Eine Hand hebt den Deckel eines Kochtopfs hoch, der auf einem Elektroherd steht. Dampf entweicht.
Vier von fünf Deutschen tun es. (Foto: Kirill Gorlow/​Shutterstock)

Vor etwa einem Jahr, kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs, behauptete eine Gruppe von Ökonomen um den künftigen Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, ein komplettes Gasembargo gegen Russland sei machbar, die deutsche Volkswirtschaft werde dadurch nicht zusammenbrechen.

Damals setzte es heftige Kritik. Sogar von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es sei "unverantwortlich, irgendwelche mathematischen Modelle zusammenzurechnen, die dann nicht funktionieren", sagte er.

Inzwischen ist klar: Schularick und Co hatten recht, LNG-Importe, Brennstoff-Umstellungen und Einsparungen haben es ermöglicht, auf russisches Gas zu verzichten. Doch nicht nur die Wirtschaft, auch die Privatleute haben durch Verhaltensänderungen und verändertes Kaufverhalten dazu beigetragen.

Das zeigen die Ergebnisse des "Energiesparbarometers", den das Meinungsforschungsunternehmen Statista im Auftrag des Energiekonzerns Vattenfall unter 1.000 repräsentativ ausgewählten Verbrauchern durchgeführt hat.

Bei den Verhaltensänderungen im Alltag dürfte am meisten zu den Einsparungen beigetragen haben, dass laut der Umfrage 77 Prozent die Temperatur in der Wohnung reduzierten oder nur noch die meistgenutzten Räume heizen.

Zwei Drittel gaben an, kürzer zu duschen, und 63 Prozent, ihre Wäsche nur noch bei maximal 40 Grad Celsius zu waschen. 76 Prozent lassen weniger Licht brennen und 62 Prozent weniger Geräte im Stand-by-Modus laufen.

Und sogar 80 Prozent gaben an, beim Kochen nun immer den Topfdeckel auf den Topf zu tun, um Energie zu sparen. Dabei fiel auf, dass die Verhaltensänderungen in den älteren Altersgruppen merklich stärker ausgeprägt sind als bei jüngeren Menschen.

Nur wenige heizen erneuerbar

Vattenfall-Vorstand Martijn Hagens kommentierte: "Die Summe kleiner Einsparmaßnahmen führt im Ergebnis schnell zu einem sichtbaren Effekt." Eine verringerte Energienachfrage sei kurzfristig der einzige Weg, um die Energiekrise weiterhin in Schach zu halten. Laut der Bundesnetzagentur haben Haushalte und Industrie im Jahr 2022 rund 14 Prozent Erdgas eingespart.

Rund 91 Prozent der Befragten finden es "relevant" oder "sehr relevant", den eigenen Energieverbrauch zu reduzieren – vor allem aus finanziellen Erwägungen. Für 92 Prozent ist das Hauptmotiv, Kosten zu verringern. Seltener genannt wurden andere Gründe, wie der Schutz der natürlichen Ressourcen (79 Prozent) oder eine stärkere Energieunabhängigkeit des eigenen Landes (65 Prozent).

Viele Deutsche versuchen offenbar auch, mit kleineren Anschaffungen dauerhaft Energie zu sparen. So haben laut dem Monitor 77 Prozent auf LED-Leuchten umgestellt, 70 Prozent nutzen Steckdosenleisten mit Ausschalter und 48 Prozent einen wassersparenden Duschkopf. 42 Prozent berichteten, bei Neuanschaffungen technische Geräte durch effizientere zu ersetzen.

Noch viel Potenzial gibt es dagegen bei grundsätzlichen Umstellungen in der Haustechnik. Nur 21 Prozent der Hauseigentümer:innen gaben an, dass sie beim Heizen erneuerbare Energien nutzen, etwa per Wärmepumpe oder mit Solarenergie. Immerhin weitere 55 Prozent können sich das für die Zukunft vorstellen.

Bei Verbraucher:innen, die zur Miete wohnen, ist der Investitionsstau noch größer: Hier meinen lediglich neun Prozent, es werde zumindest teilweise erneuerbar geheizt.

Hagens betonte: "Langfristig kommen wir nur mit Investitionen aus der Energiekrise heraus." Wichtig seien ein massiver und schneller Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der dazugehörigen Infrastruktur, zügige Plan- und Genehmigungsverfahren sowie Fortschritte in der Elektromobilität.

Der Vattenfall-Konzern selbst hat angekündigt, bis 2040 klimaneutral werden zu wollen.

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