Exxon-Mobil-Raffinerie
Exxon-Raffinerie in Texas: Microsoft und Co reden nicht so viel über ihre fossilen Deals. (Foto: Roy Luck/​Flickr)

Technologieriesen wie Microsoft, Google und Apple bewegen sich auch in Sachen Klimaschutz schneller als viele andere Großkonzerne. Sie benutzen Strom aus erneuerbaren Energien, kaufen Elektroautos und machen ihre Produktion immer effizienter.

Konzernchefs betonen medienwirksam die enorme Bedeutung des Klimaschutzes und stellen große Summen dafür bereit: Microsoft kündigte Anfang des Jahres einen neuen Klima-Innovationsfonds mit einem Volumen von einer Milliarde US-Dollar an, Amazon-Chef Jeff Bezos, der als reichster Mensch der Welt gilt, will sogar zehn Milliarden Dollar aus eigener Tasche in eine neue Organisation namens Jeff Bezos Earth Fund zur Bekämpfung des Klimawandels stecken.

Unerwähnt bleibt in dem Zusammenhang, womit die Innovatoren aus dem Silicon Valley ihr Geld verdienen – und da spielt die Fossilwirtschaft eine große Rolle. Das wirft die Frage auf: Wie viel ist das Klimaengagement innerhalb des eigenen Unternehmens wert, wenn dessen Produkte oder Dienstleistungen Unternehmen zugutekommen, die massiv zum Klimawandel beitragen?

Im eigenen Betrieb sind viele Tech-Konzerne tatsächlich auf einem guten Weg. Google betreibt bereits alle seine Büros und Rechenzentren weltweit ausschließlich mit erneuerbaren Energien. Das Gleiche gilt für Apple, inklusive des Ladengeschäfts.

Microsoft will bis 2025 nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen verwenden, bis 2030 seine gesamte Fahrzeugflotte auf Elektroantrieb umstellen und seine Emissionen um die Hälfte senken sowie unterm Strich CO2-negativ wirtschaften.

Im Vergleich dazu hinkt Amazon hinterher. Die Umstellung auf erneuerbare Energien soll dort erst 2030 abgeschlossen sein. Das Ziel, emissionsneutral zu wirtschaften, soll 2040 erreicht werden – zehn Jahre früher, als es die Staatengemeinschaft im Pariser Klimavertrag für die ganze Welt vereinbart hat.

Viel Geld für umstrittene Verfahren

Microsoft hat unterdessen sogar angekündigt, bis Mitte des Jahrhunderts die Gesamtmenge an Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre zu holen, die es seit seiner Gründung 1975 ausgestoßen hat. Das soll zu einem kleinen Teil mit dem Pflanzen von Bäumen gelingen, zum weitaus größeren aber mithilfe von Technologien wie BECCS (Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung) oder dem direkten Filtern des Treibhausgases aus der Luft.

In diese teils umstrittenen Verfahren fließt der Löwenanteil der Milliarde aus dem Klimafonds. Hauptansatzpunkt ist also nicht die Vermeidung von CO2, sondern die technische "Lösung" des Klimawandels durch sogenannte negative Emissionen.

Die IT-Riesen arbeiten zugleich auch daran, die Energieeffizienz ihrer Produkte und Rechenzentren zu verbessern und Klimaschutz in ihren Lieferketten und Produktionsstätten – von denen viele in China stehen – durchzusetzen. Bei Apple beispielsweise stecken in diesem Bereich nach eigenen Angaben drei Viertel des CO2-Fußabdrucks.

Das Unternehmen verspricht außerdem den zunehmenden Einsatz von recycelten Materialien bis hin zu einer kompletten Kreislaufwirtschaft – allerdings ohne ein Datum zu nennen. Auch die Lebensdauer der Geräte soll sich verlängern.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Marke mit dem Apfel zu einem großen Teil davon lebt, dass jedes Jahr ein neues I-Phone auf den Markt kommt und Vorgängermodelle ersetzt.

Wachstum konterkariert Klima-Pläne

Sowieso ist von Wachstumsbegrenzung bei keinem der Tech-Giganten die Rede. Amazon-Mitarbeiter, die sich in der Gruppe Amazon Employees for Climate Justice (AECJ) zusammengetan haben, befürchten, dass die Klimaschutzbemühungen ihrer Firma – die ohnehin nicht ambitioniert genug seien – durch das enorme Wachstum überkompensiert werden: "Shipment Zero", das Ziel, die Hälfte aller Lieferungen bis 2030 CO2-neutral zuzustellen, könnte in absoluten Zahlen mehr Emissionen als heute bedeuten, warnte AECJ vor rund einem Jahr in einem offenen Brief an Bezos und den Amazon-Vorstand.

