Mit Temperaturen von vielerorts um die 30 Grad beendeten einige Schulen den Unterricht am vergangenen Donnerstag früher als sonst. In Bielefeld etwa, wo der Deutsche Wetterdienst eine amtliche Hitzewarnung herausgegeben hatte, gaben manche Gymnasien und Realschulen Schulklassen mit Ausnahme der Oberstufe hitzefrei.

Auch in der Region Hannover sowie in Salzgitter und Wolfsburg hatten einige Schulen im Vorfeld angekündigt, den Nachmittagsunterricht ausfallen zu lassen.

 

Ob und wann es in Deutschland hitzefrei in Schulen gibt, regelt jedes Bundesland selbst. Oft lassen die Länder die Schulen entscheiden. Diese müssen sich dann zum Teil aber an Kriterien wie etwa Mindestraumtemperaturen orientieren, bevor sie den Unterricht für bestimmte Klassenstufen ausfallen lassen dürfen – und auch dabei gibt es Unterschiede.

Das Fehlen einer einheitlichen Regelung, ab wann an deutschen Schulen hitzefrei gilt, stieß bei Gewerkschaften und Elternvertreter:innen schon früher auf Kritik. Nun kommen nach und nach weitere Forderungen auf.

In einem Spiegel-Interview sprach sich etwa Oliver Hintzen, Schulleiter in Weisenbach bei Rastatt und Landesvize des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) in Baden-Württemberg, Anfang des Monats für bessere Klimaschutzmaßnahmen an Schulen aus.

Das tut auch nach Ansicht weiterer Fachleute not. So sind gerade Kinder eine gegenüber Hitze besonders empfindliche Gruppe. Dennoch gibt es keine generelle Regelung, wie warm es in Klassenräumen maximal werden darf – anders als für Arbeits- oder Sozialräume, wo durch die Arbeitsstättenregel "ASR A3.5 Raumtemperatur" ein Höchstwert von 26 Grad festgelegt ist.

Eine Frage der Finanzstärke

Dabei heizen sich natürlich auch Klassenzimmer stark auf, wenn etwa die Sonne stundenlang durch Fenster brennt, die nicht abgedunkelt sind oder nicht geöffnet werden können.

Landesweit befinden sich viele Schulen in einem schlechten Sanierungszustand, kritisierten im Juni Vertreter:innen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegenüber dem SWR. "Nicht schließende Fenster, keine oder defekte Beschattungsmöglichkeiten sind Beispiele aus Schulen, von denen wir immer hören", sagte GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider dem Sender.

Modernes vierstöckiges Schulgebäude mit einer Außenwandgestaltung aus roten, gelben und weißen Rechtecken.
Gymnasium und Grundschule in Leipzig: Landesweite Hitzefrei-Regeln gibt es auch in Sachsen nicht. (Bild: Andreas Wolf/​Wikimedia Commons)

Um die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen und notwendige Investitionen auszulösen, müsste aus Sicht des Gewerkschafters die Schuldenbremse reformiert werden. Zurzeit entscheide sich die Frage, ob eine Kommune notwendige Sanierungsmaßnahmen anpacken kann, daran, wie reich oder arm sie sei, monierte auch GEW-Landeschefin Monika Stein gegenüber dem SWR.

Hitzefrei indes betrifft nicht alle Schüler:innen. Die gymnasiale Oberstufe und berufliche Schulen etwa sind davon ausgenommen. Auch ist ein womöglich in Zukunft noch häufigerer Unterrichtsausfall wegen Hitze keine Lösung für das Problem, dass Schulen in Deutschland insgesamt zu wenig auf den Klimawandel vorbereitet sind.

Und dabei geht es nicht allein um die Schulgebäude. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Deutsche Kinderhilfswerk kritisieren, dass viele Schüler:innen draußen auf den Pausenhöfen wegen der hohen Versiegelung an heißen Tagen kaum Abkühlung finden.

Forderung nach grünen Schulhöfen

"Es ist erschreckend, dass die meisten der über 32.000 Schulhöfe in Deutschland immer noch aus grauen Asphaltwüsten bestehen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. "In Deutschland gibt es rund neun Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Sie sollten draußen lernen und sich in ihrer Schulpause erholen können, statt der drückenden Hitze ihres Schulhofs ausgeliefert zu sein."

Geht es nach Müller-Kraenner, müssen Schulhöfe in Deutschland dringend entsiegelt und naturnah umgestaltet werden, damit sie Hitze, aber auch Trockenheit oder Starkregen besser abpuffern können. Die DUH fordert dazu verbindliche Regelungen für Mindeststandards bei der Neuanlage und Sanierung von Schulhöfen.

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Kinderhilfswerks, forderte, vor allem beim Ganztagsausbau den Schulhöfen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. "Schülerinnen und Schüler brauchen naturnah gestaltete Außenräume, die einen Aufenthalt und sogar Unterricht an der frischen Luft, in grüner und anregender Umgebung gewährleisten."

Dazu zählt Hofmann auch die Einrichtung "grüner Klassenzimmer" oder Schulgärten, die es ermöglichen, die Natur auf vielfältige Weise zu erleben, und eine hohe Aufenthaltsqualität haben.

 

Umwelthilfe und Kinderhilfswerk fordern nun von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) eine Gesetzesinitiative für grüne Schulhöfe. Bis dahin müssten die Kommunen selbst aktiv werden.

Auf ihrer Website hat die DUH dafür ein Formular eingerichtet, mit dem Eltern, Schüler:innen, Lehrkräfte und weitere Bürger:innen den klimafreundlichen Umbau eines Schulhofs bei der zuständigen Gemeinde- oder Stadtverwaltung einfordern sollen.