Ein Windpark, eine Solar-Freiflächenanlage und Stromleitungen auf einem Feld.
Mit erneuerbaren Energien ist Machtpolitik nicht so einfach. (Foto: Jens Ickler/​Elxeneize/​Shutterstock)

Umweltschützer haben die Europäische Kommission in einem offenen Brief aufgefordert, ihren aktuellen Taxonomie-Entwurf zurückzuziehen, in dem Erdgas und Atomkraft als nachhaltige Energieformen eingestuft werden. Der Ukraine-Krieg zeige, dass beide Energieformen nicht der richtige Weg seien, um in Europa eine klima- und umweltfreundliche Versorgung zu gewährleisten, argumentieren sie.

Die EU-Kommission will mit der Taxonomie Privatinvestoren Leitlinien an die Hand geben, damit diese mit der Auswahl nachhaltiger Energien das Ziel der Europäischen Union unterstützen, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Neben erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft finden sich in dem Vorschlag der Kommission auch Erdgas und Atomenergie. Begründung: Es gebe keine "technisch und ökonomisch machbare CO2-arme Alternative", um den Energiebedarf "in ausreichendem Umfang in kontinuierlicher und zuverlässiger Weise zu decken".

Die Bundesregierung hat sich gegen die Aufnahme der Atomkraft ausgesprochen, zumindest bis zum Beginn des Ukraine-Krieges, aber für Erdgas als "Brückentechnologie".

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt" halten die Argumentation der Kommission durch die Folgen des Kriegs für endgültig widerlegt. "Russlands Angriffskrieg verdeutlicht, dass es keineswegs zur Versorgungssicherheit Europas beiträgt, weiterhin auf fossiles Gas zu setzen", sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Europa müsse seine Abhängigkeit von fossilem Gas durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und durch Energieeffizienzmaßnahmen senken, so Müller-Kraenner. Jeder Euro, der aufgrund der EU-Taxonomie in fossiles Gas oder Atomkraft fließt, fehle für eine wirkliche Energiewende.

"Atomkraft ist in keinem Land sicher"

"Ausgestrahlt" verwies darauf, dass auch die Atomkraft "gerade nicht zur Versorgungssicherheit beiträgt". Im Gegenteil seien die EU-Länder, die AKW betreiben, auch bei Uran und Brennelementen zu einem großen Teil von Importen aus Russland abhängig, sagte Armin Simon von Ausgestrahlt.

Die EU-Kommission hat wegen des Ukraine-Kriegs das Ziel ausgegeben, den Bezug von Gas aus Russland – derzeitiger Anteil in der Union rund 38 Prozent – bis 2027 auf null herunterzufahren. Dafür sollen Effizienz und Erneuerbare vorangebracht werden. Gleichzeitig will die EU aber auf andere Erdgaslieferanten wie die USA, Katar und Australien ausweichen.

Die beiden Umweltorganisationen warnen davor, dass die Taxonomie in ihrer aktuellen Form die fossil-atomaren Technologien und die damit verbundenen Abhängigkeiten zementiere.

Gut elf Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima mache der Ukraine-Krieg zudem erneut deutlich, dass Öko-Energien der einzige Weg seien, um ökologische Katastrophen zu vermeiden. "Auch in einem europäischen Atomkraftwerk kann es jeden Tag zu einem Super-GAU kommen."

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