Manganknolle in Nahaufnahme, sieht ungefähr wie Schlacke aus.
Sieht aus wie Mondgestein, es sind aber irdische Manganknollen. (Foto: Walter Kölle/​Wikimedia Commons)

Schon 2020 könnten die ersten Sonden zur Erkundung starten, dank innovativer Techniken und sinkender Kosten, prophezeit die jüngste, im Frühjahr veröffentlichte Bergbau-Broschüre des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die dabei verwendeten Technologien hätten das Potenzial, die deutsche Industrie fit für die Zukunft zu machen.

Frage: Über welchen Bergbau redet der BDI hier? Von dem in der Tiefsee?

Falsch. Die Vision, im Jahr 2020 Rohstoff-Sonden loszulassen, gilt dem Weltraum-Bergbau. Ein "Aufbruch zu neuen Sternen" sei das, schreibt der BDI und malt in der Hochglanz-Broschüre aus, wie gut es wäre, aus dem All den Rohstoffhunger zu decken.

Eine Abkehr vom bisherigen Zukunftsfeld für Rohstoffe, dem Tiefseebergbau, sei das aber nicht, stellt BDI-Sprecher Steffen Schulze gegenüber Klimareporter° klar. Der BDI fordere in seiner Berliner Rohstofferklärung vom Juli 2018 von der Bundesregierung, innovative Rohstoffprojekte gezielt zu fördern – und damit konkret Pilotprojekte sowohl im Tiefsee- als auch im Weltraum-Bergbau.

Deutschland testet Abbau im Pazifik

Steht angesichts des "Aufbruchs zu den Sternen" der Tiefseebergbau dennoch davor, quasi "versenkt" zu werden?

Durch technische Fortschritte und einen internationalen Rechtsrahmen, der zurzeit entwickelt wird, hätten sich die Voraussetzungen für den Tiefseebergbau in den letzten Jahren deutlich verbessert, betont Carsten Rühlemann von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). "Vergleichbare konkrete Entwicklungen sind für einen möglichen Weltraumbergbau noch nicht erkennbar."

Rühlemann leitet bei der BGR die Manganknollen-Exploration. Kürzlich kehrte ein BGR-Team aus dem deutschen Manganknollen-Lizenzgebiet im Zentralpazifik zurück. Seit zwölf Jahren erkundet die Bundesanstalt das 75.000 Quadratkilometer große Gebiet. Basis ist ein 2006 zwischen der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA und der BGR geschlossener Vertrag, laut dem Deutschland in diesem Gebiet 15 Jahre lang forschen darf.

Nach der jüngsten Expedition sei, so die BGR, für 2019 endlich ein erster Gerätetest in 4.000 Metern Tiefe geplant. Ein Kollektor-Prototyp der belgischen Firma DEME-GSR im Maßstab eins zu vier soll Knollen aufnehmen, bis zu drei Tonnen in einem Behälter sammeln und die Knollen dann nach einigen Dutzend Metern wieder ablegen. Es würden keine Knollen an die Oberfläche geholt.

Mit dem industrienahen Test habe man auch eine einmalige Gelegenheit, "mehr über die Auswirkungen eines künftigen Abbaus von Manganknollen auf das Ökosystem der Tiefsee zu erfahren", erklärt Rühlemann. Die Durchführung eines solchen Pilot-Mining-Tests hält auch BDI-Sprecher Schulze für notwendig, um "belastbare Informationen" über die Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu erhalten.

Industrie sieht keine Umweltprobleme

Noch immer ist die Internationale Meeresbodenbehörde dabei, ein Regelwerk für den Abbau von Tiefseerohstoffen in internationalen Gewässern zu erarbeiten. "Die Standards sollten so gesetzt werden, dass die Umweltauswirkungen so gering wie möglich gehalten werden", meint Schulze.

Karte des Pazifischen Ozeans mit den hervorgehobenen Tiefseebergbau-Lizenzgebieten Deutschlands.
Seit 2006 erkundet Deutschland seine Manganknollen-Claims im Ostpazifik zwischen Polynesien und Mexiko. (Grafik: ISA/BGR)

Aus der Sicht des BGR-Experten Rühlemann ist "eine gesellschaftliche Debatte erforderlich, in der die Vor- und Nachteile eines Tiefseebergbaus unvoreingenommen diskutiert werden".

Am Ende müsse dann eine politische Entscheidung her, ob die Metalle weiterhin ausschließlich aus Quellen an Land oder künftig zumindest zum Teil auch aus der Tiefsee gewonnen werden sollen.

Rühlemann: "Beide bergbaulichen Maßnahmen sind immer mit Umweltauswirkungen verbunden – entweder an Land, in unserem Lebensraum, oder in über 4.000 Metern Wassertiefe."

Das Umweltproblem könnte ein Grund sein, warum der Weltraum der Tiefsee doch noch den Rang ablaufen könnte. Das Wort Umwelt kommt in der BDI-Broschüre allerdings nicht ein einziges Mal vor – und dass ein ausgewachsener Bergbau im All ohne ökologische Folgen bleibt, darf man bezweifeln.

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