Bienen spielen wie andere Blütenbestäuber eine zentrale Rolle in der Natur und für die Landwirtschaft. Doch die kleinen, unscheinbaren Insekten sind zunehmend bedroht, und bei einem weiteren Rückgang der Populationen würden nicht nur Wiesen und Wälder um einiges karger, auch die Nahrungsmittelversorgung für die stetig wachsende Weltbevölkerung wäre ernsthaft bedroht.

Fachleute führen den bisherigen Rückgang der Bienen auf einen Mix an Ursachen zurück, darunter Krankheitserreger wie die Varroamilbe und die Folgen der industriellen Landwirtschaft. Ein internationales Forschungsteam weist nun auf einen weiteren Risikofaktor hin: die Belastung der Umwelt durch Nano- und Mikroplastikpartikel.

 

Die teils extrem kleinen und mit bloßem Auge nicht sichtbaren Partikel können zunehmend nicht nur in städtischen Gebieten, sondern auch in Naturgebieten und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nachgewiesen werden, wo Bienen und andere Nutzinsekten mit ihnen in Kontakt kommen.

Mikroplastik ist per Definition zwischen einem Mikrometer und fünf Millimetern groß, noch kleinere Partikel werden als Nanoplastik bezeichnet. Quellen der Partikel sind laut Umweltbundesamt unter anderem Reifenabrieb, Textil-Mikrofasern, Kunststoffbehälter wie etwa Plastikflaschen sowie Medizinprodukte.

Die Partikel sind inzwischen auf der ganzen Welt in der Umwelt nachweisbar, sogar in der Arktis wurden sie gefunden.

Organschäden und Verhaltensänderungen

Das Forschungsteam fand nun heraus: Nehmen die Insekten Plastikpartikel über die Nahrung oder die Luft auf, kann das ihre Organe schädigen und Verhaltensveränderungen verursachen. Die Folge ist, dass sie wichtige ökologische Funktionen wie die Bestäubung und Schädlingsbekämpfung nicht länger gut erfüllen können.

Die Plastikverschmutzung berge daher "erhebliche Risiken für die Artenvielfalt, die landwirtschaftliche Produktion und die globale Ernährungssicherheit", so eine Mitteilung der Universität Freiburg, die neben der Westsee-Universität im chinesischen Hangzhou und der Uni Tübingen an der Untersuchung beteiligt war. Erschienen ist die Studie jetzt im Fachjournal Nature Communications.

Auch Hummeln wie diese Apfelblüten-Besucherin gehören zu den Bienen. Die Vielfalt der Bestäuberinsekten ist aber sehr viel größer. (Bild: Celles/​Pixabay)

Dass die Plastikpartikel schädliche Effekte auf Gewässer haben, ist seit Längerem bekannt. Es fehlte aber bislang an systematischen Übersichtsarbeiten, wie sie sich auf Agrar-Ökosysteme auswirken.

Diese Lücke hat das Forschungsteam nun geschlossen, in dem es 21 Einzelstudien zusammenfasste. So ließen sich die Hauptquellen identifizieren, aus denen Partikel auf Agrarflächen gelangen: Plastikfolien, Düngemittel, verschmutztes Wasser und Ablagerungen, die über die Luft herangeweht werden.

Die Plastikteilchen reichern sich laut Studie nicht nur in Böden an, sondern werden auch von Bestäubern sowie von Nutzinsekten, die Schädlinge klein halten, über die Luft und die Nahrung aufgenommen oder im Nestbau verwendet.

Das Forschungsteam stellte fest, dass es durch die Partikelaufnahme bei Bienen etwa zu Schäden am Verdauungssystem, zur Schwächung des Immunsystems und zu Verhaltensänderungen kommen kann. Dadurch würden die Tiere anfälliger für Krankheiten und könnten Pflanzen möglicherweise weniger effektiv bestäuben.

Wechselwirkung zwischen Mikroplastik und schädlichen Viren

"Wir finden Mikroplastik im Darm von Bienen und sehen, wie Wildbienen Plastik zum Nestbau nutzen", erläuterte die Freiburger Naturschutz-Professorin Alexandra-Maria Klein, eine Mitautorin der Studie. "Wir müssen daher dringend erforschen, welche Wechselwirkung dies mit anderen Stressoren wie dem Klimawandel für die Bienen und ihre Bestäubungsleistungen hat."

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen, dass eine sinkende Bestäubungsleistung sich nachteilig auf den Ertrag von Nutzpflanzen auswirken wird. Die Plastikverschmutzung könne so bestehende Unsicherheiten bei der globalen Nahrungsmittelversorgung weiter verschärfen.

Darüber hinaus verstärke die Belastung mit den Partikeln auch die Gefahren, die von anderen Umweltstressoren ausgehen – wie Pestiziden, chemischer Verschmutzung, Pilzen und Krankheitserregern. In einigen Gebieten bildeten sich sogar "Hotspots" der Wechselwirkung zwischen Plastikpartikeln und schädlichen Viren. Dort könne es zu besonders gravierenderen Effekten auf die Bestäuber und damit auf die Stabilität des Nahrungsmittelsystems kommen.

 

Das Forschungsteam betont jedoch auch die Beschränkungen der bisherigen Untersuchungen. So gebe es kaum Daten zu wichtigen Bestäubern und Nützlingen wie Hummeln und Marienkäfern. Zudem sei es bei der derzeitigen Datenlage nicht möglich, die Wirkungen verschiedener Größen und Mengen der Plastikpartikel differenziert zu beschreiben.

Um das wachsende Problem der Plastikverschmutzung besser zu verstehen und Lösungen dafür finden zu können, brauche es daher dringend weitere Forschung. Allerdings, so Alexandra-Maria Klein: Schon jetzt sei klar, dass bei der Plastikverschmutzung dringend politisch gegengesteuert werden müsse.

Das Problem erscheint in der Tat dringlich. In den letzten Jahren sind weltweit immer mehr Bienenpopulationen weggestorben. So gibt es nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Europa etwa zehn Prozent weniger Bienen als noch vor einigen Jahren, in den USA ist ein Rückgang von 30 Prozent zu verzeichnen, und im Nahen Osten sind es sogar 85 Prozent.