Ein Thermometer zeigt hohe Werte über 35 Grad.
Wieder fast ein Rekord-Hitzejahr. (Foto: Martin Prague/​Shutterstock)

Kein Sommer in Europa war heißer als 2022. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Europa wurden nie zuvor so hohe Temperaturen gemessen wie vergangenes Jahr.

Die Temperaturen im Vorjahressommer lagen um 1,4 Grad über denen der Sommermonate von 1991 bis 2020. Das geht aus dem diesjährigen Bericht des europäischen Copernicus-Klimadienstes C3S hervor, der heute veröffentlicht wurde.

In weiten Teilen des Kontinents kam es zu intensiven und lang anhaltenden Hitzewellen. In Deutschland wurden schon im Juni spätsommerliche Temperaturen gemessen, allerdings überschritten sie hier noch nicht die 40-Grad-Grenze wie in Frankreich und in Spanien.

Außergewöhnliche Temperaturrekorde gab es auch in Großbritannien. "Im Juli erreichten die Temperaturen im Vereinigten Königreich erstmals 40 Grad", sagte Studienautorin Rebecca Emerton vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen ECMWF.

Vor allem Südeuropa erlebte im vergangenen Jahr starke und andauernde Hitzewellen. Dort wurde die höchste Zahl von Tagen mit "sehr starker Hitzebelastung" verzeichnet. Emerton: "Die Europäer erlebten 2022 mehr Hitzestress als je zuvor, die Zahl von Tagen ohne Hitzestress sinkt."

Auch wenn man das gesamte Jahr 2022 betrachtet, war es in Europa ungewöhnlich heiß. Die Temperaturen lagen um 0,9 Grad über denen des Vergleichszeitraums 1991 bis 2020. Damit ist 2022 laut Copernicus das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Nur 2020 war in Europa noch heißer.

"Alarmierende Veränderungen unseres Klimas"

Im globalen Vergleich steigen die Temperaturen in Europa doppelt so schnell wie im weltweiten Durchschnitt – deutlich schneller als auf jedem anderen Kontinent. Um 2,2 Grad höher als im vorindustriellen Zeitalter lagen die Durchschnittstemperaturen der vergangenen fünf Jahre.

Landmassen erwärmen sich deutlich schneller als Wasser. Rückkopplungen zwischen der Arktis, die sich noch schneller erwärmt, und dem europäischen Kontinent haben weitere Temperatursteigerungen in Europa zur Folge.

In der Arktis dokumentieren die Wissenschaftler:innen drastische Klimaveränderungen. Dort sind die Temperaturen viel schneller gestiegen als in den meisten anderen Teilen der Welt. Das Jahr 2022 war das sechstwärmste, das dort Arktis aufgezeichnet wurde.

Auch auf Grönland herrschten 2022 außergewöhnlich warme Bedingungen. Drei Hitzewellen führten zu einer Rekordschmelze des Grönländischen Eisschildes, fast ein Viertel des Eisschildes war betroffen.

"Der Bericht zeigt alarmierende Veränderungen unseres Klimas, einschließlich des heißesten jemals in Europa gemessenen Sommers, der durch beispiellose marine Hitzewellen im Mittelmeer und rekordverdächtige Temperaturen in Grönland gekennzeichnet war", sagte Carlo Buontempo, Leiter des Copernicus-Klimadienstes, bei der Vorstellung des Berichts.

Regenmangel im Frühjahr

Neben den hohen Temperaturen dokumentierten die Forschenden für 2022 deutlich unterdurchschnittliche Niederschläge. Im Frühjahr lagen die Niederschläge in weiten Teilen des Kontinents unter dem Durchschnitt – besonders ausgeprägt war der Regenmangel im Mai, der den niedrigsten Niederschlag seit Beginn der Aufzeichnungen auswies.

Zusammen mit den außergewöhnlich hohen Temperaturen führten die geringen Niederschläge zu einer räumlich und zeitlich ausgedehnten Trockenheit, die unter anderem die Landwirtschaft, die Flussschifffahrt und die Energieversorgung beeinträchtigte.

In den Alpen hatten die geringen Niederschläge des Frühjahrs zur Folge, dass es in heißen Sommermonaten zu einem Rekordverlust an Gletschereis kam. Dabei gingen insgesamt mehr als fünf Kubikkilometer Eis verloren. Würde man diesen Eisverlust in Würfelform pressen, wären die Kanten des Würfels fünfeinhalbmal so hoch wie der Eiffelturm.

Die Copernicus-Fachleute weisen auf den Zusammenhang von Temperaturanstieg und Treibhausgasausstoß hin. Im Vorjahr waren die Emissionen so hoch wie nie zuvor, wie auch Satellitensysteme dokumentierten. Die globale Durchschnittskonzentration von CO2 und Methan stieg 2022 auf die höchsten jemals von Satelliten gemessenen Werte.

Im weltweiten Maßstabe landete 2022 "nur" auf Platz fünf der heißesten Jahre.

Lesen Sie dazu den Gastkommentar von Franz Alt:

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