Zwei Schaufelradbagger arbeiten in einem großen Tagebau.
Verantwortliche Politiker aller Ebenen haben sich bislang um den Kohleausstieg gedrückt. (Foto: © Raimond Spekking/​Wikimedia Commons/​CC BY-SA 4.0)

Obwohl wir uns mitten in der Energiewende befinden, hat sich bei der Kohleverstromung in Deutschland bisher wenig getan. Dabei übernehmen die erneuerbaren Energien an Spitzentagen schon allein die Stromversorgung und stemmen im Durchschnitt immerhin 36 Prozent. Trotzdem sind die Emissionen von Treibhausgasen durch die Stromerzeugung bisher kaum gesunken und machen immer noch fast 40 Prozent am gesamten Treibhausgasausstoß in Deutschland aus.

Bisher hat die Energiewende vor allem Atomstrom ersetzt, dessen Anteil von 2011 bis 2017 immerhin von 18 auf 13 Prozent gesunken ist. Gleichzeitig explodieren die Stromexporte in die Nachbarländer auf inzwischen 97 Milliarden Kilowattstunden im Jahr.

Das hat System. Die Politik hat sich bisher vor der Auseinandersetzung um einen Ausstieg aus der Kohleverstromung gedrückt. Wie bei der Atomenergie hat sie sich nicht getraut, den Verursachern von Schäden die wahren Kosten in Rechnung zu stellen.

Statt das, was man vermeiden will – Klimaveränderungen, Atemwegserkrankungen, Landschaftszerstörung –, finanziell angemessen zu belasten, wurden die bestehenden Subventionen für die Kohle beibehalten und die Erneuerbaren über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zusätzlich gefördert. Das war für den Ausbau der Erneuerbaren auch sehr effektiv, aber in der Summe stiegen die Kosten.

Zwar wird die Förderung für Erneuerbare – anders als die für konventionelle Energieträger – über eine Umlage finanziert, sodass Energie nicht noch weiter künstlich verbilligt wurde. Allerdings hat sich die Kostendebatte dadurch auf die erneuerbaren Energien verschoben.

Dabei käme man, wenn man die direkte und indirekte Förderung der fossilen und nuklearen Energieträger wie bei der EEG-Umlage auf den Strompreis umlegen würde, auf eine "Konventionelle-Energien-Umlage" von rund elf Cent pro Kilowattstunde.

Das ist deutlich mehr als die EEG-Umlage von gut sechs Cent für die erneuerbaren Energien. Doch dieses Geld wird eben nicht als Umlage auf den Energieverbrauch erhoben, sondern klammheimlich an den verschiedensten Stellen bei den Steuerzahlern kassiert.

Die Kosten müssen auf den Tisch

Ergebnis ist, dass die Kohleverstromung nach wie vor sehr günstig erscheint und auf Hochtouren läuft, während gleichzeitig die Erneuerbaren ausgebaut werden. Insgesamt führt das zu der erwähnten Strom-Überproduktion und zu dem sehr begrenzten Klimaschutz-Beitrag der bisherigen Energiewende.

Zur Person

Der Volkswirt Damian Ludewig war langjähriger Geschäftsführer beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und später bei Green Budget Europe. Er engagiert sich im FÖS-Beirat und in weiteren zivilgesellschaftlichen Thinktanks und Organisationen. (Foto: FÖS)

Deshalb muss jetzt dringend die zweite Phase der Energiewende im Stromsektor eingeleitet werden, in der Erneuerbare und Effizienzfortschritte die Kohleverstromung ersetzen.

Denn die bisherigen Subventionen für fossile Energieträger und die mangelnde Internalisierung externer Kosten verhindern nicht nur einen Rückgang der Kohleverstromung, sie blockieren durch künstlich niedrige Strompreise auch wirkliche Fortschritte bei der Energieeffizienz. Dabei ist eine Effizienzrevolution mindestens genauso wichtig für eine erfolgreiche Energiewende wie der Ausbau erneuerbarer Energien.

Immerhin gewinnt die Debatte um einen CO2-Preis zusätzlich zum äußerst zaghaften Emissionshandel an Fahrt – damit steigen die Chancen, dass sich hier etwas tut.

Und mit der absehbar deutlichen Verfehlung der Klimaziele für 2020 ist der Druck auf die deutsche Politik so stark gewachsen, dass sie mit der "Kohlekommission" nun offenbar ernsthaft den Ausstieg aus der Kohleverstromung angehen will. Dadurch, dass gleich vier Ministerien sowie die größten Parteien in die Leitung der Kommission eingebunden sind, ist zu hoffen, dass der Kohlekonsens eine längere Halbwertszeit haben wird als der rot-grüne Atomkonsens.

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