Wärmepumpe an einem Einfamilienhaus.
Eine Wärmepumpe sieht aus wie eine Klimaanlage und funktioniert wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. (Foto: Udo Herrmann/​Shutterstock)

Er ist eines der Sorgenkinder der Energiewende: der Wärmebereich. Während der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromsektor 2019 laut Umweltbundesamt (UBA) auf 42 Prozent anstieg, lag er bei der Wärme bei 14,5 Prozent. Schon seit Jahren stagniert der Anteil bei um die 14 Prozent.

Nach Angaben des Energiebranchenverbands BDEW verbrauchen Heizung und Warmwasser in privaten Haushalten 70 Prozent der Endenergie. Zudem verursache der Wärmesektor 26 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland.

Die repräsentative Studie "Wie heizt Deutschland 2019?" des Verbands kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass seit 2009 über 80 Prozent der Kunden zu einem gasbetriebenen Heizungssystem gewechselt sind. "In rund 275.000 Gebäuden wurden Ölheizungen auf Erdgas umgestellt, in rund 17.000 Gebäuden Öl auf Fernwärme", teilte der BDEW mit.

Über die Hälfte der deutschen Heizungen ist der Studie zufolge mindestens 15 Jahre alt. "Fast jede vierte Heizung ist sogar 25 Jahre alt oder älter", heißt es in dem Papier. Bei diesen Anlagen seien Effizienz und CO2-Emissionen nicht auf dem Stand der Technik.

Klar ist jedoch: Wenn die Energiewende erfolgreich sein soll, muss auch der Wärmesektor vollständig dekarbonisiert werden. Ein Weg, um die Emissionen im Wärmebereich zu senken, ist der Einsatz strombasierter Technologien, zumindest wenn der Strom dafür aus erneuerbaren Quellen stammt.

Infrage kommen dafür zum Beispiel Wärmepumpen. Nach Informationen der Verbraucherzentrale sind Wärmepumpen deutschlandweit bereits die meistgenutzten Energieerzeuger fürs Heizen im Neubau.

Effizienz gefordert

Wie effizient eine Wärmepumpe ist, hängt laut UBA im Wesentlichen von zwei Kennwerten ab: der Leistungszahl und der Jahresarbeitszahl. Die Leistungszahl gibt "das Verhältnis der abgegebenen Nutzwärmeleistung bezogen auf die eingesetzte elektrische Leistung für den Antrieb der Wärmepumpe" an.

Mit der Jahresarbeitszahl wird "das Verhältnis der im Laufe eines Jahres abgegebenen Wärmemenge bezogen auf die eingesetzte elektrische Energie für den Antrieb der Wärmepumpe einschließlich Verdichter und Hilfsantriebe" angegeben.

"Je höher die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe ist, desto energieeffizienter, umweltfreundlicher und kostengünstiger arbeitet sie – und umgekehrt", schreibt das UBA. Wie energieeffizient die Wärmepumpe wirklich ist, hänge davon ab, welche Art der Technologie in welchem Gebäude (Alt- oder Neubau) verwendet wird.

Auch die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass für den sinnvollen Einsatz von Wärmepumpen einige wichtige Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Dazu gehöre ein guter Wärmeschutz. Bei ungedämmten Wänden könne eine Wärmepumpe nicht günstig und klimafreundlich genutzt werden, weil sie dann zu viel Strom benötigt. Es brauche deshalb bei vielen Gebäuden zunächst eine energetische Sanierung.

Am häufigsten würden die "sehr effizienten Erdwärmepumpen" eingesetzt. Die beste Energiebilanz haben laut Verbraucherzentrale jedoch Grundwasserwärmepumpen. Die durchschnittlich schlechteste Bilanz würden dagegen Luftwärmepumpen aufweisen. Aber auch diese könnten bei richtiger Planung effizient arbeiten. Die genannten Systeme gewinnen die Wärme aus dem Erdreich, der Temperatur des Grundwassers oder der Umgebungsluft.

Dass Wärmepumpen auch in älteren Gebäuden sinnvoll und klimafreundlich sein können, hat zudem ein Feldtest des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg ergeben. Dafür wurden 56 bestehende Gebäude mit Wärmepumpen beheizt.

