Bewohner der pakistanischen Hafenstadt Karatschi waten durch hüfthohes, braun gefärbtes Wasser.
Unterstützung aus den reichen Ländern gibt es vor allem für CO2-Einsparung, aber kaum für Klimaanpassung und Schadensbewältigung. (Bild: Asianet Pakistan/​Shutterstock)

Seit Jahren versprechen die Industrieländer Milliarden für den globalen Klimaschutz. Doch große Teile dieser Summen sind nur geliehen. Die internationale Klimafinanzierung bleibt weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück, und ein erheblicher Teil der gemeldeten Hilfen besteht aus Krediten.

Das zeigt der "Climate Finance Shadow Report", den die Entwicklungsorganisationen Oxfam und Care am heutigen Montag vorlegt haben. Damit wächst ausgerechnet in jenen Ländern, die am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben, die Schuldenlast weiter.

2022 belief sich die öffentliche Klimafinanzierung laut den unter dem Pariser Klimaabkommen gemeldeten Zahlen auf rund 95 Milliarden US-Dollar. Zwei Drittel davon waren Darlehen, viele davon nicht zinsvergünstigt.

"Wenn reiche Länder ihre Hilfe als normale Kredite vergeben, ist das für die Empfängerländer keine Unterstützung, sondern eine zusätzliche Belastung", sagt Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam Deutschland.

In dieser Form vergrößert die Klimafinanzierung jedes Jahr den Schuldenberg der einkommensschwachen Länder. Staaten, die ohnehin unter hoher Verschuldung leiden, müssen neue Kredite aufnehmen, um sich gegen die Folgen einer Krise zu schützen, die sie kaum verursacht haben.

Sie verschulden sich, um etwa Deiche zu bauen oder die Landwirtschaft an Dürren anzupassen – und müssen später alles mit Zinsen zurückzahlen. Geld, das dann für Gesundheitswesen, Bildung oder Armutsbekämpfung fehlt. Der Gesamtschuldenstand dieser Länder liegt inzwischen bei rund 3,3 Billionen US-Dollar.

Viele Länder kürzen bei der Entwicklungszusammenarbeit

Zugleich profitieren die Geberländer selbst: 2022 erhielten einkommensschwache Staaten Klimakredite über 62 Milliarden US-Dollar, die in den Folgejahren Rückzahlungen von bis zu 88 Milliarden US-Dollar nach sich ziehen – ein "Gewinn" von rund 42 Prozent für die Gläubiger.

Kredite seien allerdings nicht per se schlecht, betont Kowalzig. "Wenn ein Projekt wirtschaftlich tragfähig ist – etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien, wo Einnahmen aus Stromtarifen fließen –, können Kredite sinnvoll sein."

Problematisch werde es, wenn sich Länder verschulden müssen, um Menschen vor Dürren, Fluten oder Stürmen zu schützen: "Solche Maßnahmen retten Leben, sie bringen aber keinen Ertrag." Dafür brauche es Zuschüsse, keine Darlehen.

Trotzdem werden auch Anpassungsprojekte häufig über Kredite finanziert. Nach Oxfam-Berechnungen bestand rund die Hälfte der Mittel, die an die ärmsten Länder und kleinen Inselstaaten flossen, aus Darlehen. Dabei gelten gerade sie als besonders verletzlich – und haben zur Klimakrise so gut wie nichts beigetragen.

Deutschland liegt mit seiner Kreditpraxis im oberen Mittelfeld der Geberländer. Etwa die Hälfte der deutschen Klimahilfen besteht aus Darlehen, die andere Hälfte aus Zuschüssen. Zwar meldet die Bundesregierung für 2024 Beiträge zur Klimafinanzierung in Höhe von 6,1 Milliarden Euro und erfüllt damit formal ihr Versprechen.

Doch nach Einschätzung von Oxfam wird dieses Niveau in den kommenden Jahren kaum zu halten sein. "Mit den geplanten Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit wird die Klimafinanzierung zwangsläufig sinken", warnt Kowalzig.

Emissionsminderung kann rentabel sein, Klimaanpassung nicht

Auch international zeichnet sich ein Rückgang ab. Laut OECD-Prognosen wollen viele Industriestaaten ihre Budgets für Entwicklungszusammenarbeit deutlich kürzen – mit direkten Folgen für die Klimafinanzierung.

Nach den Berechnungen von Oxfam und Care könnte sie in diesem Jahr auf nur noch 73 bis 79 Milliarden US-Dollar sinken. Dabei hatten die Industrieländer zugesagt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen – ein Ziel, das bislang nur 2022 erreicht wurde.

Noch immer fließt der Löwenanteil der Klimahilfen in das Einsparen von Treibhausgasen. Zwei Drittel der Mittel gehen in Projekte zur Emissionsminderung, etwa den Ausbau erneuerbarer Energien, nur ein Drittel in Anpassung. Das hat System: Klimaschutzprojekte gelten als rentabel, sie lassen sich über Kredite finanzieren und verbessern zugleich die globale CO2-Bilanz – wovon auch die Geberländer profitieren.

Anpassung hingegen bringt keinen Gewinn, sie schützt Menschen vor Dürren, Überschwemmungen oder steigenden Meeresspiegeln. Doch gerade weil sich solche Projekte kaum refinanzieren lassen, bleiben sie chronisch unterfinanziert. Das Ziel, die Anpassungsmittel bis 2025 zu verdoppeln, rückt damit in weite Ferne.

 

Der tatsächliche Finanzbedarf liegt laut Bericht bei einer bis 1,5 Billionen US-Dollar jährlich, um weltweit Klimaschutz, Anpassung und den Umgang mit Klimaschäden zu finanzieren. Auf der jüngsten Klimakonferenz in Baku einigten sich die Staaten darauf, dieses Ziel bis 2035 auf mindestens 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben – ein erster Schritt, der den Bedarf der Entwicklungsländer jedoch bei Weitem nicht deckt.

Fast völlig leer bleibt bislang der Bereich "Loss and Damage" – die Unterstützung bei bereits eingetretenen Klimaschäden. Zwar wurde 2022 ein Fonds dafür beschlossen, doch bislang stellt kaum ein Land Mittel bereit. "Selbst mit gutem Willen lassen sich in den offiziellen Zahlen nur Spuren von Unterstützung für den Umgang mit Klimaschäden finden", sagt Kowalzig.