Merkel und Macron auf der Weltklimakonferenz 2017 in Bonn
Merkel und Macron, hier auf dem Weltklimagipfel im vergangenen November in Bonn. (Foto: Michael Gottschalk/​BMUB/​Flickr)

Es soll der Anfang einer Reform der Europäischen Union sein: Frankreich und Deutschland haben sich auf Eckpunkte geeinigt, an denen sie künftig gemeinsam arbeiten wollen. Dazu trafen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron heute im Schloss Meseberg in Brandenburg, beide mit Fachministern im Schlepptau.

In der gemeinsamen Gipfelerklärung gibt es auch einen Absatz zum Klimaschutz. Neben einem erneuten Bekenntnis zum Pariser Weltklimaabkommen versprechen Frankreich und Deutschland darin drei Dinge:

  • Sie wollen für die EU eine Strategie zum langfristigen Klimaschutz bis 2050 entwickeln. Zur Hälfte des Jahrhunderts will der Staatenbund seinen Treibhausgasausstoß gegenüber 1990 um 80 bis 95 Prozent gesenkt haben – wie er dorthin kommt, ist noch nicht klar. Ganz neu ist der französisch-deutsche Vorstoß allerdings nicht. Schon im März hatte der Europäische Rat der EU-Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission aufgefordert, bis 2019 einen Vorschlag für eine langfristige Klimastrategie zu unterbreiten.
  • Die beiden Länder wollen "sicherstellen", dass sich die EU auf dem Weltklimagipfel im Dezember im polnischen Katowice verpflichtet, ihr Klimaziel für 2030 zu verschärfen. Bislang hat die EU versprochen, ihre Emissionen bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, konkrete Ziele für einzelne Sektoren gibt es noch nicht. Laut Paris-Abkommen sollen die Länder ihre Klimaziele, wie sie sie dem Vertragstext beigelegt haben, alle fünf Jahre überprüfen und aktualisieren. Die Hoffnung ist: nach oben. Ganz ausdrücklich ist die Richtung im Vertragstext aber nicht vorgeschrieben. Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die erste "Nachbesserungsrunde" im Jahr 2020. Es ist einer der Gründe dafür, dass der Katowice-Gipfel als der wichtigste seit dem in Paris 2015 gilt.

Ob die EU ein höheres Gebot abgibt, liegt freilich nicht nur in den Händen von Macron und Merkel. Hinzu kommt, dass Deutschland zuletzt eher als Bremser aufgetreten ist, als es um die Ziele der EU bei der Energiewende ging oder um neue Schadstoff-Grenzwerte für Kohlekraftwerke – also um Maßnahmen, mit denen die EU ihre Klimaziele, ob nun die aktuellen oder neue, überhaupt nur erreichen kann.

  • Neu angekündigt ist eine gemeinsame High-Level-Arbeitsgruppe zum Klimaschutz, in der politisches Spitzenpersonal beider Länder an der künftigen Zusammenarbeit feilt und gemeinsame Positionen erarbeitet. Dabei soll es um die Energiewende gehen und um finanzielle Anreize für nachhaltiges Wirtschaften. Ausdrücklich ist die Bepreisung von Kohlendioxid-Emissionen als Schwerpunkt genannt. Macron wirbt schon lange für einen europäischen CO2-Preis, der anders als der europäische Emissionshandel nicht nur den Stromsektor betreffen würde, sondern etwa auch den Verkehr, das Heizen und Kühlen sowie die Landwirtschaft.

"Durchbruch zu strategischer Klimakooperation"

Die Klimaschutzorganisation Germanwatch nannte die Gipfelerklärung einen "Durchbruch zu einer strategischen Klimakooperation der beiden Länder". Im Vordergrund der Gespräche um die Zukunft der EU stand das Klima dennoch nicht.

Das liegt vor allem an den innenpolitischen Problemen der Kanzlerin: Merkels CDU trägt mit der bayerischen Schwesterpartei CSU einen Streit um die Flüchtlingspolitik aus, in dem die CSU ihre Positionen immer weiter nach rechts setzt – und in dem Merkel für eine europäische Lösung plädiert. Auch Macron steht allerdings unter Druck: Er muss seinen Reden zur europäischen Idee Taten folgen lassen. Die gemeinsame Erklärung beschäftigt sich denn auch zum großen Teil mit Fragen von Migration, Sicherheit und Verteidigung, aber auch mit der Bankenrettung.

Seit Monaten wirbt Macron für einen "neuen Élysée-Vertrag", der die deutsch-französische Freundschaft aufs Neue besiegelt und in die Zeit der fortgeschrittenen europäischen Integration übersetzt. Im Januar hatten auch der Bundestag und die französische Nationalversammlung dafür gestimmt. Beide Parlamente sprachen sich in ihrer Resolution auch für gemeinsame Maßnahmen beim Klimaschutz aus, der im ursprünglichen Élysée-Vertrag von 1963 noch nicht auftaucht.

Sowohl von der extremen Rechten als auch den Linken wurde Macrons Projekt damals kritisiert, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während sich die Nationalisten von der AfD in Deutschland und dem Front National in Frankreich gegen die pro-europäische Ausrichtung wandten, gaben die Linken-Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch zusammen mit dem Chef der linken Parti de Gauche in Frankreich, Jean-Luc Mélenchon, eine Erklärung ab, in der sie vor einer Vormachtstellung Deutschlands und Frankreichs innerhalb der EU warnen.

Anzeige