Die größte Kritik richtet sich aber gegen die Geschäftspartner im Cloud-Computing. Amazon macht das meiste Geld nicht mehr im Versandhandel, sondern mit dem Bereitstellen von Speicherplatz, Rechenleistung und Software. Der Konzern ist Marktführer in diesem lukrativen Wachstumsbereich, gefolgt von Microsoft und Google. Bei Apple ist das Cloudgeschäft noch vergleichsweise klein, aber das am stärksten wachsende Segment.

Genutzt werden die Cloud-Dienste unter anderem von Ölfirmen. Die großen unter ihnen gehören zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt, ihre Deals mit den Tech-Konzernen sind Millionen wert.

AECJ prangert an, dass Amazon den Fossilunternehmen mit seinen digitalen Diensten helfe, die Öl- und Gasförderung zu beschleunigen und auszudehnen – während die Klimawissenschaft ganz klar zeige, dass die fossilen Rohstoffe in der Erde bleiben müssen.

Eine der Forderungen aus dem offenen Brief lautet daher, bei Geschäftsentscheidungen die Folgen für das Klima vorrangig zu berücksichtigen, was unter anderem bedeute, "keine maßgeschneiderten Angebote für die Öl- und Gasförderung und -erkundung" zur Verfügung zu stellen.

Schneller bohren mit KI-Algorithmen

Die größte Partnerschaft zwischen Big Tech und Big Oil haben Microsoft und Exxon Mobil im vergangenen Jahr geschlossen. Der US-Energiekonzern, der laut einer Datenauswertung des US-amerikanischen Climate Accountability Institute auf Platz vier der Unternehmen mit dem höchsten CO2-Ausstoß der Welt liegt, will mithilfe von Cloud-Computing die Ölförderung im Perm-Becken im Süden der USA optimieren, wo er nach eigenen Angaben ein Feld mit 9,5 Milliarden Barrel ausbeutet.

Unter anderem könnten mittels der Microsoft-Dienstleistungen – die Echtzeit-Datenerhebung auf den Ölfeldern, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen beinhalten – die Bohrarbeiten optimiert, Lecks schneller gefunden und repariert sowie Instandhaltungs- und Personalbedarf besser prognostiziert werden. Vom Einsatz der Microsoft-Algorithmen verspricht sich Exxon über die kommenden zehn Jahre zusätzliche Einnahmen in Milliardenhöhe.

Microsoft, zu dessen Kunden auch andere Ölgrößen wie Chevron, BP und Shell gehören, will das Geschäft mit fossilen Unternehmen ausdrücklich nicht aufgeben – sondern der Branche helfen, die Anforderungen einer künftigen CO2-neutralen Wirtschaft zu erfüllen: "Es ist unumgänglich, dass wir Energieunternehmen in die Lage versetzen sich zu wandeln, auch hin zu erneuerbarer Energie und der Entwicklung und Anwendung von Negativemissionstechnologien", schrieb Microsoft-Präsident Brad Smith bei der Vorstellung der Klimaziele im Januar im Microsoft-Blog.

Kritische Microsoft-Angestellte nennen die Kollaboration mit Ölfirmen dagegen "Komplizenschaft in der Klimakrise". Es gehe nicht um die Umstellung auf Erneuerbare, sondern darum, mehr Öl zu fördern, schrieben sie in einem offenen Brief im vergangenen September. Alle Tech-Unternehmen müssten gemeinsam die Bereitstellung von Clouddiensten und künstlicher Intelligenz für die Förderung nicht erneuerbarer Energien ablehnen und daran arbeiten, die Nutzung fossiler Energien zu beenden.

Die Microsoft-Mitarbeiter schlossen sich ausdrücklich den Forderungen ihrer Kolleginnen und Kollegen bei Amazon und Google an, die auf mehr Klimaschutz in ihren Unternehmen drängen. Im Silicon Valley wird also Druck von unten aufgebaut. Noch wirkungsvoller wäre es vermutlich, wenn er von den Konsumenten käme.