Port Północny
Kohlehafen in Gdynia an der Ostsee: Kann sich Polens Wirtschaft von der Kohle lösen? Die meisten Bürger sind dafür. (Foto: Inter Balt)

Nachdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am gestrigen Mittwoch ihren "European Green Deal" vorgestellt hat, tagen heute und morgen in Brüssel die Regierungschefs der 28 Mitgliedsstaaten. Auf der Tagesordnung steht unter anderem das Ziel, die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen.

Schon auf dem EU-Gipfel im Juni hätte dieses Ziel beschlossen werden können, allerdings sperrten sich damals Polen, Tschechien und Ungarn dagegen – auch Estland war zögerlich. Das baltische Land, das in der neuen EU-Kommission die Energiekommissarin stellt, hat aber inzwischen beschlossen, sich dem Ziel anzuschließen.

Polen, Tschechien und Ungarn blockieren laut Medienberichten vom gestrigen Mittwoch weiter das Ziel. Sie fordern eine höhere Unterstützung für den Strukturwandel. So hatte das stark von der Kohle abhängige Polen im Oktober mehr Geld gefordert, als derzeit für den EU-Haushalt der Jahre 2021 bis 2027 eingeplant ist.

Ursprünglich hatte das EU-Parlament für den sogenannten "Just Transition Fund" um die fünf Milliarden Euro eingeplant. Ursula von der Leyen sprach hingegen bei der gestrigen Vorstellung ihres "Green Deal" von insgesamt 100 Milliarden Euro für den Strukturwandel.

Ob das die polnische Regierung überzeugen wird, ist offen. "Es gibt eine realistische Chance, dass das Ziel zur Klimaneutralität im Dezember beschlossen wird", hatte sich Artur Runge-Metzger, Klimastrategiechef der EU-Kommission, Ende November hoffnungsvoll gezeigt. Immerhin werde beim bevorstehenden Gipfel auch über den Finanzrahmen diskutiert.

Allerdings ist noch völlig unklar, wie die zusätzlichen Gelder für den Klimaschutz aufgebracht werden sollen.

Sieben von zehn Polen würden zustimmen

Zumindest wenn es nach der polnischen Bevölkerung ginge, würde ihre Regierung dem Ziel zustimmen. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Kampagnenorganisation Avaaz wollen 69 Prozent der Polen, dass ihre Regierung aufhört, das Klimaneutralitäts-Ziel zu blockieren.

Und diese Zustimmung beschränkt sich laut der Umfrage nicht nur auf die größten Städte. Zwar haben dort sogar 76 Prozent für mehr Klimaschutz gestimmt, in mittelgroßen Städten waren es aber noch mehr (79 Prozent), und selbst in Kleinstädten (65) und auf dem Land (63 Prozent) sprachen sich die meisten Befragten für mehr Klimaschutz aus. 81 Prozent befürworten außerdem den europäischen Green Deal.

"Diese Ergebnisse passen zu dem, was wir in der Vergangenheit gesehen haben", kommentiert der polnische Umweltpsychologe Adrian Wójcik.

Auch bei früheren ähnlichen Befragungen hätten um die 80 Prozent der Polen dafür gestimmt, dass ihr Land die Klimaschutzbemühungen der EU unterstützen soll. "Die Gesellschaft will eine solche Politik, und es wird Zeit, dass die Politiker das auch verstehen", so Wójcik.

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