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Setzt die EU den Kredit, den ihr der "Green Deal" verschafft hat, durch zweifelhafte Berater-Deals aufs Spiel? (Foto: Jakob Richter/​Scoobay/​Flickr)

Der weltgrößte private Finanzverwalter Blackrock wird für die EU Instrumente und Mechanismen für die Integration von Green-Finance-Regeln in den Bankensektor entwickeln.

Der entsprechende Vertrag wurde vergangenen Donnerstag von der zuständigen EU-Behörde veröffentlicht. Wie daraus hervorgeht, belaufen sich die Kosten auf 550.000 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Laut Auftrag soll Blackrock eine "Studie" anfertigen, um die EU mit "Input" zu versorgen, wie die drei zentralen Faktoren zur Messung von Nachhaltigkeit – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, englisch kurz ESG – sowie diesbezügliche Risiken in die Geschäftsstrategien und Risikomanagementprozesse europäischer Banken integriert werden können.

Dass die EU ausgerechnet Blackrock mit dieser Aufgabe betraut, löste bei vielen Experten Unverständnis aus. Die in Brüssel ansässige Organisation Finance Watch, die sich als Reaktion auf die Finanzkrise vor zehn Jahren gegründet hat, "verurteilte" die "Inkohärenz" der Entscheidung.

Es gebe einen "offensichtlichen Interessenskonflikt", so die gemeinnützige Organisation, wenn der größte Vermögensverwalter der Welt Empfehlungen zu einem Geschäftsfeld abgebe, auf dem er selber tätig sei.

Zudem, argumentiert Finance Watch, schade die Auswahl von Blackrock der Glaubwürdigkeit der EU-Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen, deren Überarbeitung ebenfalls in dieser Woche mit einem öffentlichen Anhörungsprozess gestartet wurde.

Die Überarbeitung der "Sustainable Finance Strategy" der EU ist Teil des Green Deal. Sie soll zudem dabei helfen, "nach dem Ausbruch des Coronavirus eine nachhaltige und widerstandsfähige wirtschaftliche Erholung sicherzustellen", so der zuständige EU-Kommissar für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen, Valdis Dombrovskis.

Blackrock als "Richter in eigener Sache"

Blackrock gehöre zu den härtesten Kritikern des EU-Ansatzes zu nachhaltigen Finanzen sowie zu der neuen EU-Taxonomie, die die Kriterien festlegt, was als "grün" eingestuft wird, kritisiert Finance Watch. Während Blackrock nur auf die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Unternehmen konzentriert sei, interessiere sich die EU auch dafür, welche Auswirkungen die Unternehmen auf Umwelt und Klima haben.

"Blackrock ist ganz klar Richter in eigener Sache bei diesem Thema", sagte Finance-Watch-Geschäftsführer Benoît Lallemand. Er forderte die EU auf, die Entscheidung zurückzunehmen, Blackrock die Rolle als wichtigster Berater zu übertragen.

Dem widersprach die EU auf Twitter. Blackrock sei kein zentraler Berater, sondern fertige lediglich eine Studie für die EU-Kommission an. Diese stelle nur eine von vielen Studien dar, die in die nachhaltige Finanzpolitik einfließen.

Die Finanzexpertin Daniela Gabor, die an der Universität Bristol Wirtschaft lehrt, kritisierte die Entscheidung der EU ebenfalls scharf. Sie warf Blackrock Greenwashing vor. Zwar habe sich der Finanzverwalter kürzlich für Klimaschutz ausgesprochen, doch seine Geschäftspolitik sei nach wie vor eine andere.

Blackrock als Berater in Sachen nachhaltige Finanzen zu engagieren sei nicht nur eine Verschwendung von Steuergeldern, so Gabor. Damit werde auch der Green Deal der EU "verspottet".

Auch der Europaabgeordnete Sven Giegold von den Grünen kritisierte, bei Blackrock liege ein Interessenkonflikt vor, da der Vermögensverwalter einer der Hauptaktionäre bei verschiedenen großen Banken sei.

Die Entscheidung für Blackrock "schadet dem Ansehen der EU-Kommission", sagte Giegold. Blackrock eigne sich nicht als Berater für Finanzfragen, sondern sei vielmehr ein Fall für Wettbewerbskontrolle.

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