Das Europagebäude in Brüssel
Hier haben die EU-Mitgliedsstaaten das Sagen: Im Europagebäude in Brüssel tagen sowohl der EU-Ministerrat als auch der Europäische Rat. (Foto: Philippe Samyn and Partners/​Wikimedia Commons)

Die Staats- und Regierungschefs der EU planen derzeit auf ihrem zweitägigen Treffen die großen politischen Linien des Staatenbunds für die nächsten Jahre – und haben in Sachen Klimaschutz nichts zustande gebracht.

Eine Ländergruppe um Frankreich wollte eigentlich erreichen, dass die 28 Staatenlenker sich gemeinsam zu dem Ziel bekennen, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.

Der Vorstoß bekam nach und nach mehr Zuspruch, allerdings hatte sich schon gestern abgezeichnet, dass er auch noch starke Gegner hat. Die große Mehrheit der EU-Staaten, darunter Deutschland, ist nun vor allem am Widerstand von Polen, Tschechien und Ungarn gescheitert. Auch Estland hatte zunächst Bedenken. Für einen Beschluss war Einstimmigkeit notwendig.

Laut den sogenannten Schlussfolgerungen fordert der Europäische Rat nun die EU-Gremien auf, sich für den Übergang zu einer klimaneutralen EU in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen einzusetzen. In einem Entwurf war dort noch der Zusatz "bis zum Jahr 2050" enthalten gewesen. Von dem Ziel ist dem Vernehmen nach nur ein kurzer Vermerk in einer Fußnote der Abschlusserklärung übrig geblieben, der darauf verweist, dass die Mehrheit der Staaten dafür war.

2050 ist laut einem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC der Zeitpunkt, an dem die gesamte Welt klimaneutral sein muss, wenn sie wenigstens eine 50-prozentige Chance haben will, die Erderhitzung bei 1,5 Grad gegenüber vorindustriellen Zeiten zu stoppen. Das zu tun, haben sich die Staaten im Paris-Abkommen vorgenommen.

Auch Deutschland hat sich erst vor Kurzem zur Unterstützung des Klimaneutralitäts-Ziels durchgerungen. Beim Petersberger Klimadialog im Mai in Berlin bekannte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals zur "Netto-Null", wenn auch noch unverbindlich. Zuvor hatte sie sich der Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nicht anschließen wollen und dafür viel Kritik geerntet.

Merkel begründete ihre damalige Absage damit, dass der Vorstoß nicht den deutschen Klimazielen entspreche. Das ist auch immer noch so: Laut dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung will Deutschland eine Spanne von 80 bis 95 Prozent Treibhausgasminderung zur Hälfte des Jahrhunderts erlauben. Der Plan stammt aber noch aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen.

"Schwarzer Tag für den Klimaschutz"

Für die aktuelle politische Lage ist aber etwas anderes fast noch wichtiger: Die Staats- und Regierungschefs haben sich auch nicht auf eine Verschärfung des EU-Beitrags zum Paris-Abkommen geeinigt, also ihres Klimaziels für 2030.

Dazu hatte sogar der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, die EU-Staaten in der vergangenen Woche in einem Brief ausdrücklich aufgefordert. Statt wie bisher zugesagt 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 einzusparen, sollten es laut Guterres 55 Prozent sein.

Für das Jahr 2030 haben alle am Paris-Abkommen beteiligten Staaten nationale Klimaziele beim UN-Klimasekretariat eingereicht – diese reichen aber insgesamt nicht, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten. Deshalb sieht das Abkommen vor, dass diese Ziele alle fünf Jahre verschärft werden. Erstmals soll das im kommenden Jahr passieren.

Im September hält UN-Chef Guterres einen Gipfel in New York ab, um diesen Prozess in Gang zu bringen. Das jetzige Treffen des Europäischen Rats ist das letzte vor diesem Termin – eine weitere Gelegenheit, die Weichen dafür zu stellen, haben die Staats- und Regierungschef also nicht.

Umweltschützer sind mehr als enttäuscht von dem Ergebnis. Stefan Krug von Greenpeace sprach von einem "schwarzen Tag" für den Klimaschutz in Europa. Obwohl Kanzlerin Merkel auf dem Gipfel selbst nicht gebremst habe, trage sie Verantwortung für das Scheitern.

"Deutschland hätte gemeinsam mit Frankreich seit Monaten Druck auf Polen, Ungarn, Tschechien und Estland ausüben können, für mehr Klimaschutz zu stimmen", sagte Krug. "Aber das scheiterte am Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und an der Passivität von Angela Merkel – so ging wertvolle Zeit verloren."

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