Ergebnis: "Die Geräte funktionierten meist einwandfrei, beim Betrieb kam es nur selten zu Störungen. Die auf Basis der Messungen errechneten CO2-Emissionen lagen im Vergleich zu Erdgas-Brennwertheizungen um 19 bis 57 Prozent niedriger", teilte das ISE im Juli dieses Jahres mit.

"Mit wenig Strom viel Wärme gewinnen"

Wie klimafreundlich die Technologie wirklich ist, kommt auf die jeweilige Anlage und deren Effizienz an, schreibt die Verbraucherzentrale. "Denn Strom kommt immer noch zum großen Teil aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken. Entscheidend ist deshalb, dass mit möglichst wenig Strom möglichst viel Wärme gewonnen wird", so der Verein. Nur bei einer Jahresarbeitszahl größer drei sei der Einsatz einer Wärmepumpe sinnvoll.

Heißt: Je mehr Ökostrom im Strommix ist, desto grüner wird die Wärmepumpe. Allerdings steigt auch der Stromverbrauch aufgrund der Pumpen zusätzlich, was mehr erneuerbare Energien erforderlich macht.

Welches Potenzial in der Technologie steckt, hat das Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC) in einer Studie ermittelt, die im Juni vorgestellt wurde. Auftraggeber war der Bundesverband Wärmepumpe. Demnach liegt der Anteil der Wärmepumpen in deutschen Neubauten bei 43 Prozent.

"Dagegen haben Wärmepumpen in Bestandsgebäuden lediglich einen Anteil von sechs Prozent. Dort wird aber der Großteil neuer Heizungen installiert, weshalb Bestandsimmobilien einen noch deutlich größeren Beitrag leisten können, um die Klimaziele zu erreichen", schreibt PwC. Beim Austausch von Heizungen würden Wärmepumpen allerdings bislang kaum berücksichtigt. Dadurch gehe "enormes Potenzial zur Einsparung wärmebedingter Emissionen verloren".

Die Autoren stellen einen weltweiten Boom der Technologie fest, vor allem in China, Japan und den USA. 2017 seien über 80 Prozent aller Wärmepumpen in den drei Ländern installiert worden, alleine in China etwa 8,1 Millionen. In ganz Europa waren es dagegen nur 1,1 Millionen.

Global habe das Marktvolumen in dem Jahr 48 Milliarden US-Dollar betragen. Bis 2023 könne sich der Wert auf 94 Milliarden Dollar fast verdoppeln. Die internationale Energieagentur IEA rechnet damit, dass bis 2025 rund um den Globus 33 Millionen Wärmepumpen verkauft werden, bis 2030 könnten es fast 60 Millionen sein.

In Deutschland verläuft die Entwicklung laut PwC-Studie "jedoch – selbst im europäischen Vergleich – bisher nur langsam". Nur in 0,23 Prozent der Haushalte waren 2017 Wärmepumpen installiert, Norwegen komme im Vergleich auf 3,4 und Schweden auf 2,3 Prozent.

Deutsche Hersteller auf Export angewiesen

Die deutschen Hersteller setzen deshalb auf Export. "Wir verkaufen etwa 60 Prozent der produzierten Wärmepumpen im Ausland", sagt Kai Schiefelbein, Geschäftsführer des Holzmindener Heizungsherstellers Stiebel Eltron und Vize-Vorstandschef beim Bundesverband Wärmepumpe. Zwar wachse der Markt für Wärmepumpen seit 2016 auch in Deutschland. Die Situation sei jedoch "im weltweiten Vergleich schlecht und im europäischen Vergleich sehr schlecht", so Schiefelbein. Grund seien die aktuellen Energiepreise.

"Deutschland und Belgien sind die Länder in Europa, in denen der Wärmepumpenstrom etwa viermal so viel kostet wie Gas oder Heizöl." Ursache hierzulande seien die staatlichen Preisbestandteile wie Stromsteuer, EEG-Umlage und Netznutzungsgebühren. Sie würden 62 Prozent des Wärmepumpenstroms in Deutschland ausmachen und ihn extrem verteuern. Auf jeder Kilowattstunde Strom lasteten 17 Cent zusätzliche Abgaben, auf einer Kilowattstunde Erdgas dagegen nur drei Cent.

