Das Unternehmen Ratisbona realisiert für Edeka einen Lebensmittelmarkt-Neubau aus Holz. (Bild: Johannes Zettel/​Ratisbona Projektentwicklung KG)

Die Edeka-Gruppe, zu dem die Edeka-Supermärkte und der Discounter Netto gehören, hat als erster Lebensmittelhändler in Deutschland eine Leitlinie für eine komplette Kreislaufwirtschaft ausgegeben.

Orientieren will sich Edeka dabei am Prinzip "Cradle to Cradle" (C2C), deutsch "von der Wiege bis zur Wiege", das über die bisher üblichen Recyclingziele hinausgeht. Es soll sowohl für die Produkte und Verpackungen als auch für die genutzten Gebäude sowie die Unternehmensprozesse gelten.

Als Begründung für den neuen Ansatz führt Edeka an, dass laut aktuellen Daten die Kreislaufwirtschafts-Quote in der Wirtschaft global bei nur 6,9 Prozent liege, der Großteil der eingesetzten Materialien also deponiert oder verbrannt wird oder anderweitig verloren geht.

"Einzelne Recyclingziele reichen nicht aus, um den steigenden Ressourcenverbrauch nachhaltig zu verändern", schreibt das Unternehmen. Man setze daher nun auf einen "systemischen Ansatz", der biologische Kreisläufe, Rohstoffnutzung und wirtschaftliche Prozesse integriere. Edeka hole das Thema damit aus der "Recyclingecke" heraus.

Der "Cradle to Cradle"-Ansatz sieht vor, die in der Wirtschaft genutzten Produkte und Materialien von vornherein so zu gestalten, dass sie wieder in biologische oder technische Kreisläufe zurückgehen können, statt entsorgt zu werden. Abfälle sollen so zu wiederverwendbaren Rohstoffen werden. Der Energieverbrauch ist Nebensache, solange die Quellen erneuerbar sind.

Entwickelt wurde C2C Ende der 1990er Jahre von dem deutschen Chemiker Michael Braungart und dem US-Architekten William McDonough. Das C2C-Designkonzept war zudem ein wesentlicher Ausgangspunkt für das weit verbreitete "Circular Economy"-Konzept der britischen Ellen MacArthur Foundation.

Neben C2C als Gestaltungskonzept gibt es C2C auch als Produktzertifizierungssystem. Inzwischen haben etwa 860 Produkte ein entsprechendes Label erhalten, von Papier und Druckfarben über Jeans und Kosmetik bis zu Kühlschränken und Akkuschraubern. 

Im Verpackungsbereich ist noch viel zu tun

Wie das C2C-Prinzip umgesetzt werden soll, illustriert Edeka an Pilotprojekten im Immobilienbereich. Ziel sei es hier etwa, beim Neubau von Verkaufsgebäuden so zu planen und zu bauen, dass die Baustoffe am Ende ihres Lebenszyklus wiederverwendet werden können.

So wird derzeit ein Netto-Discount in Dortmund aus vorgefertigten Holzmodulen errichtet, die durch wieder lösbare Verbindungen eine spätere Wiederverwendung und zudem eine deutlich verkürzte Bauzeit ermöglichen sollen.

Ein weiteres innovatives Gebäude entsteht in Haimhausen bei München, hier sollen die C2C-Prinzipen möglichst komplett umgesetzt werden. Man arbeite dort mit dem dafür eingesetzten Projektentwickler zusammen, hieß es beim Förderverein Cradle to Cradle NGO in Berlin auf Klimareporter°-Anfrage.

Die in der Kreislaufwirtschafts-Leitlinie formulierten Ziele sollen Edeka zufolge in den kommenden Monaten und Jahren in die Praxis überführt werden. Erste Schritte sind danach der Bau weiterer C2C-Gebäude, das Vorantreiben von Recycling- und Mehrweglösungen sowie ein "intensiver Austausch" über das Kreislaufkonzept mit Lieferanten und Geschäftspartnern.

 

Fast alle Supermarktketten und Discounter bemühen sich in den letzten Jahren um ein grüneres Image. Tatsächlich wurde auch der Anteil von Biowaren im Sortiment deutlich erhöht, und es gibt vielfach Ziele für weniger Verpackungsmüll und energieeffizientere Gebäude.

Untersuchungen zeigen jedoch, dass zum Beispiel im Verpackungsbereich noch vieles im Argen liegt. So erhielt Netto beim jüngsten Verpackungscheck der Deutschen Umwelthilfe wie andere Discounter die Ampel-Bewertung "rot", Edeka immerhin "gelb", während die Biomärkte "grün" bekamen.

Bei Cradle to Cradle NGO ist man natürlich hochzufrieden, dass mit dem Edeka-Verbund der größte Lebensmittel-Einzelhändler auf C2C eingestiegen ist. Werde diese Strategie stringent umgesetzt, könne "das zum Vorbild für den gesamten Einzelhandel werden".