Ziegelei in Indien: Menschen, die von schwerer körperlicher Arbeit leben, sind von Rekordtemperaturen besonders betroffen. (Bild: Nico Boersen/​Pixabay)

Dieser Juli hat begonnen, wie man den deutschen Sommer von früher kennt. Wechselhaft, die Sonne macht sich rar, gerne mal ein Regenschauer, insgesamt kühler als erwartet. Es ist der Sommer, der viele in den letzten Jahrzehnten die alljährliche Flucht per Auto oder Flugzeug in den Süden einüben ließ, nach Mallorca, Italien, Griechenland oder zu noch weiter entfernten sicheren "Sonnenbanken".

Und der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach hat zumindest kurzfristig auch keine besseren Aussichten zu bieten. Vorerst, so DWD-Meteorologe Andreas Walter, ändere sich an der Wetterlage nichts. "Eine ausgeprägte Hitzewelle wie zuletzt 2022 ist derzeit nicht in Sicht", sagte er gegenüber Klimareporter°. Der Sommer 2022 war in Europa der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Doch das ist eben nur die deutsche Sicht. Viele andere Teile der Welt waren in diesem Jahr bereits ungewöhnlich starken Hitzewellen ausgesetzt, darunter südeuropäische Länder wie Griechenland und Italien, aber auch der Nahe Osten, Indien und Pakistan sowie Nord- und Mittelamerika.

Durch aktuelle wissenschaftliche Studien dazu verdichtet sich die Erkenntnis weiter, dass diese Ereignisse durch den Klimawandel häufiger, heftiger und tödlicher werden. Klima-Fachleute dringen darauf, sich auf die zunehmende Häufigkeit von Hitzewellen einzustellen und Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu treffen.

Zumal die Zuspitzung jetzt bereits bei einer globalen Erwärmung um rund 1,5 Grad eintritt, während die Welt sich ohne zusätzliche CO2-Einsparmaßnahmen der Staaten auf einem Pfad zu 2,5 bis 2,9 Grad mehr befindet, wie ein Report des UN-Umweltprogramms Unep von Ende 2023 zeigt.

Über 50 Grad in Mekka

Wirklich extreme Hitze-Spitzenwerte wurden im Juni in Saudi-Arabien ausgerechnet während der diesjährigen muslimischen Pilgerfahrt Hadsch erreicht, rund um Mekka und Medina waren es bis zu 51,8 Grad. Dabei starben rund 1.300 Menschen.

Ein Grund für die hohe Zahl der Opfer: Viele der nicht offiziell registrierten Pilgerinnen und Pilger hatten keinen Zutritt zu klimatisierten Räumen, die von den Behörden für die angemeldeten 1,8 Millionen Gläubigen eingerichtet worden waren, damit sie sich dort von den stundenlangen Fußmärschen und Gebeten unter freiem Himmel erholen konnten.

In der Wüstenregion sind sehr hohe Temperaturen zu dieser Jahreszeit durchaus üblich. Laut einer aktuellen Analyse zur "Klima-Attribution", erschienen auf dem Portal des Forschungskonsortiums Climameter, hat die globale Erwärmung das Temperaturniveau diesmal allerdings um rund 2,5 Grad erhöht, was den Aufenthalt in solcher Extremhitze noch gefährlicher werden ließ.

Für die Kurzstudie hat ein internationales Forschungsteam Wettermuster in der Region von 1980 bis heute anhand von Satellitendaten verglichen. Ergebnis: Das Ausmaß der Hitzewelle diesmal ist ohne den Einfluss des Klimawandels nicht erklärbar.

Der französische Klimaphysiker Davide Faranda, Mitautor der Analyse, sagte: "Die tödliche Hitze während des diesjährigen Hadsch steht in direktem Zusammenhang mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe und hat die am stärksten gefährdeten Pilger betroffen."

"Hitzewellen werden tödlicher"

Ein ähnliches Muster zeigte sich in einer Attributionsanalyse zu der ungewöhnlichen Hitze, die in diesem Jahr bereits ab März Nord- und Mittelamerika heimsuchte und Anfang Juni kulminierte.

So früh war es im Südwesten der USA noch nie so heiß gewesen: Im "Death Valley" in der Mojave-Wüste wurden bis zu 50 Grad gemessen. Insgesamt litten rund 34 Millionen Menschen darunter. In Mexiko wurden 125 Hitzetote und 2.300 Fälle von Hitzschlag gemeldet. Es kam zu Waldbränden und Stromausfällen.

Mehrere Viehkadaver liegen auf roter Erde. Im Hintergrund sind Büsche zu sehen. Menschen begutachten die Kadaver.
In vielen afrikanischen Ländern werden kaum Daten erhoben, regionale Hitzewellen bleiben oft unsichtbar. (Bild: Fridah Bwari/​Action Aid)

Die Studie der renommierten internationalen Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA) ergab, dass die Hitzewelle durch den menschengemachten Klimawandel 35-mal wahrscheinlicher wurde, als sie in einer Welt ohne zusätzliche Treibhausgase in der Atmosphäre gewesen wäre.

Laut der Studie werden solche Hitzeextreme häufiger auftreten, wenn die CO2-Emissionen nicht deutlich reduziert werden. "Es ist keine Überraschung, dass die Hitzewellen tödlicher werden", sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London, eine Mitbegründerin der Attributionsforschung. Aufgrund der Überwärmung steigt das Risiko für Austrocknung, Hitzschlag oder Herz-Kreislauf-Kollaps.

Doch auch die ökonomischen Folgen sollten nicht unterschätzt werden, so die WWA-Gruppe. Extreme Hitze verursacht laut der aktuellen Studie derzeit bereits Kosten von 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Dieser Wert könne bis 2050 auf 500 Milliarden ansteigen, so die Voraussage.

Zwei Grad Erwärmung heißt Extremsommer alle paar Jahre

Als wahrhaftige "Hotspots" dieser Entwicklung weltweit, also als Regionen mit zunehmenden Hitzewellen, hat ein Forschungsteam der ETH Zürich schon im vergangenen Jahr den Nahen Osten, Südostasien, die Golf- und Atlantikküste der USA sowie die Pazifikküste Lateinamerikas ermittelt. Wahrscheinlich zählen auch Regionen in Afrika und Indien dazu.

Aber auch für Europa, und hier besonders den Süden, gibt es keine Entwarnung. "Die Übersterblichkeit eines Hitzesommers wie 2003, der früher als extremes Ereignis galt, das alle 100 Jahre vorkommt, erwarten wir heute alle zehn bis 20 Jahre", sagte ETH-Forscher Samuel Lüthi, Leitautor der Studie. In einer um zwei Grad wärmeren Welt sei ein solcher Extremsommer an vielen Orten sogar alle zwei bis drei Jahre zu erwarten.

Im Jahr 2003 hatten sich die Folgen der Erwärmung in Europa erstmals so deutlich gezeigt. Damals stiegen die Temperaturen hier bis auf bis zu 47,5 Grad, es gab zwischen 45.000 und 70.000 vorzeitige Todesfälle, Wälder standen in Flammen, Felder verdorrten, viele Flüsse waren ausgetrocknet.

 

Lüthis Schlussfolgerung: "Wir sollten uns nun schnellstmöglich an das Unabwendbare vorbereiten und Situationen, die nicht mehr kontrollierbar sind, um jeden Preis verhindern." Der wichtigste Schritt sei, so schnell wie möglich aus den fossilen Energien auszusteigen.

Redaktioneller Hinweis: Klimaforscherin Friederike Otto gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.