Farbiges fünfstöckiges Passivhaus in Frankfurt-Bockenheim.
Passivhaus in Frankfurt am Main. (Foto: Passivhaus-Institut)

Schlecht isolierte Gebäude sind CO2-Schleudern. Bis zu 160 Kilowattstunden Energie pro Quadratmeter braucht es im Jahr, um ein unsaniertes Einfamilienhaus aus den 1970er Jahren zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen. Das entspricht 15 Litern Heizöl. 

Bei noch älteren Gebäuden kann der Verbrauchswert pro Quadratmeter sogar über 300 Kilowattstunden liegen. Entsprechend hohe CO2-Emissionen werden beim Heizen mit Heizöl oder Erdgas verursacht. Doch das ist heute nicht mehr zeitgemäß – auch der Sektor Wohnen muss spätestens 2050 klimaneutral sein.

Wie das funktioniert, zeigt das in Deutschland in den 1990er Jahren entwickelte Konzept des "Passivhauses", das fast ohne Heizung auskommt und damit eine wahre Revolution im Hausbau darstellte. 

Als der Darmstädter Bauphysiker Wolfgang Feist in einer deutsch-schwedischen Kooperation damals das Konzept der in Skandinavien für Neubauten bereits üblichen "Niedrigenergiehäuser" auf die Spitze trieb, gelang es, den Energieverbrauch extrem abzusenken – auf weniger als 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr.

"Passive" Quellen wie die Sonneneinstrahlung, die Abwärme von technischen Geräten und die Körperwärme der Bewohner decken den Wärmebedarf fast komplett ab – daher der Name. Hauptkennzeichen von Passivhäusern sind Superdämmung sowie Superfenster mit Dreifachverglasung und gedämmten Fensterrahmen, die wenig Wärme nach draußen dringen lassen. 

Dämmung und Wärmerückgewinnung

Die Gebäudehülle ist luftdicht ausgeführt, und es gibt eine automatische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die dicken Wände werden entweder komplett aus gut isolierenden Steinen gebaut oder bestehen aus einer tragenden Konstruktion, etwa aus Stein, Stahlbeton oder Holz, plus einer bis zu 35 Zentimeter starken Dämmung. Diese kann aus Steinwolle, Styropor, Zellulose oder Holzdämmplatten bestehen.

Das erste Passivhaus wurde Anfang der 1990er Jahre als Experimentalhaus im südhessischen Darmstadt gebaut. Feist selbst bezog mit seiner Familie eine der vier Wohnungen des Gebäudes. Inzwischen werden aber nicht nur Wohnhäuser in diesem Standard gebaut, sondern auch Büros, Schulen, Krankenhäuser und sogar ein Kino.

Ein Vorreiter ist Heidelberg. Dort entsteht die größte zusammenhängende Passivhaussiedlung mit 3.700 Wohnungen. Auch Altbauten sind bereits zu Passivhäusern umgebaut worden. Das Konzept lässt sich übrigens an andere klimatische Bedingungen anpassen: Auch in Südkorea oder in den USA stehen mittlerweile solche Energiesparhäuser. 

Inzwischen gibt es noch weiter gehende Konzepte: energieautarke Häuser, die sich dank Solarkollektoren und Wärmespeichern komplett selbst versorgen, oder "Plusenergiehäuser", die sogar mehr Energie produzieren, als in ihnen verbraucht wird. 

"Graue Energie" nicht länger ignorieren

Die größte Herausforderung für den Klimaschutz im Gebäudesektor ist jedoch, den Altbaubestand CO2-neutral zu machen. Zwar ist der Energiebedarf stetig gesunken, seit unter dem Druck der Ölpreiskrisen der 1970er Jahre die erste Wärmeschutzverordnung erlassen wurde, die Doppelglasfenster und Dämmstandards vorschrieb.

Doch die Energiesanierung der Altbauten kam nicht richtig in Schwung. Das "Klimapaket" der Bundesregierung könnte nun einen Schub bringen, denn Heizungsaustausch, effiziente Fenster und Dämmung werden durch Zuschüsse oder Steuerabschreibungen kräftig gefördert. 

Das ist die Lösung! Oder?

Die Welt weiß, wie man die CO2-Emissionen senken kann – sie muss es nur tun. Wir stellen in einer Serie verschiedene Lösungsansätze mit ihren Vor- und Nachteilen vor.

Klimareporter° beteiligt sich damit wie hunderte andere Zeitungen und (Online-)​Magazine weltweit an der Initiative "Covering Climate Now". Anlässlich des 50. Jubiläums des "Earth Day" am 22. April berichten die Kooperationsmedien eine Woche lang verstärkt über Lösungen für die Klimakrise.

Um den Bestand aber wirklich klimaneutral zu machen, muss die Energie aus erneuerbaren Quellen wie Solarkollektoren, elektrischen Wärmepumpen, Holzpellets oder synthetischem Ökogas bereitgestellt werden. 

Zudem deutet sich ein weiterer Umbruch an. Wie viel sogenannte graue Energie benötigt wird, um die Baustoffe herzustellen, spielt bei den gesetzlichen Vorgaben bisher keine Rolle – das sollte sich ändern. "Man bleibt auf einem Auge blind, wenn man nur die Emissionen der Nutzungsphase zählt", sagt Ulrich Wischnath vom gemeinnützigen Verein "Bauwende". 

Besonders die Nutzung von Zement wird kritisch gesehen, weil bei der Herstellung sehr viel CO2 entsteht. So sollten künftig mehr Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz kommen, die zudem CO2 speichern – vor allem Holz.

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