf der Plattform SSRN seine dritte Analyse zu den Klimakosten des Gaza-Krieges. Darin betrachten die Autor:innen die ersten 15 Monate und beziffern die Emissionen auf 32 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das entspricht in etwa dem Jahresausstoß von Hessen.

Besonders ins Gewicht fällt laut der Analyse der notwendige Wiederaufbau Gazas nach Ende des Krieges. Über 400.000 Wohnungen hatten die israelischen Angriffe bis Januar 2025 zerstört, außerdem zahlreiche Schulen, Kliniken und einige Kilometer Straßeninfrastruktur.

Die direkten Konfliktemissionen innerhalb der 15 Monate schätzen die Autor:innen auf rund 1,9 Millionen Tonnen. Diese gingen überwiegend auf US-Waffenlieferungen mit Frachtflugzeugen, die israelischen Luft- und Bodenoffensiven und die 70.000 Lkws mit Hilfsgütern für die Bevölkerung in Gaza zurück.

Die Analyse basiert auf öffentlich zugänglichen Daten, Schätzungen und Hochrechnungen. Sie zeichne nur ein unvollständiges und vermutlich konservatives Bild der Konfliktemissionen, schreiben die Forschenden.

Ukraine-Krieg setzte 230 Millionen Tonnen CO2 frei 

Deutlich höher fallen die Schätzungen für die Emissionen des Ukrainekriegs aus. Innerhalb von drei Jahren seien, so eine ebenfalls vor einigen Monaten veröffentlichten Studie, durch den Krieg 230 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt worden. Das ist mehr als ein Drittel der Jahresemissionen von Deutschland.

Im vergangenen Jahr stiegen laut Analyse die Emissionen dabei vor allem durch großflächige Waldbrände als Folge des Kriegsgeschehens. Der größte Klimakiller im Ukrainekrieg sei allerdings die Kriegsmaschinerie selbst.

Nicht erst mit dem Kriegseintritt produziert das Militär enorme Mengen an Treibhausgasen. (Bild: Ilkin Zeferli/​Shutterstock)

Die Panzer, Kampfflugzeuge, Raketen und andere Großverbraucher sind für über ein Drittel der Emissionen verantwortlich. Der Wiederaufbau macht ebenfalls knapp ein Drittel aus, gefolgt von Waldbränden mit einem Anteil von 21 Prozent.

Ebenso wie in Gaza führte der Wiederaufbau die Liste in den ersten zwei Kriegsjahren an. Da die meisten Schäden allerdings laut Studie in den ersten Wochen und Monaten entstanden sind und die Emissionen der Kriegsführung stetig stiegen, hat diese mittlerweile den Spitzenplatz übernommen.

Es ist bereits der fünfte Bericht, den die Initiative on GHG Accounting of War gemeinsam mit dem ukrainischen Umweltministerium und dem Umweltverband Ecoaction vorgelegt hat.

Mehr als 110 bewaffnete Konflikte gebe es derzeit weltweit, sagte Lennard de Klerk, niederländischer Klimaforscher und Leitautor des Berichts. "Wir wissen nach wie vor viel zu wenig darüber, wie diese Konflikte unser Klima beeinflussten."

US-Militär wäre als eigenes Land an 47. Stelle

Die Armeen dieser Welt produzieren natürlich nicht erst Treibhausgasemissionen, sobald sie in einen Konflikt eintreten. "Wäre das US-Militär ein eigenes Land, stünde es an 47. Stelle der weltweit größten Emittenten", heißt es in einer gerade erschienenen Studie im Fachmagazin Plos Climate.

Dabei stützen sich die Forschenden auf Angaben des US-Verteidigungsministeriums. Demnach betrugen die Emissionen zwischen 2010 und 2019 rund 636 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Waffentransporte, Militärübungen, Forschung und Entwicklung, die Unterhaltung Tausender Militärstützpunkte weltweit und vieles weitere trugen zu diesem Fußabdruck bei.

Tatsächlich seien diese Zahlen konservativ und unvollständig, schreiben die Autoren, da sie zumindest die Emissionen der gesamten Wertschöpfungskette ausklammern würden. Nicht abgebildet sei also zum Beispiel die Herstellung von Waffen und Fahrzeugen.

In der Studie setzt die Forschungsgruppe um Ryan Thombs, Soziologe an der Pennsylvania State University, die US-Militärausgaben ins Verhältnis zum Energieverbrauch. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass bereits eine bescheidene Verringerung der Mittel einen großen Einfluss auf den Rückgang des Energieverbrauchs hätte.

Das erklären sich die Autoren vor allem damit, dass ein geringerer Militäretat zu Energieeinsparungen führen würde, nicht zuletzt einem deutlich geringeren Kerosinverbrauch.

Die Mittel jährlich um wenige Prozent zu senken, würde demnach bereits ausreichen, um den Energieverbrauch des Militärs stark sinken zu lassen. Schon sechs bis sieben Prozent würden genügen, schreiben die Autoren, um "bis 2032 so viel Energie einzusparen, wie Slowenien jährlich verbraucht".

 

Die Treibhausgasemissionen der Bundeswehr betragen etwa 1,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das bezieht sich auf das Jahr 2022 und ist der aktuellste Wert. 

Ebenso wie bei den Angaben zum US-Militär umfassen auch die deutschen Angaben nicht die Produktion etwa von Waffensystemen. Angesichts der geplanten Aufrüstung dürfte der CO2-Fußabdruck der Bundeswehr in den kommenden Jahren zudem deutlich anwachsen.

Um die von dem US-kanadischen Forschungsteam ebenfalls bemängelte Forschungs- und Datenlücke zu füllen, hat also auch Deutschland noch einiges nachzuholen.