Die Klimaanlage in einem Auto
Klimaschädliche Fluorkohlenwasserstoffe können in Auto-Klimaanlagen eingesetzt werden. (Foto: Karolina Grabowska/​Pixabay)

Lasche Kontrollen, geringe Strafen, aber hohe Gewinne. So stellt sich die Situation in der EU in den Augen eines Schmugglers von Kühlmitteln dar. Die EU hat sich dazu verpflichtet, die Verwendung von Fluorkohlen­wasser­stoffen (FKW) schrittweise zurückzufahren.

Diese Stoffe kommen in Klimaanlagen oder Kühlschränken zum Einsatz. Sie ersetzen Fluorchlor­kohlen­wasser­stoffe (FCKW), die wegen ihres Chloratoms die Ozonschicht schädigen und deshalb mit der Hilfe des Montreal-Protokolls zum Schutz der Ozonschicht weltweit abgeschafft werden.

Doch manche Ersatzstoffe sind extrem klimaschädlich. Die verschiedenen FKW haben eine Klimawirkung, die zwischen 675 und 3.922 Mal größer ist als die von CO2. Daher wurde das Montreal-Protokoll durch den sogenannten Kigali-Zusatz ergänzt, um auch den Einsatz von FKW zu reduzieren.

Die EU regelt in der "F-Gas Verordnung", wie viel FKW pro Jahr noch verbraucht werden darf. Die erste nennenswerte Reduktion kam im vergangenen Jahr. Die Quote für 2018 lag um 37 Prozent unter dem Referenzwert. Daher begannen FKW-Verbraucher schon im Jahr 2017 die Gase zu hamstern und trieben damit die Preise nach oben.

FKW-Schmuggel wurde lukrativ

Anfang 2018 kostete etwa das Kältemittel R404a in der EU elfmal so viel wie noch vier Jahre zuvor und damit deutlich mehr als in Russland, der Türkei oder China. Ähnlich sah es bei anderen Gasen aus. Damit wurde FKW-Schmuggel zu einem potenziell lohnenswerten Geschäft.

Eine Untersuchung der britischen Umweltorganisation Environmental Investigation Agency (EIA) zeigt nun, dass die EU letztes Jahr tatsächlich mehr FKW importiert hat, als eigentlich zulässig wäre. Allein eine Analyse der Daten der EU-Zollbehörden lässt vermuten, dass FKW im Umfang von 16 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zusätzlich zur Quote von 101 Millionen Tonnen importiert wurden.

Um dem illegalen Gashandel auf die Spur zu kommen, hat die EIA mehrere Quellen genutzt: Angaben der EU-Zollbehörde zu Importen und Exporten, Informationen von Chinas Zollbehörde zu Exporten, das EU-Register für FKW sowie eine Umfrage in der Branche. Dabei sind diverse Auffälligkeiten zutage getreten.

So waren in elf EU-Ländern die Importe im Jahr 2018 mehr als doppelt so hoch wie 2016. Spitzenreiter ist hier Österreich, das seine Importe um 888 Prozent gesteigert hat.

Bei sechs Ländern waren in den Statistiken Chinas FKW-Exporte in das Land im Jahr 2017 mehr als doppelt so hoch wie das, was laut dem jeweiligen Land aus China importiert wurde. Hier führt Lettland: Das baltische EU-Land importierte offiziell 16 Tonnen FKW aus China, aber die chinesischen Daten zeigen Exporte von 245 Tonnen.

Kontrolle für Zollbeamte kompliziert

Auch das FKW-Register der EU ist interessant. Wer eine FKW-Importquote haben will, muss sich dort registrieren lassen. Im Jahr 2017 waren 1.699 Firmen registriert – ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor.

Das klarste Bild zeichnet aber die Umfrage in der Branche: 83 Prozent der angefragten Firmen und Verbände gaben an, sie wüssten oder hätten zumindest den Verdacht, dass illegale FKW im Umlauf sind.

Das ist nicht die Schuld der Zollbeamten an den EU-Außengrenzen. Diese können nur überprüfen, ob ein Importeur beim FKW-Register gemeldet ist und somit eine Importquote hat. Ob er die Quote schon ausgeschöpft hat, sehen die Beamten aber nicht.

Hinzu kommen unterschiedliche Maßeinheiten. Die Quoten sind in CO2-Äquivalenten angegeben, während auf den Zollformularen die Menge an FKW steht. Bei 82 verschiedenen FKW mit jeweils unterschiedlichen Umrechnungsfaktoren müssten die Grenzer über beträchtliche naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügen, um die Berechnung vor Ort zu machen.

Die EIA empfiehlt daher, dass Importlizenzen nicht pauschal, sondern für jede Lieferung einzeln erteilt werden und dass das FKW-Register kontinuierlich aktualisiert wird. Dieses Verfahren wird bereits bei ozonschädigenden Substanzen wie FCKW eingesetzt und hat sich bewährt.

Verbotene Kühlmittel bei Ebay

Hinzu kommt der klassische Schmuggel, bei dem Kühlmittel versteckt über die Grenze gebracht werden. Aber wer kauft illegale Kühlmittel? Vor allem Autowerkstätten und Gebrauchtwarenhändler. Dazu ist auch nicht allzu viel kriminelle Energie erforderlich. Speziell auf der Internetplattform Ebay finden sich Kühlmittel problemlos. Dort sind auch Kältemittel in den eigentlich verbotenen Einwegdosen erhältlich.

Der Autor hat dazu einen Selbstversuch gemacht. Bei einer Suche nach R134a, so heißt eines dieser Mittel, war der erste Treffer eine 650-Milliliter-Einwegdose von einem Anbieter in der Ukraine. Die Dose wird für 29,39 Euro offeriert, dafür ist der Versand kostenlos.

Welche Mengen versteckt oder per Post aus dem Ausland kommen, ist naturgemäß unbekannt. Klar ist hingegen, wer unter dem Schmuggel leidet: die ehrlichen Importeure, der Staat wegen entgangener Zölle und Steuern – und das Klima.

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