Einen Punkt bei der Energiewende hat Hannover erledigt, und zwar als erste Kommune in Niedersachsen: Bereits Ende Juli wurde der Entwurf für eine kommunale Wärmeplanung veröffentlicht. Die deutschen Großstädte haben dazu eigentlich bis Mitte 2026 Zeit.

Bei der künftigen Wärmeversorgung setzt Hannover vor allem auf den Ausbau der Fernwärme. Bis 2040 soll sich deren Anteil mehr als verdoppeln. Ein weiteres Drittel der Wärme kommt dann aus dezentralen Wärmepumpen, der "Rest" vor allem aus Nahwärmenetzen.

 

Dass nunmehr Gebiete mit Wärmenetzen und solche mit dezentraler Wärmeversorgung ausgewiesen werden, bringt dabei keine Verpflichtung für Gebäudeeigentümer mit sich, ein bestimmtes Heizsystem zu installieren und zu nutzen. Darauf weist die Kommune ausdrücklich hin.

Um die CO2-Emissionen zu senken, legt der örtliche Versorger Enercity das Kohlekraftwerk in Hannover-Stöcken 2027 endgültig still. Vor allem dessen Wärmeleistung soll dann durch Biomethan-Blockheizkraftwerke sowie ein Altholz-Heizwerk ersetzt werden. Der Anteil klimaneutraler Wärme erhöhe sich dann in Hannover von derzeit 25 auf 75 Prozent, rechnet die Stadt vor.

Stadt Hannover geht bei Wärmeplanung voran

Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) hält den kommunalen Fokus auf die Wärmewende für besonders wichtig. "Das ist vor dem Szenario des Klimawandels auch dringend geboten", erklärte er am Montag.

Kohlekraftwerk im Winter mit großer Steinkohle-Halde und dampfendem Kühlturm, davor fährt ein Kohleschiff auf dem Mittellandkanal.
Hannovers Steinkohlekraftwerk im nordwestlichen Stadtteil Stöcken soll 2027 vom Netz gehen. (Bild: Axel Hindemith/​Wikimedia Commons)

Die bundesweit so umstrittene Wärmewende kam in Hannover schneller ins Laufen – ein Grund für den Verband kommunaler Unternehmen (VKU), seinen diesjährigen Stadtwerke-Kongress am heutigen Dienstag und am Mittwoch in der niedersächsischen Landeshauptstadt stattfinden zu lassen.

Trotz der Vorreiterrolle, die der Stadt Hannover und ihrem kommunalen Versorger Enercity zugebilligt wird, steht die Energiewende für Aurélie Alemany jetzt an einem "entscheidenden" Wendepunkt. Die Vorstandschefin von Enercity führte dafür bei einem Medientermin vor allem zwei Gründe an.

Zum einen müsse die Energiewende "ungebremst" weitergehen, betonte Alemany. Dafür müsse die nötige Akzeptanz erreicht werden. Dazu wiederum sieht es die Enercity-Chefin als "extrem relevant" an, für Sicherheit und Klarheit zu sorgen.

Fernwärme-Ausbau und Kraftwerksstrategie unterfinanziert

Zum anderen werde bei der Energiewende auch viel in handfesten Beton und Stahl investiert, so die Vorständin weiter. Das müsse in den nächsten Jahren in kurzer Zeit passieren. Enercity plane Milliardeninvestitionen in die Transformation.

"Ein verlässlicher und kosteneffizienter Investitionsrahmen etwa für den Hochlauf der Erneuerbaren, aber auch die Wärmewende ist dafür unerlässlich", betonte Alemany.

Gerade bei der Verlässlichkeit hadert der VKU zurzeit massiv mit der Ampel-Regierung. Bis 2030 seien für die Wärmewende etwa 44 Milliarden Euro nötig, zitierte VKU-Chef Ingbert Liebing gegenüber den Medien aus einer kürzlich erschienenen Studie seines Verbandes. Demgegenüber stünden für den Zeitraum in diversen Bundesprogrammen nur drei Milliarden Euro Förderung bereit, kritisierte Liebing.

Besondere Sorgen bereitet dem Verband dabei, dass im Haushaltsentwurf für 2025 im Klima- und Transformationsfonds bisher globale Minder- und Mehrausgaben von zusammen zwölf Milliarden Euro eingeplant sind.

"Dieser Griff in die Klimakasse verhindert Planungs- und Investitionssicherheit, die wir dringend brauchen", beschwerte sich der VKU-Chef in Richtung Berlin. Die Stadtwerke bauten darauf, dass sie einen verlässlichen und ausreichenden Finanzrahmen bekommen.

Geradezu hoffnungslos unterfinanziert sind nach Liebings Darstellung das Förderprogramm für den Fernwärmeausbau sowie die Kraftwerksstrategie. Für letztere seien im Klima- und Transformationsfonds für 2025 nur 250.000 Euro vorgesehen.

Für die Zeit danach gebe es nicht einmal Verpflichtungsermächtigungen, kritisierte Liebing. Die neuen, steuerbaren Kraftwerke, die mit der Strategie entstehen sollen, könnten deswegen eigentlich auch nicht ausgeschrieben werden, fügte er hinzu.

"Schockstarre" nach Landtagswahl-Ergebnissen erwartet

Namens des VKU appellierte Liebing an die Ampel, nun zügig zu entscheiden. "Was die Bundesregierung diesen Herbst nicht aufs Gleis bringt, kommt in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr und bremst die Energiewende bis 2026 aus", sagte der Verbandschef. Es drohten zwei verlorene Jahre.

Schließlich lassen auch die Ergebnisse der Landtagswahlen am vergangenen Sonntag in Sachsen und Thüringen die Sorgenfalten bei der Energiewende wachsen.

Dort hätten Parteien Erfolge erzielt, die nicht unbedingt als Anhänger der Energiewende bekannt seien und von denen der VKU auch wenig Unterstützung erwarte, um die Kommunen hier voranzubringen, betonte Ingbert Liebing, einst selbst langjähriger CDU-Politiker.

Sein Verband baue trotz allem darauf, dass in beiden Ländern schnell handlungsfähige Regierungen zustande kommen, und werbe dafür, die Energiewende fortzusetzen.

 

Für ihn seien die Wahlergebnisse vom Sonntag "extrem frustrierend und besorgniserregend", erklärte Belit Onay seinerseits. Auch als Oberbürgermeister in Hannover erlebe er, dass die Herausforderungen der Transformation sehr stark mit Sorgen und Ängsten belastet sind.

Die Bundesregierung habe es in den letzten Jahren nicht geschafft, eine hoffnungsvolle Erzählung mit diesem notwendigen Wandel zu verbinden, sagte Onay. Das gehe auch nicht mit Sonntagsreden. Nötig seien vielmehr eine klare Perspektive sowie Verbindlichkeit und Verlässlichkeit.

Aus Sicht von Onay wird die Bereitschaft der Ampel-Regierung, jetzt noch größere Dinge zu bewegen, bis zur Bundestagswahl nicht wachsen. Eher werde sich eine "Schockstarre" einstellen, befürchtet der grüne Oberbürgermeister.