Türme der Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt am Main nach Sonnenuntergang.
Die Deutsche Bank und andere Institute im Land finanzieren immer noch Kohleprojekte, obwohl mit der Kohle in wenigen Jahren Schluss sein muss. (Foto: Jasmin Sessler/​Pixabay)

Kohle ist vor Erdöl und Erdgas der CO2-reichste Energieträger. Der globale Klimaschutz hat ohne einen schnellen Ausstieg aus ihrer Nutzung keine Chance.

Diese Erkenntnis treibt auch immer mehr Finanzinstitutionen um. Tatsächlich haben seit dem Pariser Weltklimagipfel zahlreiche Banken, Versicherungen und Investoren Richtlinien zum Ausschluss von Kohle aus ihren Geschäften eingeführt.

Eine aktuelle Bilanz zeigt jedoch: Es gibt dabei nach wie vor große Schlupflöcher. Oft können auch Konzerne noch Finanzdienstleistungen erhalten, die neue Kohlegruben und -kraftwerke mit Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten planen und damit die Klimaziele am stärksten gefährden.

Aufschluss darüber gibt die neue Datenbank "Coal Policy Tool", die von der französischen Nichtregierungsorganisation Reclaim Finance (etwa: Finanzen zurückholen) entwickelt wurde. Sie bewertet 214 Unternehmen aus dem Finanzsektor mit Kohlerichtlinien sowie die größten Finanzinstitutionen, die keinerlei Einschränkungen für Kohle haben. Die Datenbank behandelt 30 Länder weltweit und wird täglich aktualisiert.

Europa steht dabei vergleichsweise gut da. Die Datenbank zeigt, dass hier eine ganze Reihe Banken, Versicherungen und Investoren begonnen hat, ihre Finanzdienstleistungen für Kohle einzuschränken und dies regelmäßig zu überprüfen und zu verschärfen.

Anders sieht es bei den US-Vermögensverwaltern aus, die den Markt weltweit dominieren. Sie haben im Coal Policy Tool insgesamt die schwächsten Bewertungen erhalten.

Blackrock ist hier das einzige Unternehmen mit einer Kohlerichtlinie, die laut Reclaim Finance aber nur wenige Kohlegeschäfte ausschließt. Blackrock wird fast allen von der NGO zugrunde gelegten Kriterien mit dem schwächsten Wert null bewertet. Die Skala geht bis zehn.

"Deutsche Institute sollten sich an französischen ein Beispiel nehmen"

Laut der Analyse haben weltweit nur 16 Finanzinstitutionen, darunter allerdings Größen wie Axa, Crédit Agricole/Amundi, Crédit Mutuel und Unicredit, "robuste" Richtlinien eingeführt, die Kohlegeschäfte konsequent herunterfahren. Die meisten Kohlerichtlinien seien nach wie vor zu schwach, um allein ein weiteres Wachstum des Kohlesektors zu verhindern, kritisiert die Organisation.

Generell gelte, dass Banken gegenüber Versicherern und Rückversicherern beim Ausschluss von Kohle zurückliegen. Eine Ausnahme bildeten französische Banken, die vor Kurzem einen Komplettausstieg aus dem Kohlesektor angekündigt haben.

Der deutschen Finanzwirtschaft attestiert Reclaim Finance "einige Fortschritte" beim Ausschluss von Kohle. Insgesamt gebe es aber noch einen großen Nachholbedarf, gerade im Vergleich mit der französischen Finanzindustrie.

Am wenigsten schlecht schneide die Allianz ab, und zwar bei der eigenen Vermögensverwaltung und im Versicherungsgeschäft. Bei ihrem Fondsgeschäft hingegen fiel sie in der Bewertung komplett durch.

Andere Akteure wie Bayern LB, Deutsche Bank und Helaba sowie die Talanx-Tochter Hannover Rück hätten nur den ersten möglichen Schritt gemacht und Finanzdienstleistungen für Kohle auf Projektebene eingeschränkt.

"Im Vergleich zu französischen Institutionen enttäuschen die deutschen Akteure", sagt Regine Richter, Energie-Campaignerin bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald, die mit Reclaim Finance zusammenarbeitet. In Anbetracht der Größe der Klimakrise seien deren Schritte zu klein.

Richter: "Dass mehr geht, beweisen die Unicredits, Crédit Agricoles und Axas dieser Welt, an denen sich Deutsche Bank, Commerzbank und Allianz ein Beispiel nehmen sollten."

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