Autokonzerne und Airlines verhandeln schwitzend um Finanzspritzen, grüne Kreise demonstrieren, wenn auch meist online – in diesen Tagen dreht sich fast alles um die Krisenbewältigung.
Für die einen geht es um die Sicherung des Unternehmens, für die anderen um die Warnung vor einer weiteren Krise nach der Krise – der Klimakrise. Deshalb sollen alle Finanzhilfen der Bundesregierung auf ihre Nachhaltigkeit geprüft werden. Doch ist diese Forderung auch wirtschaftlich sinnvoll?
Zu der Frage haben führende Ökonomen von der Universität Oxford nun Ergebnisse vorgelegt. "Grüne Projekte schaffen häufig mehr Jobs, bringen bessere kurzfristige Einnahmen und führen zu höheren langfristigen Einsparungen als traditionelle Konjunkturmaßnahmen", fassen sie die Erkenntnisse ihrer Studie zusammen. Als "grüne" Maßnahmen gelten dabei solche, die die Treibhausgasemissionen senken.
Die Studienautoren untersuchten insgesamt 700 Konjunkturprogramme, die seit der Finanzkrise 2008 vorgeschlagen oder umgesetzt wurden. Diese wurden in 25 Maßnahmen-Typen eingeteilt, darunter Rettungspakete für Fluggesellschaften, aber auch der Aufbau einer Infrastruktur für erneuerbare Energien.
Danach baten die Forscher rund 230 Experten aus aller Welt, sowohl die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen-Typen zu bewerten als auch ihren Einfluss auf das Klima.
Viele Arbeitsplätze durch grüne Investitionen
Besonders gut schnitten bei den befragten Experten Investitionen in erneuerbare Energien ab. In diesem Sektor könnten durch einen verstärkten Ausbau kurzfristig viele Arbeitsplätze entstehen.
Auf lange Sicht bräuchten Betrieb und Wartung der Anlagen zwar wieder weniger Arbeitskräfte – die frei werdenden Beschäftigten könnten nach der Krise in einer stabileren Wirtschaft jedoch anderweitig eingesetzt werden, meinen die Studienautoren, zu denen auch der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und der Ökonom Nicholas Stern gehören. Die Studie zeige, dass "eine klimafreundliche Politik bessere Ergebnisse für die Wirtschaft bringen kann – und für die Umwelt".
"Erneuerbaren-Projekte können mehr Arbeitsplätze pro ausgegebenem Dollar schaffen, und im Vergleich zu einigen traditionellen Infrastrukturmaßnahmen wie dem Straßenbau können diese Arbeitsplätze besser bezahlt werden", sagt Mitautor Brian O'Callaghan zu Klimareporter°.
Natürlich klingt die Idee von flexibler und effektiver Beschäftigung erstmal vielversprechend. Doch umsetzbar ist sie nur, wenn die grünen Konjunkturprogramme mit Investitionen in Bildung und Weiterbildung verbunden sind, betont Lucy Erickson von der Universität Oxford gegenüber Klimareporter°. "Die Maßnahmen sollten den Menschen in die neuen Jobs verhelfen." Auch die Bildungsinvestitionen schneiden in der Studie verhältnismäßig gut ab.
Wie die Ergebnisse zeigten, sei saubere Energie nicht nur erschwinglich und zuverlässig, sie biete auch die höchste Investitionsrendite, sagt Charles Donovan, Direktor des Zentrums für Klimafinanzierung und Investitionen an der Imperial College Business School in London. "Investoren haben ein wachsendes Interesse daran, ihr Geld nachhaltig anzulegen. Die Regierungen müssen die Regeln so verändern, dass sie es können."
Rettungspakete für Airlines waren sinnlos
Empfehlenswert sind laut Studie auch Investitionen in die Infrastruktur für saubere Energien und E-Mobilität, in den Ausbau digitaler Netze und in die Forschung.
Gut fürs Klima, aber nicht so sehr für die Wirtschaft seien Konjunkturprogramme für energetische Gebäudesanierung und Wiederbegrünung. Eine Beurteilung, die selbst die Studienautoren überraschte, da beide Maßnahmen nur geringe Ausbildungsanforderungen an Arbeitskräfte stellten.
Besonders schlecht schnitten in der Studie Rettungsaktionen für Fluggesellschaften ab, die nicht an Bedingungen geknüpft waren. Diese hätten in der Vergangenheit besonders wenig für die Gesamtwirtschaft gebracht, urteilten die befragten Experten.
Derzeit sind die Treibhausgasemissionen durch die Covid-19-Pandemie zwar deutlich gesunken, doch wenn nicht auf nachhaltige Konjunkturprogramme gesetzt werde, könnte das nur von kurzer Dauer sein, warnt Hauptautor Cameron Hepburn, Umweltökonom an der Smith School of Enterprise and the Environment in Oxford. Die Ausrichtung der Maßnahmen in den kommenden sechs Monaten werde weitgehend darüber entscheiden, ob die schlimmsten Auswirkungen der Erderwärmung vermieden werden können.