Der rauchende, schwarz-rote Kohlefrachter
Kohle für Asien: Australien ist Steinkohleexporteur Nummer eins und liefert die schwarze Energie auf dem Seeweg in die ganze Welt. (Foto: LBM 1948/​Wikimedia Commons)

Als besonders ehrgeizig im Einsparen von CO2-Emissionen gilt die Schifffahrt nicht. Dass sich das jetzt ändern könnte, liegt aber weder an eigenen Klimazielen der Branche noch an einer strengeren Gesetzgebung. Vielmehr liegt es am Geld.

Seetransporte haben sich zu einem attraktiven Kapitalmarkt entwickelt. Nun rät das Londoner Beratungsunternehmen Maritime Strategies International (MSI) den Investoren jedoch, besonders risikoreiche Geschäfte mit dem Transport fossiler Brennstoffe auf See zu veräußern.

Die überraschende Empfehlung steht in einem jetzt veröffentlichten Bericht, in dem die MSI-Berater die Auswirkungen der globalen Klimapolitik auf Investitionen in maritime Infrastruktur wie Schiffe und Häfen untersuchen.

Sollte das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimavertrag ernsthaft verfolgt werden, würde die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen – und damit auch deren Transport – drastisch zurückgehen, heißt es in der Analyse. Das werde zu einem massiven Marktrückgang bei Öltankern und Massengutfrachtern führen.

Welches Ausmaß die Einbußen für Investoren und Anleger haben können, veranschaulicht der Wertverlust bei Massengutfrachtern. Nach den Angaben umfassten die weltweiten Kohletransporte 2018 einen Markt von rund 195 Milliarden US-Dollar. Dieser könnte bis 2030 auf etwa 90 Milliarden Dollar zurückgehen, also auf weniger als die Hälfte.

Mit dem Bericht will MSI Investoren auf die Auswirkungen der künftigen Klimapolitik aufmerksam machen. Der Bericht zeige, dass Steuerzahler und Aktionäre weitere Investitionen in Kohleexporthäfen "ernsthaft in Frage stellen sollten", schließt sich James Mitchell vom Rocky Mountain Institute im US-Bundesstaat Colorado dem Weckruf an.

"Investoren sollten die Risiken kennen"

Die Investoren sollten klimabedingte Risiken in die Finanzanalyse einbeziehen, meint auch Christian Wilson, Klimaexperte bei Share Action, einer britischen Organisation für ethisches Investment. Die Banken müssten "dafür sorgen, dass sie nicht versehentlich ihre eigene Energiepolitik durch die Finanzierung von Kohletransporten untergraben".

John Maggs von der Meeresschutzorganisation Seas at Risk warnt ebenfalls: "Da fossile Brennstoffe über 40 Prozent der jährlichen Fracht der Schifffahrtsindustrie ausmachen, sollten Investoren die damit verbundenen Risiken kennen. Kohle wird von erneuerbaren Energien abgelöst, die Regierungen legen Ausstiegsdaten für Kohle fest, und geplante Anlagen werden weltweit gestrichen."

Wichtige Investoren in Frachtschiffunternehmen, die fossile Brennstoffe transportieren, sind nach Angaben des Expertennetzwerks GSCC unter anderem Banken, Investmentgesellschaften und Versicherungen. Auch die Deutsche Bank und der Versicherungskonzern Allianz sollen demnach Anteilseigner von Golden Ocean sein, dem größten börsennotierten kohletransportierenden Unternehmen der Welt. Auf Nachfrage verneint die Deutsche Bank allerdings die Anteilshabe.

Für den Bericht erarbeitete MSI zwei Szenarien, die auf Prognosen des Weltklimarats IPCC beruhen. Während das Referenzszenario nur von einem leichten Nachfragerückgang bei den fossilen Brennstoffen ausgeht, beruht das zweite Szenario auf dem Pariser 1,5-Grad-Ziel. Nach diesem halbiert sich bis 2050 der weltweite Ölverbrauch, während der Kohleverbrauch um 80 Prozent zurückgeht.

Die MSI-Berater konzentrieren sich dabei vor allem auf das Reduktionsszenario. "Der Bericht soll keinen Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit der prognostizierten Szenarien geben – in Wirklichkeit akzeptieren wir, dass das Reduzierungsszenario unwahrscheinlich ist. Die Idee ist es, zu betonen, dass das, was für den Planeten das Beste ist, für die globale Schifffahrtsindustrie das Schlimmste sein kann", erklärt Stuart Nicoll, Mitautor der Studie, gegenüber Klimareporter°. 

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