Silhouette einer Skyline vor einem roten Himmel
Deutsche Städte sind auf ein Klima wie in Frankreich oder Spanien nicht vorbereitet. (Foto: Nadine Sky/​Pexels)

Es ist eine atemberaubende Zeitreise. Eine Analyse von Klimadaten hat jetzt gezeigt, dass die globale Erwärmung die Lebensbedingungen der Regionen in Deutschland bereits deutlich verändert hat. Viele weisen heute ein Klima auf, das vor 50 Jahren 100 bis 600 Kilometer weiter im Südwesten herrschte.

Wer älter ist und am selben Wohnort geblieben ist, hat, klimatisch gesehen, also schon eine ganz schöne Strecke zurückgelegt.

Die Analyse stammt vom Umweltbundesamt (UBA). Danach hat etwa Hamburg heute ein Klima, wie es früher in Köln herrschte, in Köln wiederum ist es wie früher in der französischen Stadt Tours, die 250 Kilometer südwestlich von Paris liegt.

Weitere Beispiele: Berlin hat heutzutage ein Klima wie Karlsruhe früher und Karlsruhe eines, wie es früher Lyon im Süden Frankreich prägte.

In der Studie wurde das Klima europäischer Regionen während der Referenzperiode 1961 bis 1990 mit dem heutigen (1986 bis 2015) sowie dem erwarteten Klima verglichen. Hintergrund: Die Durchschnittstemperaturen steigen hierzulande seit einigen Jahrzehnten stetig an, zudem gibt es im Jahresschnitt mehr Niederschlag, vor allem im Herbst und Winter.

Durch räumliche Vergleiche können diese Klimaveränderungen plastisch gemacht werden: Man bildet "klimatische Zwillinge" – europäische Regionen, die ein Klima haben, wie deutsche Städte es heute haben oder in Zukunft haben könnten.

Extremwetter kommt noch hinzu

Die Analyse zeigt: Wird die globale Erwärmung nicht gebremst, geht es bis Ende des Jahrhunderts (2071 bis 2100) virtuell deutlich weiter nach Süden.

Städte wie Hamburg, Bremerhaven oder Stralsund, die relativ kühl und feucht sind, können klimatisch in der Nähe der französischen Atlantikküste landen, zwischen Nantes und Bordeaux. Relativ heiße und trockene Städte wie Brandenburg, Magdeburg oder Cottbus wiederum erwarten dann Verhältnisse wie in Nordspanien nahe Pamplona.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Für manche, die Nantes, Bordeaux oder Pamplona aus dem Urlaub kennen, mag das ein schönes Gedankenexperiment sein.

Tatsächlich erfordern die Veränderungen riesige Anpassungsleistungen, etwa für die Infrastruktur und die Ökosysteme – zumal die Zunahme von Wetter-Extremereignissen in der Analyse nicht berücksichtigt wird. Dadurch könnte besonders sommerlicher Starkregen unterschätzt werden. Und mehr Flutkatastrophen wie im Ahrtal sind ja nun wirklich keine schöne Perspektive.

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