Viele aufgestapelte Container in verschiedenen Farben.
Wenn nur noch nach der Menge gefragt wird und nicht mehr nach dem Inhalt: Container als Symbol für quantitatives Wachstum. (Bild: Håkan Dahlström/​Flickr)

Der Schlussbericht der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" ist heute im Bundestag beraten worden. Seit Anfang 2011 hatten die 17 Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen und 17 Experten nach Antworten auf die "Grenzen des Wachstums" gesucht, vor denen der Club of Rome und andere schon seit Langem warnen.

In ihrem schon seit April vorliegenden rund tausend Seiten starken Abschlussbericht zeigen sich die Kommissionsmitglieder zwar einig, dass die Grenzen der Umweltnutzung in mehreren Bereichen schon überschritten sind – etwa beim Klimawandel oder beim Biodiversitätsverlust. Allerdings konnten sich die Abgeordneten der Koalition und der Opposition nicht auf konkrete Maßnahmen etwa zur Senkung des Rohstoffverbrauchs einigen.

Hermann Ott (Grüne), eines der aktivsten Kommissionsmitglieder, sprach dennoch von einem Erfolg. So sei man fraktionsübergreifend zu der Erkenntnis gekommen, "dass wir eine absolute Reduktion des globalen Ressourcen- und Umweltverbrauchs benötigen". Die Debatte müsse aber nun ohne Unterbrechung weitergehen.

Die Grünen fordern eine Änderung der Wohlstandsberichterstattung, sodass neben dem BIP auch ökologische und soziale Gesichtspunkte sowie die Lebenszufriedenheit eine Rolle spielen. Die Enquetekommission war an dieser Aufgabe letztlich gescheitert. Ott kritisierte vor allem die FDP, die weiter auf ungebremstes Wachstum setze und substanziellere Vorschläge in der Enquete verhindert habe.

Otts Parteikollege Reinhard Loske griff den von der FDP in die Kommission entsandten Experten Karl-Heinz Paqué heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung scharf an: "Dass die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen eine weitaus größere Freiheitsbeschränkung sein dürfte als eine anspruchsvolle Umweltgesetzgebung, die auch mit dem Setzen von Grenzen einhergeht, ist für Paqué offenbar nicht vorstellbar."

Umweltverbände hatten von der Enquetekommission mehr erwartet und äußerten sich überwiegend kritisch. Zwar habe die Kommission hart gearbeitet und "Zahlen und Fakten kompetent angehäuft", so Tilman Santarius von Germanwatch auf Klimareporter°, letztlich habe sie aber "der gefährlichen Utopie des immerwährenden Wirtschaftswachstums" nichts entgegensetzen können.

Auch nach Ansicht des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) bleibt der Schlussbericht "Antworten auf die Frage schuldig, wie wir in Zukunft wirtschaften, ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören". In einem Thesenpapier legte der Verband eigene Vorschläge für eine ökologische Reform der Steuer- und Ausgabenpolitik und den Abbau umweltschädlicher Subventionen vor.

Für FÖS-Geschäftsführer Damian Ludewig ist dabei ebenso wie für Santarius die Frage entscheidend, ob sich Wirtschaftswachstum durch Effizienzfortschritte von der Umweltzerstörung entkoppeln lässt. Auch die Rebound-Effekte seien zu berücksichtigen – wenn etwa Waren durch Effizienzfortschritte billiger und deshalb mehr nachgefragt werden, was die Effizienzgewinne wieder aufzehrt.

Allerdings, so Ludewig, müssten auch die Wachstumskritiker und die Verfechter eines "nachhaltigen Wachstums" aufeinander zugehen, statt sich "in theoretischen Diskussionen zu verzetteln" und die politische Gestaltung denen zu überlassen, die Wachstum um jeden Preis wollten.

Die Brisanz des Themas hat offenbar auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erkannt. Am Mittwoch lud sie zahlreiche Experten zu einem Gipfel über Lebensqualität ein, über den die Rheinische Post berichtete. Merkel schlug vor, Wohlstand und Lebensqualität zu einem Thema der deutschen G8-Präsidentschaft im Jahr 2015 zu machen.