Europafahne
Die Verzögerungstaktik des Bundeswirtschaftsministeriums droht nun auch das Klimaziel der gesamten EU auszubremsen. (Foto/​Ausschnitt: Dominik Leitner/​Pixabay)

Vor gut zwei Wochen machte die EU-Kommission publik, welche Mitgliedsstaaten ihre Klimapläne für das kommende Jahrzehnt bislang vorgelegt haben und welche nicht.

Die Veröffentlichung der Liste sollte Druck machen auf die Länder, die sich nicht an die Deadline gehalten hatten. Die Frist war zum Jahreswechsel, vor acht Wochen, abgelaufen.

Passiert ist seither nichts. Auf der Website der EU-Kommission steht noch immer unverändert die Liste vom 7. Februar.

Aus ihr geht hervor, dass erst 19 Länder ihrer Verpflichtung nachgekommen sind. Acht Länder haben dies noch nicht getan – darunter auch Deutschland.

Zur Begründung verweist das zuständige Bundeswirtschaftsministerium auf das Klimaschutzprogramm. "In den vergangenen Wochen und Monaten haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat wichtige Weichenstellungen in der Energie- und Klimapolitik vorgenommen", teilt das Haus Altmaier auf Nachfrage mit.

Diese Ergebnisse wolle man in der Meldung nach Brüssel berücksichtigen. "Die EU-Kommission ist über die hierdurch bedingte Zeitverzögerung informiert."

Constantin Zerger, der bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) für Energie und Klimaschutz zuständig ist, hält diese Begründung für vorgeschoben.

Eine solche Argumentation, meint der DUH-Experte, nehme Fristen die Verbindlichkeit. Man könne dann ja immer sagen, zuerst sei noch diese oder jene Entscheidung abzuwarten.

Im Ergebnis gehe es klimapolitisch nicht voran. "Der Prozess wird verschleppt", sagt Zerger gegenüber Klimareporter°.

"Das macht deutlich, dass für wichtige EU-Länder Klimaschutz nicht die Priorität hat, die er haben sollte." Neben Deutschland hat unter anderem auch Frankreich noch keinen Energie- und Klimaplan bis 2030 eingereicht.

Eigentlich wäre genug Zeit gewesen

Die Pläne mit dem sperrigen Namen "Final Integrated National Energy and Climate Plans for 2021 to 2030", kurz NECP, sind alles andere als unwichtig. Durch sie kann die EU-Kommission kontrollieren, ob die Mitgliedsstaaten auf Kurs sind, um die EU-Klimaziele zu schaffen. Falls nicht, kann sie Nachbesserungen einfordern.

Dazu hatten die Länder zunächst Entwürfe einreichen müssen. Die Deadline war Ende 2018, ein Jahr bevor die finalen, überarbeiteten Pläne vorliegen mussten.

Die EU-Kommission prüfte die Entwürfe – und stellte bei sämtlichen EU-Staaten großen klimapolitischen Nachholbedarf fest. Auch zum deutschen NECP-Entwurf hatte die Kommission zahlreiche Anmerkungen.

Das Ergebnis der Prüfung lag Mitte 2019 in Form von Empfehlungen der EU-Kommission an die Adresse der Mitgliedsstaaten vor. Theoretisch wäre genug Zeit gewesen, um die NECP-Entwürfe fristgerecht bis zum Jahresende zu überarbeiten.

"Die NECPs sind ein wichtiges Instrument, um unsere Energie- und Klimaziele zu erreichen", sagt eine Sprecherin der EU-Kommission gegenüber Klimareporter°. "Um dieses Instrument richtig nutzen zu können, müssen uns aber alle Pläne vorliegen."

Mitte des Jahres soll Klarheit herrschen

Nach Angaben der Sprecherin hat die Kommission schon damit begonnen, die bereits vorliegenden Pläne zu prüfen. "Bis Mitte des Jahres wollen wir eine umfassende Bewertung vorlegen, ob das Ambitionsniveau insgesamt ausreicht."

Eine solche Gesamtbewertung würde aber erfordern, dass die Pläne aller Länder vorliegen und berücksichtigt werden können.

Das wäre auch wichtig für die weitere klimapolitische Planung der EU. Denn: "Die Überprüfung der NECPs fließt auch in den Prozess der Erhöhung der Klimaziele für 2030 ein", sagt die Kommissionssprecherin.

In diesem Jahr will die EU ihr Klimaziel für 2030 erhöhen. Derzeit liegt die Zielmarke noch bei 40 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990. Im Gespräch ist nun eine Erhöhung auf 50 bis 55 Prozent.

Auch in diesem Punkt ist die EU spät dran. Nach Paragraf 25 des Paris-Abkommens hätte sie spätestens am 9. Februar – neun Monate vor dem nächsten Klimagipfel, der am 9. November in Glasgow beginnt – verbesserte Klimaziele für das Jahr 2030 vorlegen müssen.

Das hat die EU – genauso wie fast alle anderen Länder – nicht getan. Pünktlich waren nur drei Länder – die Marshallinseln, Surinam sowie Norwegen. Sie stehen für lediglich 0,1 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.