In den Medien ist es kaum ein Thema. Und doch findet sich ein wunderschönes Osterei für generationenübergreifende Großfamilien auf Seite 24 des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD. Es geht um diese steuerliche Zusage:
"Die Kosten für energetische Sanierungen ererbter Immobilien werden künftig von der Steuer absetzbar."
Im Blick sind da zwei spezielle Konstellationen. Offenbar nicht gemeint ist der einfache Fall, dass ein Sohn oder eine Tochter die Immobilie der verstorbenen Eltern erbt, diese renoviert und vermietet. Da sind die Aufwendungen für Sanierung selbstverständlich immer schon einkommensteuerlich absetzbar gewesen. Es geht vielmehr um die beiden folgenden Fälle.
Erstens: Die Eltern leben noch in ihrem sanierungsbedürftigen Haus, wollen oder können wegen mangelnden laufenden Einkommens aber nicht mehr vollziehen, was an Arbeiten ansteht und auch zu ihrem Besten wäre. In diesem Fall übertragen sie ihr Haus zu Lebzeiten an die Erben, im sogenannten Nießbrauch.
Im erbrechtlichen Sinne hat der Eigentumsübergang dann stattgefunden. Die Erben können investieren, die Eltern können wohnen bleiben. Die Nachkommen mit typischerweise hohem laufendem Einkommen können sich die Aufwendungen steuermindernd anrechnen, ohne dass die Eltern bei ihnen zur Miete wohnen müssen.

Jochen Luhmann
studierte Mathematik, Volkswirtschaftslehre und Philosophie und promovierte in Gebäudeenergieökonomie. Er war zehn Jahre als Chefökonom eines Ingenieurunternehmens und 20 Jahre am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie tätig. Er ist im Beirat der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler und dort Mitglied der Studiengruppe Europäische Sicherheit und Frieden.
Zweitens: Die Eltern sind verstorben, das erbende Kind übernimmt die Immobilie und bezieht sie mit seiner Familie auch selbst. Es kann nun intensiv investieren und darf anschließend, anders als alle anderen selbstnutzenden Eigentümer, in das modernisierte Haus seiner Eltern, welches nun sein eigenes ist, einziehen, um dort steuerlich begünstigt in der nächsten Generation zu wohnen.
Es handelt sich bei der koalitionären Einigung um eine einkommensteuerliche Entlastung, die vor allem im oberen Drittel der Einkommen zu Buche schlägt, die also umstritten ist, und die voraussichtlich Kosten im Milliardenbereich mit sich bringt.
Ummäntelt ist das mit einem guten Zweck. Wem würde nicht zu Herzen gehen, mit einem solchen Steuer-Konstrukt den familiären Zusammenhalt und die Bindung an die heimatliche Scholle gestärkt zu sehen. Das dürfte eine Gabe sein, die die Unionsparteien von der SPD erwartet haben. Sozial gesehen ist die Regelung aber asymmetrisch: Familien mit Immobilienbesitz werden begünstigt.
In der Vorlage der zuständigen Arbeitsgruppen der Koalitionsparteien war diese Zusage an Immobilienerben noch nicht enthalten. Sie muss also durch die 19er-Verhandlungsgruppe hineingekommen sein, in einem sehr hochrangigen Konsens somit.
So ist das immer in der Abschlussphase komplexer Verhandlungen: Auf den letzten Metern wird etwas hineingedrückt, was wegen des Umfangs des Vertragswerks kaum gesehen wird und woran auch keine öffentliche Aufmerksamkeit noch etwas ändern kann. Also geht es unter.