"Die Schwierigkeit für die deutsche Industrie dabei ist, dass man einen guten, stabilen Heimatmarkt braucht, um exportfähig zu sein", erläutert Schiefelbein. Wärmepumpen nennt er den "Wärmeerzeuger der Zukunft". Sie seien im Wärmemarkt weltweit am besten geeignet, die CO2-Emissionen zu reduzieren. "Die Heizungsindustrie wird in 15 Jahren nicht mehr den Löwenanteil ihres Umsatzes mit Gasthermen machen können", prognostiziert der Stiebel-Eltron-Chef.

Damit die deutschen Unternehmen auch zukünftig im globalen Wettbewerb bestehen können, fordert er eine klare Ausrichtung des Heimatmarkts auf die Technologie. "Die Zielszenarien, die für die CO2-Reduktion im Wärmemarkt entwickelt wurden, etwa vom BDI, von der Deutschen Energieagentur oder von Agora Energiewende, laufen mehr oder weniger darauf hinaus, dass es in Deutschland zum Erreichen der Klimaziele zwischen sechs und acht Millionen Wärmepumpen braucht bis 2030."

Um die Untergrenze zu erreichen, müssten ab dem nächsten Jahr mindestens 530.000 Wärmepumpen jährlich installiert werden. "2019 wurden insgesamt 84.000 Wärmepumpen verkauft. Die jährliche Zahl müsste also sprunghaft um den Faktor 6,3 erhöht werden", so Schiefelbein. "Das wäre auch ziemlich sicher möglich." Voraussetzung seien jedoch zwei Dinge.

"Der Strompreis muss sinken"

"Erstens müsste die Energiepreissituation korrigiert werden. Das heißt, die Differenz zwischen Strom- und Gaspreis muss verringert werden." Dazu müssten die Treibhausgasemissionen bei den Energiepreisen angemessen berücksichtigt werden. "Der von der Politik geplante CO2-Preis in Höhe von 25 Euro pro Tonne ist nett und es ist gut, dass ein Einstieg stattfindet. Aber er ist nicht ausreichend, um das Missverhältnis zu beseitigen." Stattdessen würde Schiefelbein einen Einstiegspreis von 100 Euro pro Tonne befürworten.

Und: "Das im Referentenentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgesehene 'Einfrieren' der EEG-Umlage ist zwar besser, als wenn die Umlage weiter stiege – einen spürbaren Effekt hat die Maßnahme aber voraussichtlich nicht. Nötig ist vielmehr ein klares Signal an die Verbraucher, dass der Strompreis in den kommenden Jahren deutlich sinken wird."

Außerdem brauche es in Deutschland einen festgeschriebenen Ausbaupfad im Wärmesektor. Den hätten viele andere Länder in Europa. "Die Bundesregierung müsste sagen, wie viele Wärmepumpen gewünscht sind in welchem Jahr. In dem Moment, in dem das ausformuliert würde, bestünde die Notwendigkeit, diese Absichtserklärung mit Maßnahmenplänen zu hinterlegen. Und dann auch nachzusteuern, wenn es nicht klappt." Für die deutsche Industrie sei es wichtig, dass das Ganze berechenbar ist.

"Wenn die Regierung in einigen Jahren feststellt, dass die Ziele im Wärmemarkt nicht erreicht werden und entsprechende Maßnahmen ergreift, wächst der Markt sprunghaft. Eine Steigerung um den Faktor zehn ist dann durchaus vorstellbar", sagt Schiefelbein. Dann seien asiatische Hersteller im Vorteil, weil sie die entsprechenden Produktionskapazitäten haben. In anderen Märkten würden sie schon derartige Mengen verkaufen. Die deutschen Hersteller würden dagegen ins Hintertreffen geraten, ähnlich wie im Falle der Photovoltaik.

Noch gehe es dem Industriezweig gut, was vorerst wohl auch so bleibe. "Wir werden aber sicher in zehn Jahren ein Riesenproblem haben, weil die Situation dann nicht mehr revidierbar ist", warnt Schiefelbein. "Wir brauchen die Reformen heute, ganz klar."

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